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Die Quadratur des Kraiss

Verschwommen

Wer kennt nicht Redewendungen wie „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ oder „Der hat ja Augen wie ein Adler“. Bedenkt man, dass diese Kolumne aus etwa 500 Worten besteht, erkennt man, dass mit tausend Worten eine bestimmte Situation schon sehr gut beschrieben werden kann.

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Nimmt man umgekehrt ein Bild, zum Beispiel das eines Freigeländes mit Gebäuden, Bewuchs in verschiedenster Form, sich bewegenden Fahrzeugen sowie Personen und Personengruppen, und versucht, all die Details des Bildes mit Worten wiederzugeben, reichen tausend Worte wahrscheinlich nicht aus. Man versteht dann sehr schnell den Sinn dieser Redewendung. Auch werden wir nie – so sehr wir uns auch bemühen – wie ein Adler sehen können. Diese Vögel sehen nunmal ungefähr siebenmal so scharf wie wir – und dazu sogar noch wesentlich weiter. Als der Mensch noch Jäger und Sammler war, mochte sein Sehvermögen noch deutlich besser gewesen sein. Wie andere Dinge auch, hat er es im Laufe der Evolution schlichtweg vergessen weil er es irgendwann nicht mehr in der ursprünglichen Ausprägung benötigte. Mit dem Gehirn und der Intelligenz war es gerade umgekehrt, und deshalb konnten wir auch irgendwann mal Videokameras, den Videosensor und gute Monitore entwickeln. Als das digitale Zeitalter ausbrach und die analogen Signale in Pixel gewandelt wurden, sowie die IP-Technologie im Videobereich Einzug hielt, brach quasi der Damm und wie von einer riesigen Wasserwelle wurden wir von vielfältigsten Lösungen und Anwendungen geradezu überflutet. Vielleicht sind wir ja dadurch zu kleinen Adlern geworden?

Nichts bleibt unerfüllt

Studiert man die Leistungsdaten heutiger IP-Kameras und Videomanagementsysteme, bleibt auf den ersten Blick kein Wunsch offen. IP-basierte Videotechnik, Wärmebildtechnik, Motion-Detection, Crossline-Detection, serverbasierte Video- beziehungsweise Bildanalyse, Ereignis- und Alarmmanagement, frei definierte Analysefelder, automatische Erkennung für Bildqualitätsverlust, Geräuschdetektion, Stilledetektion, Detektion von herrenlosen Gegenständen, Detektion beim Überqueren einer definierten Linie, Detektion für Anhalten in einem festgelegten Bereich, Detektion bei Aufenthalt in einem festgelegten Bereich über einen bestimmten Zeitraum hinweg, Personenzählung, untypisches Verhalten von Personen in definierten Bereichen, untypische Gruppenbildung. Die Liste der Leistungsmerkmale ließe sich beliebig fortführen. Die Bildspeicherung kennt keine Grenzen, die Monitorsteuerung lässt sich flexibel einrichten, die Bildwiedergabe lässt sich quasi auf der ganzen Welt – wenn auch mit Einschränkungen – realisieren. Kein Bereich der Sicherheitstechnik hat so viel Innovationsdynamik wie die Videotechnik. Aber bei keiner anderen Sicherheitstechnologie sind die detaillierten Leistungsmerkmale, die damit verbundene Qualität und der tatsächliche Nutzwert so verschwommen und unübersichtlich wie bei der Videotechnik.

Viele Fragen bleiben offen

In der Videotechnik galt schon immer „Qualität statt Quantität“. Die Leistungsmerkmale der einzelnen Komponenten, egal ob Objektiv, Kamera, Videosensor, Monitor, Bildaufzeichnungsgerät und Übertragungskomponenten, waren relativ einfach messbar. Mit der richtigen Beleuchtung kombiniert und eingesetzt, ergab es ein funktionierendes und auf die Überwachungsaufgabe abgestimmtes Videoüberwachungssystem. Bei der Vielzahl der heutigen, meist softwarebasierten Lösungen, scheint die Quantität der Qualität den Rang abzulaufen. Zumindest ist die Qualitätsbewertung der Lösungen deutlich schwieriger geworden. Bekanntlich steckt der Teufel im Detail, und gerade da zeigt sich das Dilemma. Jedem Anwender ist nur anzuraten, sich nicht von der Vielfalt einzelner Videomanagementlösungen und Kameratechnologien blenden zu lassen, sondern seine Anforderungen an ein Videoüberwachungssystem auf das wesentliche zu beschränken und eine unbelastete Bewertung der infrage kommenden Produkte durchzuführen.

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Der September wird spannend

Niemand wird überrascht sein, wenn er auf der anstehenden Security in Essen feststellt, dass die Videobranche wieder einmal mit vielen Neuigkeiten aufwartet, dass Firmen anwesend sind, von denen man vorher noch nie etwas gehört hat und Lösungen angeboten werden, die verblüffen und zugleich für Argwohn sorgen sollten. Es gilt, den Blick zu schärfen, den Fokus auf das Wesentliche zu richten. Es gilt, das schier undurchdringliche und verschwommene Dickicht von Quantität und Qualität doch zu durchdringen und passende Lösungen zu finden. Viel Spaß dabei, es wird sich lohnen!

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