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Architektur von Videosystemen 13. November 2012

Zentral oder dezentral

Teil 2

Die einzelnen virtuellen Computer werden vom Nutzer wie ganz normale Rechner angesprochen. Über diese „logische Schicht“, den Funktionsnamen, steht dem Anwender gewissermaßen ein für ihn begreifbares Gerät zur Verfügung. Das Virtualisierungs-management sorgt dafür, dass bei einem Hardwareausfall das oder die virtuelle/n Gerät/e einfach auf einen anderen Teil der Virtualisierungsressourcen „umgezogen“ werden, ohne dass der Bediener eingreifen muss. So ist eine extrem hohe Verfügbarkeit der virtualisierten Funktionen bei gleichzeitig hohem Bedienkomfort möglich.

Video-Encoder

Mit einer Art Dolmetscher können auch analoge Kameras an einen NVR angeschlossen werden. Hierzu ist ein Video-Encoder nötig, über dessen analogen Videoeingang die Analogkamera angeschlossen wird. Der Encoder wandelt die analogen Informationen in digitale Daten um und komprimiert sie, so dass sie für den NVR verarbeitbar werden.

Unabhängig vom Typus des gewählten Aufzeichnungsgeräts übernehmen die Videorecorder die Funktionen der Bildbereitstellung von Kamerasignalen für einzelne Nutzer sowie die der Speicherung. Oft erfolgt hier auch eine Videoanalyse. Gesteuert werden diese Funktionen durch die interne Ereignisverarbeitung. Zu jedem Ereignis im System werden Reaktionen hinterlegt, die das System bei Eintritt des Ereignisses ausführt. Dies reicht von der Aufschaltung eines Live-Bildes nach einer Bedienhandlung eines Nutzers bis zur alarmgesteuerten Umschaltung der Kompressionsparameter in der Kamera und der Aufzeichnungsparameter.

Mehrere Recorder in einem System

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Aus Performancegründen ist die Anzahl der Kameras, die an einem Recorder (ob Gerät oder virtuell) angeschlossen werden kann, begrenzt. Daher ist es bei Einsatz mehrerer Recorder in einem System sinnvoll, die zentrale Steuerung des Gesamtsystems von einem gesonderten zentralen Knotenpunkt zu organisieren, an dem alle Informationen zusammenfließen. Üblicherweise wird dafür Spezialsoftware eingesetzt, die unter Umständen auch in der Lage ist, für den Bediener Recorder unterschiedlicher Hersteller zu kapseln und eine einheitliche Bedienung eines komplexen Systems inklusive Steuer- und Bedienschnittstellen zu angebundenen Fremdgewerken bereitzustellen.

Da die Nachteile der dezentralen Struktur die Vorteile der zentralen Architektur sind, werden diese hier nicht erneut beleuchtet. Einige weitere Funktionen, die viele zentrale Managementsysteme bieten, sind unter anderem zentrales User- und Zugriffsmanagement, zentrale Updatefunktionen, zentrale Revisorlogbücher, zentrales Management von Lageplänen zur grafischen Bedienerunterstützung, die Interaktion von Bedienern untereinander, um zum Beispiel die Ereignisbearbeitung zu optimieren.

Alternativer Lösungsansatz Transcoding

Zentrale wie dezentrale Strukturen haben ihre Berechtigung. Beide haben ihre Stärken und Schwächen. In komplexeren Systemen kann durchaus eine Kombination beider Ansätze sinnvoll sein. Im Markt sind neue Trends entstanden, um diese Kombinationen zu unterstützen – eine davon ist Transcoding. Eine ausführliche Erklärung von Transcoding findet sich unter: www.sicherheit.info/go/1119870.

Der aktuelle Trend ist, immer mehr Intelligenz und Rechenleistung in die IP-Kamera zu packen. Transcoding geht den umgekehrten Weg. Die Kamera wird wieder als das betrachtet, was sie eigentlich sein soll – die Quelle qualitativ hochwertiger Bilder. Der Anspruch an Eigenintelligenz in der Kamera sinkt, die Funktionalitäten werden homogener und die Integration vereinfacht sich gegenüber einer nicht-transcodierenden Betriebsweise. Der zentrale Transcoding-Ansatz hat bei vielen CCTV-typischen Problemstellungen Vorteile gegenüber einer kamera-basierten dezentralen Lösung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Größe einer Anlage mit hunderten Kanälen ohnehin zum Einsatz zentralisierter CCTV-Management-Technologien zwingt.

Beide Ansätze berechtigt

Transcoding ist natürlich kein Allheilmittel. Die speziellen Anforderungen eines CCTV-Systems bestimmen, in welcher Form sich ein Einsatz lohnt und welche Kosteneinsparungen und funktionalen Zugewinne erwartet werden können. Vieles lässt sich mit Transcoding besser lösen, als mit der Kamera-internen Intelligenz, was für eine zentralisierte Lösung spricht. Andere Probleme sind besser direkt in der Kamera lösbar, was eine dezentrale Intelligenz befürwortet. Der oft künstlich herbeigeredete Widerspruch zwischen den Paradigmen zentrale und dezentrale Intelligenz existiert nicht. Beide Ansätze haben ihre Berechtigung.

Transcoding-Server sind ein neues Produkt von CCTV-Managementsystem-Herstellern, um sich von den Beschränkungen und Heterogenitäten der Funktionalitäten von IP-Kameras zu lösen. Wegen weiter sinkender Hardware-Preise und großer Anstrengungen der Hersteller in Bezug auf Hardware-unterstütztes Transcoding, zum Beispiel mittels Grafikprozessoren, ist in den nächsten Jahren ihr breiter Einsatz zu erwarten.

Katharina Geutebrück, Geschäftsführerin der Geutebrück GmbH

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