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Eines für alle?

Megapixel hier und noch mehr Megapixel da – HD-Kameras sind im Trend. Doch wo helfen hochauflösende Videosysteme im Bereich Security wirklich weiter? Und wie können Videoüberwachungssysteme die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikoszenarios oder die Schadenshöhe verringern?

Megapixel bedeuten mehr Informationsgehalt, doch der Mensch kann nicht dauerhaft viele Bilder gleichzeitig beobachten und bewerten.
Megapixel bedeuten mehr Informationsgehalt, doch der Mensch kann nicht dauerhaft viele Bilder gleichzeitig beobachten und bewerten.

Ein wirtschaftlich denkender Mensch wird nur Geld für etwas ausgeben, wenn er einen Mehrwert zur bestehenden Situation sieht. Reflektiert man dies auf die Sicherheitstechnik, so muss eine Investition zu einer Risikominderung führen. Die Investition muss dazu beitragen, dass entweder die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses oder dessen Auswirkung reduziert wird. Eigentlich eine klare Aufgabenstellung.

Alle Sicherheitsmaßnahmen lassen sich in ihrer Wirkung in nachfolgende Kategorien aufteilen: Prävention, Behinderung, Entdeckung, Intervention und Dokumentation.

  • Prävention: Jede Videokamera, ob echt oder Dummy, wirkt präventiv, denn man sieht ihr nicht wirklich an, ob sie funktioniert und – noch viel wichtiger – wer am anderen Ende der Leitung das Bildmaterial wann und in welcher Qualität auswertet. Ein Täter wird sich genau diese Frage stellen und eine Risikoabwägung durchführen. Ob nun „normale“ oder „hochauflösende“ Videosysteme präventiver wirken, ist wohl eher eine philosophische Frage, die nur im kausalen Zusammenhang mit dem Einsatzzweck und den im folgenden beschriebenen Wirksamkeitsstufen „Entdeckung“ und „Dokumentation“ zu werten ist.
  • Behinderung: Behindernd wirkt eine Kamera nur, wenn sie falsch montiert wurde, doch das dürfte wohl eher selten der Fall sein.
  • Entdeckung: Megapixel bedeuten viel Informationsgehalt; hier müsste sich der Vorteil eindeutig darstellen lassen, oder? Kennen wir dies nicht auch schon aus der Überwachungspraxis? Wer kennt nicht die mit Monitoren überfrachteten Leitstellen? Wie viele Bilder kann ein Mensch gleichzeitig beobachten? Und wie lange? Ob es nun viele Einzelbilder sind oder ein hochauflösendes Bild einer Hafenanlage, einer Fan-Kurve, eines Parkplatzes – ist dieses Bildmaterial geeignet, um ein sich anbahnendes Schadensereignis in der Entstehung zu erkennen und gegebenenfalls rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten? Oder können Bildanalysesysteme mit diesem Material mehr anfangen als der in seiner Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkte Mensch? Mitnichten!
  • Intervention: Eine Kamera kann nicht intervenieren, aber sie kann Interventionen unterstützen. Nehmen wir den Einsatzfall Zuschauerüberwachung im Stadion. Wenn Rauchbomben oder bengalische Feuer gezündet werden, fokussiert sich die Aufmerksamkeit des Leitstellenpersonals auf diesen Bereich. Durch ein Hereinzoomen kann versucht werden, die Täter zu ermitteln und zu verfolgen, falls sie sich aus dem Staub machen wollen. Die Einsatzkräfte vor Ort können dann per Funk gezielt geleitet werden. Schade nur, wenn ausgerollte Transparente den Blick auf die Täter behindern.
  • Dokumentation: Hier können wir ein Doppelplus vergeben. Natürlich sind hochauflösende Videosysteme hervorragend zur Dokumentation eines Schadensereignisses oder Manipulationen (Spielcasino oder Werte-Logistik) geeignet. In den Auswertemöglichkeiten liegen die Stärken dieser neuen Technologie. Was war in der Fankurve los? Was ist auf dem Parkplatz passiert? Welches Kennzeichen hatte das Fahrzeug? Wer hat wo manipuliert? Mit Hilfe hochauflösender Bilder lassen sich diese Fragen mit hoher Wahrscheinlichkeit beantworten. Doch Hand aufs Herz: Sind diese Fragestellungen nicht eher Randthemen in Security-Anwendungen?

Abschließen soll diese durchaus kritische Betrachtung noch mit ein paar Tipps.

Tipp an die Fachplaner:

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Denken Sie daran, dass verwertbares Bildmaterial immer nur dann entsteht, wenn die zu beobachtende Szenerie in allen Teilbereichen gut ausgeleuchtet ist. Ebenfalls zu beachten ist, dass hochauflösende Bilder auch ein hohes Datenvolumen haben und dass entsprechende Bandbreiten in allen Teilen des Netzwerkes benötigt werden. Das gleiche gilt für die digitalen Speicher, die dieses Bildmaterial in ausreichender Dauer und Qualität speichern sollen.

Tipp für den Datenschutz:

Der Einsatz von hochauflösenden Videosystemen zur Überwachung großer, teilweise auch öffentlich zugänglicher Bereich datenschutzrechtlich nicht unbedenklich. Man wird sich fragen müssen, ob diese Form der Überwachung wirklich das zweckmäßigste Mittel zur Gefahrenabwehr ist. Der DFB hat dies übrigens erkannt und eigens zu diesem Thema in Zusammenarbeit mit dem ZVEI einen Leitfaden zur Videoüberwachung in Stadien entwickelt.

Tipp an die Endkunden:

Seien Sie offen für Innovationen, informieren Sie sich, doch lassen Sie sich nicht von den Möglichkeiten blenden, sondern fokussieren Sie sich auf die Aufgabenstellung und entscheiden Sie dann, welche Technik für Ihren Einsatzzweck die sinnvollste ist.

Klaus Behling, Prokurist und Sicherheitsberater bei der Von zur Mühlen‘sche GmbH

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