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Kriminelle Mitarbeiter 27. August 2012

Die Grenzen des Vertrauens

Kontrollen helfen nur unzureichend gegen Mitarbeiterkriminalität, denn Unternehmen überwachen ihre Mitarbeitenden nicht permanent – sie bringen ihnen selbstverständlich Vertrauen entgegen. Doch wie schützt man sich vor schwarzen Schafen? Die Versicherungswirtschaft bietet Lösungen.

Vertrauen ist gut - Kontrolle nicht immer möglich.
Vertrauen ist gut - Kontrolle nicht immer möglich.

Vertrauen ist die Grundlage unseres Wirtschaftens. Ohne Verlass auf die gegenseitige Vertrauenswürdigkeit würde kein Händler seine Ware vor Bezahlung liefern, kein Kunde einen Handwerker in seine Wohnung lassen und Arbeitgeber teure Maschinen oder wertvolles Material in die Obhut seiner Mitarbeiter geben.

Vertrauen wird aber auch enttäuscht, und so reicht ein Handschlag zwischen Unternehmen schon lange nicht mehr aus, um Handelspartner ruhig der Abwicklung der vereinbarten Geschäfte entgegensehen zu lassen. Gesetze, Verträge, Handelsauskünfte und viele andere, institutionalisierte Sicherungs- und Informationsmechanismen haben die soziale Kontrolle ersetzt, die früher bei Geschäften auf dem Dorfplatz dafür sorgte, das Vertrauen nicht enttäuscht wurde. Das Verhalten von Unternehmen miteinander findet seine Entsprechung im Umgang der Unternehmen mit seinen Mitarbeitern. Arbeitsverhältnisse regieren längst seitenlange Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Regelwerke.

Wer aber glaubt, dass Vertrauen seinen Platz in der Arbeitswelt verloren hat, der täuscht sich. Bei aller „Technisierung“ des Verhältnisses zwischen Unternehmen und Mitarbeitern hat sich eines nicht geändert: Sobald ein Arbeitsvertrag geschlossen und gegebenenfalls die Probezeit erfolgreich absolviert wurde, schenkt das Unternehmen seinem Mitarbeiter in einem Umfang Vertrauen, welches jeglichem externen Geschäftspartner niemals entgegengebracht würde. Keinem noch so treuen Kunden würde ein Händler die Schlüssel zum Warenlager oder des Firmentransporters überlassen, der frisch angestellten Lagerkraft wird diese Ehre gleich am ersten Arbeitstag zuteil.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist teuer

Warum handeln Unternehmen misstrauisch gegenüber Kunden und vertrauensselig gegenüber Mitarbeitern? Ein Begründung ist offensichtlich: Es geht nicht anders. Wirtschaften in Unternehmen ist zwangsläufig arbeitsteilig, und der Unternehmer nimmt als eine Facette unternehmerischen Risikos in Kauf, dass Mitarbeiter das ihnen entgegengebrachte Vertrauen missbrauchen. Die Formen des Missverhaltens sind dabei vielfältig und reichen von der Geschäftsschädigung durch unfreundlichen Umgang mit Kunden über schlechte Leistung am Arbeitsplatz und Sachbeschädigung bis zur Unterschlagung von Unternehmenseigentum.

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Vergleicht man die Reaktion der Unternehmen auf vertrauensmissbräuchliches Verhalten von Mitarbeitern, so verwundert, dass Schlendrian und Fahrlässigkeit mit allen Arten von Richtlinien, Anweisungen, Schulungen und Kontrollen bekämpft werden, die Möglichkeit von Mitarbeiterkriminalität im eigenen Unternehmen aber noch viel zu häufig negiert oder zumindest vernachlässigt wird. Zu dieser Einschätzung kommen jedes Jahr aufs Neue Studien der renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, und das, obwohl Mitarbeiterkriminalität ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistiken jedes Jahr Milliardenschäden verursacht und die Existenz von Unternehmen gefährden kann.

Umdenken setzt ein

Im Gefolge der Berichterstattung über Fälle von Mitarbeiterkriminalität in Großunternehmen, öffentlicher Erörterung der Anforderungen an Corporate Governance und Compliance in Unternehmen oder auch nur des Margendrucks und der Sparzwänge im Zuge der Wirtschaftskrise hat in den letzten Jahren jedoch bei vielen Unternehmen ein Umdenken begonnen. Nachdem die Aufdeckung und Prävention von Mitarbeiterkriminalität bei großen, internationalen Konzernen längst zum betrieblichen Alltag gehört, rückt dieses Thema zusehends mehr auch in das Blickfeld der Entscheidungsträger mittelständischer Unternehmen.

Doch wo immer man sich mit den in Betrieben jeder Größe vorhandenen Potentialen für Mitarbeiterkriminalität auseinanderzusetzen beginnt, zeigen sich schon bald die Grenzen von Aufklärung, Kontrolle und Prävention. Es gilt:

So vielfältig wie die Zugänge von Mitarbeitern zu Unternehmensvermögen, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten krimineller Schädigung von Unternehmensvermögen durch Mitarbeiter. Die Bereitschaft zu substanziellen, kriminellen Handlungen ist (glücklicherweise) kein Massenphänomen. Um aber wenige „schwarze Schafe“ an ihrem Tun zu hindern, müssen alle Mitarbeiter unter Überwachung und damit Generalverdacht gestellt werden.

Überwachung ist aufwendig und damit kostspielig, führt aber nie zu vollkommener Sicherheit, da kein Mitarbeiter auf Schritt und Tritt überwacht werden kann. Je intensiver die Überwachung, desto stärker wird unter Umständen das Betriebsklima beeinträchtigt und die Kreativität der Mitarbeiter behindert. Als „Insider“ der von ihnen für ihre Zwecke missbrauchten Systeme sind Mitarbeiter mit ausreichend krimineller Energie ihren Kontrolleuren ständig einen Schritt voraus. Damit ist der Ansatz, Vertrauen zu Mitarbeitern durch ausgeklügelte Systeme der Aufdeckung, Kontrolle und Abschreckung zu ersetzen, um Schäden durch Mitarbeiterkriminalität verlässlich zu verhindern, in der betrieblichen Praxis oft allein nicht ausreichend.

Versicherungslösung

In dieser Situation ist die Vertrauensschadenversicherung (VSV) die Lösung der Wahl für sicherheitsorientierte Unternehmen. Gegenstand dieser seit Jahrzehnten in Deutschland angebotenen Versicherungsform ist der Ersatz von Schäden, welche Unternehmen durch deren Mitarbeiter vorsätzlich und unerlaubt zugefügt werden. Obgleich damit Betrug, Unterschlagung und Diebstahl durch Mitarbeiter im Mittelpunkt des Versicherungsinteresses stehen, bietet eine Vertrauensschadenversicherung zusätzlich auch Schutz gegen Gefahren welche von Dritten außerhalb des Unternehmens ausgehen (zum Beispiel Hackerangriffe, Phishing) oder ersetzt Kosten für die Schadenermittlung und Rechtsverfolgung.

Wo Vertrauen gewährt werden muss, damit ein Unternehmen funktioniert, aber Prävention und Kontrolle mehr Kosten verursachen und zum Beispiel Schaden am Betriebsklima anrichten als Schäden durch Mitarbeiterkriminalität zu verhindern. Dort hilft die Vertrauensschadenversicherung, die Folgen von Mitarbeiterkriminalität nicht zum Existenzrisiko von Unternehmen werden zu lassen.

Als unverzichtbarer Bestandteil eines umfassenden Risikomanagementansatzes im Bereich der Mitarbeiterkriminalität ist der Abschluss einer Vertrauensschadenversicherung die Möglichkeit für Unternehmen, Sicherheitsmaßnahmen zu optimieren, verbleibende Restrisiken zu einem angemessenen Preis durch eine Versicherungslösung aufzufangen und Mitarbeitern mit dem Maß an Vertrauen begegnen zu können, welches die betrieblichen Verhältnisse erfordert.

Ralf Knispel, Leiter Vertrauensschadenversicherung bei der Zurich Gruppe

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