Direkt zum Inhalt
Schutz von Leitungsanlagen 13. August 2014

Brandweiterleitung verhindern

Ob Kälte-, Lüftungs-, Heizungs-, Sanitär-, Elektro- oder Fördertechnik: Die Infrastruktur von Gebäuden wird immer anspruchsvoller und umfangreicher. Gleichzeitig birgt diese Vielzahl von Leitungen, vor allem durch die Durchquerung von Brandabschnitten, ein hohes Risiko für die Feuerausbreitung.

Bandagen verhindern die Brandausbreitung, denn Kabelanlagen sind extrem brandgefährdet.
Bandagen verhindern die Brandausbreitung, denn Kabelanlagen sind extrem brandgefährdet.

Dem Brandschutz in Leitungsanlagen kommt deswegen eine zentrale Bedeutung zu. Brände im Bereich elektrischer Anlagen führen als Brandverursacher mit weitem Abstand die Schadensstatistik an. Neben der Brandgefahr durch Überlastung von elektrischen Anlagen kommt es bei Kurzschlüssen zu hohen Leitungs-temperaturen bis hin zu Lichtbögen, welche das Kabel schließlich zünden. Ist erst einmal ein Feuer entstanden, breitet es sich in ungeschützten Kabelanlagen mit großer Geschwindigkeit über das ganze Gebäude aus. Gleichzeitig bergen Kabelisolierungen eine erhebliche Brandlast.

Auch brennbare Rohre oder Dämmungen stellen ein hohes Risiko dar: Im Brandfall erweichen sie, verformen sich und brennen schließlich ab. Ohne Schutzmaßnahmen entstehen dabei je nach Rohrdurchmesser und Dämmstoffstärke große Öffnungen, durch die sich Feuer und Rauch nahezu ungehindert ausbreiten können.

Große Schäden

Kommt es zu einem Schadensfall, sind die Auswirkungen meistens gravierend und können Unternehmen an der Rand der Existenz bringen: So kamen 120 Gäste und das Personal des Ramada-Hotels in Aalen im März 2012 noch einmal glimpflich davon. Nachdem am Abend in einem Kabelschacht bei der Küche ein Schwelbrand ausgebrochen war, wurde das gesamte Hotel vorsorglich evakuiert. Die Ursache war in Brand geratenes Isoliermaterial einer Dehnungsfuge, ausgelöst durch ein Wärmegerät. Bei einem Brand im Januar 2010 wurde in Endingen ein historisches Weingut zerstört. Ein Defekt an einer elektrischen Leitung im Geräteschuppen löste den Brand aus. Von dort war das Feuer auf den Gebäudekomplex, zu dem 13 Gebäude gehören, übergesprungen. Zwar wurden keine Personen verletzt, der Sachschaden wurde jedoch auf mindestens 1,5 Millionen Euro beziffert.

Anforderungen an Abschottungen

Anzeige

Der Gesetzgeber ist sich dieser Risiken bewusst und hat mit der Musterbauordnung (MBO) und den Bauordnungen der Länder (LBO) entsprechende Vorsorge getroffen: So dürfen „…Leitungen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind“. Diese Vorkehrungen sind Kabel- beziehungsweise Rohrabschottungen, die einen Brand auf einen möglichst kleinen Raum begrenzen und damit die Ausbreitung von Feuer und Rauch verhindern.

Kabel- und Rohrabschottungen sind ungeregelte (nicht genormte) Bauarten im Sinn der Bauregelliste und damit zulassungspflichtig. Die Nachweise auf Basis von Prüfzeugnissen anerkannter Materialprüfstellen erfolgt im Falle der Kabel- und reaktiven Rohrabschottungen durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (abZ’s) und bei nichtreaktiven Abschottungen für Rohrleitungen durch allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abP’s).

In den bauaufsichtlichen Zulassungen und Prüfzeugnissen sind immer auch die zulässigen Randbedingungen beschrieben, die, wenn sie eingehalten werden, einen ausreichenden Brandschutz gewährleisten.

Widerstandsklassen

Gemäß Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) müssen Kabel- und Rohrabschottungen den gleichen Feuerwiderstand besitzen wie die raumabschließenden Bauteile. Kabelabschottungen werden nach DIN 4102, Teil 9 entsprechend ihrer Feuerwiderstandsdauer in die Feuerwiderstandsklassen S30 bis S180 eingestuft. Für Rohrabschottungen gilt Teil 11 der DIN 4102, der eine Klassifizierung in die Feuerwiderstandsklassen R30 bis R120 vorsieht. Die Feuerwiderstandsdauer muss in Brandversuchen nach DIN 4102, Teil 2 nachgewiesen werden, wobei die Kriterien für Kabel- und Rohrabschottungen ähnlich sind.

Die Anforderung sind jeweils erfüllt, wenn während der Feuerwiderstandsdauer das Austreten von Feuer und Rauch verhindert wird und die Oberflächentemperatur der feuerabgekehrten Seite um nicht mehr als 180 Kelvin über die Ausgangstemperatur ansteigt.

Im Zuge der europäischen Harmonisierung erfolgt die Klassifizierung und Prüfung von Bauprodukten zukünftig nach der Norm DIN EN 13501 (Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten) sowie diversen europäischen Prüfnormen. Die für Abschottungen maßgeblichen Eigenschaften sind Raumabschluss (E) und Isolation (I), so dass sich die europäischen Klassifizierungen sowohl für Kabel- als auch für Rohrabschottungen aus dem Kürzel „EI“ und der Feuerwiderstandsdauer in Minuten zusammensetzen.

Für alle Fälle

Abschottungen sind in den verschiedensten Ausführungen für die unterschiedlichsten Anwendungsgebiete erhältlich (siehe Tabelle). Damit sind nahezu alle Kombinationen von Leitungen und Einbausituationen beherrschbar. Häufig kommen intumeszierende (dämmschichtbildende) Materialien zum Einsatz. Diese schäumen im Brandfall, ab etwa 180 Grad Celsius, auf das Mehrfache ihrer Ausgangsgröße auf und verschließen dadurch Hohlräume. Mörtelschotts werden aus speziellen Brandschutzmörteln hergestellt, die eine hohe Wärmedämmung besitzen und während des Aushärtens nicht schrumpfen. Das Besondere: Im ausgehärteten Zustand besitzen sie eine geringe Festigkeit, so dass zum Beispiel Nachbelegungen ohne kritische mechanische Belastung der Kabel möglich sind.

Brennbare Rohre werden meistens mit Rohrmanschetten geschützt. Sie bestehen aus einem Stahlblechmantel mit einer in der Hitze aufschäumenden Einlage, zum Verschließen der sich bildenden Öffnung. Bei nichtbrennbaren Rohren (außer Glas und Aluminium) entstehen im Brandfall keine Hohlräume. Hier reicht es in der Regel, die Weiterleitung hoher Temperaturen zu begrenzen, beispielsweise durch eine Dämmung aus nichtbrennbaren Mineralfasern (Schmelzpunkt über 1.000 Grad Celsius).

Kabelvollbandagen schützen Kabel auch zwischen raumabschließenden Bauteilen vor einer Brandeinwirkung von außen oder von innen. Sie bestehen aus einem vorgefertigten nichtbrennbaren Glasfasergewebe mit einem Dämmschichtbildner, der im Brandfall aufschäumt. Bei einem Umgebungsbrand wird verhindert, dass das innen liegende Kabel den Brand weiterleitet. Der Vorteil: Schnelle Wiederaufnahme der Stromversorgung, Verringerung des Produktionsausfalls oder Reduzierung der Brandlast.

Sicherheit und Wirtschaftlichkeit

Für einen sicheren Brandschutz ist das Einhalten von Gesetzen und Normen grundlegende Voraussetzung, für einen wirtschaftlichen Gebäudebetrieb jedoch nicht ausreichend. Denn die Auswahl der Abschottungen, je nach Einbausituation, hat großen Einfluss auf eine platzsparende Verlegung der Leitungen. Eine hohe Leitungsdichte kann beispielsweise durch Rohrabschottungen erzielt werden, deren Zulassung keinen Abstand zu anderen Durchführungen fordert.

Ein weiterer Kostenfaktor bei der Erweiterung und Sanierung von gebäudetechnischen Installationen ist die wirtschaftliche Nachbelegung von Rohr- und Kabelabschottungen. Insbesondere elektrische Kabel werden bedingt durch den schnellen technischen Fortschritt häufig nachinstalliert. Eine zeitsparende Montage sowie eine durch „Nullabstände“ möglichst große Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche (maximal 60 Prozent der Schottfläche) kann erhebliche Kosten einsparen.

Passend zu diesem Artikel