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Hoch, höher, höchstauflösend?

In den letzten Jahren hat sich die Videotechnik stark gewandelt – hin zu immer höheren Auflösungen und zunehmend smarten Kameras. Höchste Zeit also, die neuesten Trends und Entwicklungen in der Kameratechnik auch beim PROTECTOR Forum Videoüberwachung zu diskutieren.

Teilnehmer des ersten Tages des PROTECTOR Forums Videoüberwachung (von links): Konstantin Ingenheim, Waldemar Gollan, Björn Weber, Marco Pompili, Wilhelm Fischer, Wilfried Joswig, Michaela Höllering, Udo Moritz, Stefan Bange, Fedja Vehabovic sowie Modera
Teilnehmer des ersten Tages des PROTECTOR Forums Videoüberwachung (von links): Konstantin Ingenheim, Waldemar Gollan, Björn Weber, Marco Pompili, Wilhelm Fischer, Wilfried Joswig, Michaela Höllering, Udo Moritz, Stefan Bange, Fedja Vehabovic sowie Modera

Besser 720p, 1080p, drei, fünf, zehn Megapixel – oder gleich 30 Megapixel? Die Auflösungen sind heute vielfältiger denn je und scheinen zudem immer weiter zu steigen, hinzu kommen Trends wie Panorama-, Fisheye und Multisensor-Kameras, die ebenfalls alle versprechen: Mehr sehen als je zuvor. Doch in welcher Breite lassen sich solche Modelle in der Praxis anwenden, und für wen lohnt sich wie viel Auflösung oder ein Rundum-Blick wirklich?“ Diese einleitenden Fragen stellte der seit diesem Jahr neue Moderator des Forums Videoüberwachung – der PROTECTOR-Chefredakteur Hagen Zumpe.

Stefan Bange von Avigilon setzte mit einer grundlegenden Definitionsfrage an: „Als erstes sollten wir klären, wo HD überhaupt anfängt. Nehmen wir etwa 4CIF oder VGA, ab welcher Auflösung ist es heutzutage HD? 720p? Oder müssen wir die Messlatte höher legen?“ Eine berechtigte Frage, angesichts traditioneller Formulierungen aus Analogzeiten, die schon 700 TV-Linien als hochauflösend – sprich HD – verkaufen wollten. Michaela Höllering vom Distributor Allnet bevorzugt hier den praktischen Ansatz: „Wir haben als Distributor für verschiedene Hersteller von Megapixelkameras einen sehr guten Überblick. Und was unseren Kundenstamm angeht, kann ich nur sagen, dass sich 720p quasi als Standard für Überwachungskameras etabliert hat. Darunter wird kaum noch etwas verkauft. Höchstes einmal VGA-Kameras in Low-Budget-Projekten oder in möglichst günstigen Privatanwendungen. Auch 1080p spielt eine wachsende Rolle. Aber in den höheren Megapixel-Bereich dringt man nur vor, wenn es die Anforderungen ausdrücklich voraussetzen – etwa wenn es auf extreme Detailgenauigkeit ankommt oder es in die Flächenüberwachung hineingeht. Für den generellen Markt hat sich 720p aber etabliert.“

Auch Marco Pompili von Axis Communications sieht es ähnlich: „Im Massenmarkt konnten sich ganz klar die HDTV-Standards 720p und 1080p durchsetzten – VGA-Auflösung wird nur noch wenig verkauft. Andererseits: Alles was über Full-HD hinausgeht, ist schon eher ein Nischengeschäft. Wobei es natürlich auch hier Kunden gibt, die diese höheren Auflösungen für ihre Anwendungen brauchen. Dennoch sehe ich darin heute keinen allzu großen Markt, verglichen mit den etablierten HDTV-Kameras.“

„Überall dort, wo es um die Überwachung von großen Arealen geht, können solche Systeme ihre Stärken besonders gut ausspielen, wie zum Beispiel große Werkshallen, Schwimmbäder, Logistikunternehmen, Bahnhöfe und dergleichen. Die Anwendungsszenarien sind heute schon enorm breit, es geht hier also nicht nur um absolute Sonderfälle.“
Waldemar Gollan, Regional Sales Manager, Arecont Vision LLC

„Im Massenmarkt konnten sich ganz klar die HDTV-Standards 720p und 1080p durchsetzen – VGA-Auflösung wird nur noch wenig verkauft. Andererseits: Alles was über Full-HD hinausgeht, ist schon eher ein Nischengeschäft. Wobei es natürlich auch hier Kunden gibt, die diese höheren Auflösungen für ihre Anwendungen brauchen. Dennoch sehe ich darin heute keinen allzu großen Markt, verglichen mit den etablierten HDTV-Kameras.“
Marco Pompili, Project Manager, Axis Communications GmbH

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Nische oder Senkrechtstarter?

In einem Nischenmarkt wollen sich spezialisierte Megapixel-Anbieter allerdings nicht sehen, wie Waldemar Gollan von Arecont Vision klarstellt: „Wir sind als Hersteller von ausschließlich hochauflösenden Kameras in der Situation, dass wir natürlich nur Multi-Megapixel-Lösungen adressieren. Und wir verzeichnen damit jährlich signifikante Zuwachsraten, weshalb ich kaum von einer Nische sprechen kann. Unsere Partner bei den Errichtern und Integratoren setzen ganz bewusst dort Megapixelkameras ein, wo diese gegenüber der Standardauflösung den größten Mehrwert bieten.“ Dem pflichtet Stefan Bange bei: „Ein sehr ähnliches Bild zeichnet sich bei unseren Megapixelkameras ab. Wir hatten vom Q1 2012 zum Q1 2013 etwa 85 Prozent Zuwachs. Ich bin nicht sicher, ob man mittlerweile hier noch von einer Nische sprechen kann.“

Für den Errichter Wilhelm Fischer von Netzwerkservice Fischer zählt nicht das Etikett HD oder Megapixel, er setzt auf das sichtbare Ergebnis: „Hochauflösende Systeme setzen sich auch deshalb immer mehr durch, weil die Kunden ein immer stärker ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein haben. Der Anwender kann heute genau sehen, wenn ich ihm ein Testbild mache, ob es seinen Ansprüchen genügt. Er vergleicht es auch mit seinen Vorstellungen von HD. Mit einer VGA-Kamera kann ich kaum noch einen Kunden begeistern. Vor zehn Jahren war das anders, da war man froh, wenn man überhaupt ein Bild hatte. Aber der Kunde von heute möchte Auflösungsreserven, er möchte hineinzoomen und aus den Bildern einfach noch etwas rausholen können.“

Totgesagte leben länger

Die digitale VGA-Kamera ist abseits der Low-Budget-Lösung also kaum noch lebensfähig, da sind sich die Experten einig. Was aber trotz jahrelanger Grabesreden noch recht lebendig ist, ist die Analogtechnik, die nach wie vor verkauft wird. Das bestätigt auch die Sichtweise von Konstantin Ingenheim des Errichters Schmid Alarm GmbH: „Die IP-Technik bringt sehr viele Vorteile mit sich, und das wird sich in Zukunft noch verstärken. Aber auch die analoge Technik ist im Moment noch nicht wegzudenken. Denn einerseits entstehen höhere Kosten für die Umrüstung von Bestandssystemen auf IP und anderseits muss man auch an die Halbwertszeit der Produkte denken. Und man muss natürlich auch die Anforderungen des Kunden betrachten. Es ist manchmal nicht nötig, dass überall großflächig HD-Qualität implementiert wird, oft reichen auch partiell eingesetzte HD-Kameras aus.“

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