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Unten sehen, wenn's oben brennt

Professioneller Brandschutz in Seilbahnstationen wird seitens der Behörden streng gefordert - so auch bei der Karwendelbahn AG in Mittenwald. Dort beauftragte der Betreiber ein ortsansässiges Errichterunternehmen mit der Installation geeigneter Brandschutzkomponenten.

Die Kabinenbahn „Karwendelkristall“ bei der Einfahrt in die Bergstation.
Die Kabinenbahn „Karwendelkristall“ bei der Einfahrt in die Bergstation.

Das Karwendelgebirge ist das größte zusammenhängende Naturschutzgebiet der Ostalpen. 1954 gründete der Großmetzgerei-besitzer Hans Hoffmann aus München die Karwendelbahn GmbH. Als Baukosten veranschlagte man 2,5 Millionen D-Mark. Doch mitten in den Bauarbeiten sprengte das schwierige Gelände das Budget, der Staat hielt seine Bürgschaftszusage nicht. Der damalige Mittenwalder Bürgermeister, Josef Brandner und sein Kämmerer kämpften für den Weiterbau. Schließlich schultern – über die Gründung der Karwendelbahn AG – Banken, einige Baufirmen und engagierte Bürger sowie die Marktgemeinde Mittenwald die Gesamtkosten von 5,2 Millionen D-Mark. Am 7. Juni 1967 schwebte endlich die erste Gondel bergwärts.

Auflagen der Seilbahnaufsicht

Die Bergbahn gilt als einer der Leistungsträger des Tourismus in der Alpenwelt Karwendel. Die beiden Kabinen der zweispurigen Pendelseilbahn transportieren jeweils maximal 25 Fahrgäste. Zwischen Talstation (933 Meter über dem Meeresspiegel) und Bergstation (2.244 Meter) wird bei einer Geschwindigkeit von bis zu zehn Metern pro Sekunde eine maximale Steigung von 92 Prozent überwunden. Das 48 Millimeter starke Tragseil ist in der Bergstation fest verankert und wird mit einem Betongewicht von 44 Tonnen in der Talstation gespannt.

Dabei mussten die Vorgaben beziehungsweise Auflagen der technischen Aufsichtsbehörde (Regierung von Oberbayern, Seilbahnaufsicht) hinsichtlich des Brandschutzes durch die Karwendelbahn AG erfüllt werden. Bei der Umsetzung des Brandschutzkonzeptes merkte man schnell, dass das Augenmerk nicht allein auf den Gebäudeschutz begrenzt sein kann. Die Karwendelbahn entschied sich daher, die Berg- sowie die Talstation brandschutztechnisch in der Form abzusichern, dass diese – jeweils mit einer Brandmelderzentrale ausgestattet – über eine IP-Funkstrecke vernetzt wurden. Hans Gehrz initiierte das Brandschutzkonzept und erarbeitete gemeinsam mit dem Facherrichterunternehmen Lech Alarm GmbH die entsprechenden Maßnahmen.

Vernetzung über Richtfunk

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Die brandschutztechnische Überwachung der Seilbahn wird mit Produkten der Marke Esser sichergestellt. In Berg- und Talstation sorgt jeweils eine Zentrale Flexes Control mit projektspezifischer Peripherie für die erforderliche Sicherheit. Eine besondere Belastung für die Brandmelder resultiert in diesem Objekt aus den hohen Temperaturschwankungen. In der Talstation kommt ein Rauchansaugsystem Titanus Pro Sens zum Einsatz, das dort im Doppelboden und an der Decke den Transformatorraum überwacht, bei dem die Einspeisung des E-Werks erfolgt.

Brandmelder der Serie IQ8Quad in unterschiedlichen Varianten sowie Handmelder und Alarmgeber kommen in der Bergstation und der angeschlossenen Gaststätte, die Platz für 200 Gäste bietet, zum Einsatz. Eine eigene Wasser- und Energieversorgung sorgt für Unabhängigkeit und wird ebenfalls überwacht.

Die Beratung des nach DIN EN ISO 9001 und DIN 14675 zertifizierten Facherrichterunternehmens Lech Alarm mit Sitz in Peiting führte zur Beauftragung der Planung und Projektierung sowie der Installation und Inbetriebsetzung der Brandschutztechnik. Die Erstellung der gesamten Dokumentation inklusive Feuerwehrlaufkarten und Einsatzplänen mit anschließender Sachverständigen-Abnahme zusammen mit dem VdS und der Feuerwehr zeigt das Leistungsspektrum der Firma auf. Die Instandhaltung der Brandmeldeanlage, ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst und die Kooperation mit einer VdS anerkannten Notruf- und Serviceleitstelle gewährleistet dem Kunden Sicherheit rund um die Uhr.

Als langjähriges Partnerunternehmen der Novar GmbH, die mit den Produkten der Marke Esser seit über 40 Jahren im anlagentechnischen Brandschutz tätig ist, setzt man diese Produkte bevorzugt ein. Max Altstätter, Geschäftsführer und Inhaber der Lech Alarm GmbH, die unter anderem auch die große Olympiaskisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen brandschutztechnisch abgesichert hat, weist auf eine Besonderheit im Karwendelprojekt hin: „Die Brandmelderzentralen von Berg- und Talstation wurden über eine IP-Funkstrecke und mittels TCP/IP vernetzt, was in dieser Form in der Brandmeldetechnik zuvor noch nicht realisiert wurde.“ Hier konnte über einen RS232 LAN-Converter auf eine bestehende Richtfunkstrecke von Lancom zurückgegriffen werden, die beide Stationen verbindet und von der Firma Marshall Electronics aus Garmisch-Partenkirchen errichtet wurde.

Detektion lokalisieren

Diese Vernetzung hat für die Betreiber der Karwendelbahn eine große Bedeutung: Sollte es wider Erwarten doch einmal zu einem Brand kommen, ist es wichtig zu wissen, wo im Gebäude der Rauchmelder detektiert hat. Bei einer Auslösung im Tragseilpoller würden auf keinen Fall hilfeleistende Personen und Equipment mit der Seilbahn nach oben befördert werden, da das Tragseil einem Brand maximal eine Stunde Widerstand leistet, bevor es reißt. Da die Seilbahnstrecke sowohl die Bundesstraße 2, die deutsche Alpenstraße, als auch eine 110-Kilovolt-Leitung der deutschen Bundesbahn sowie 220-Kilovolt-Leitung des Energieversorgers Eon kreuzt, stellt dies eine zusätzliche Gefahr dar, denn ein gerissenes Seil könnte mit den stromführenden Teilen in Berührung kommen. Das Abschalten der Stromleitungen müsste in diesem Fall rechtzeitig veranlasst werden.

Hans Gehrz bestätigt, dass er im Fall einer technischen Störung zwar keinerlei sicherheitstechnische Bedenken habe, jedoch bekomme er Herzklopfen in Anbetracht der Tatsache, dass bei länger andauernden Störungen Unruhe entstehen könnte. In solchen Fällen ist dann auch gerne mal ein Filmteam schnell vor Ort ist, um einen solchen Vorfall medientechnisch zu nutzen.

Die Tatsache, dass bei der Karwendelbahn bisher keine Unfälle zu verzeichnen sind, soll durch den bestehenden Brandschutz zusätzlich untermauert werden. Nach der Errichtung in der Bergstation ist die BMZ die am höchsten Punkt installierte Flexes Control in Deutschland.

Klaus Dölker, regionaler Vertriebsleiter der Novar GmbH und Ansprechpartner für die dortigen Esser-Kunden freut sich über die gute Koordination im Zusammenhang mit der Abwicklung der Arbeiten: „Am Beispiel der Karwendelbahn zeigt sich deutlich, dass neben den innovativen Produkten vor allem die gute Zusammenarbeit der beteiligten Firmen und die Qualität des Service ausschlaggebend sind.“ Max Altstätter fasst abschließend zusammen: „Es ist ein beruhigendes Gefühl, festzustellen, dass die qualitativ hochwertigen Produkte eines innovativen Unternehmens einen reibungslosen Ablauf im Zusammenhang mit der komplexen Technik garantieren.”

Dipl.-Ing. Joachim Meisehen, Marketing/Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Novar GmbH a Honeywell Company

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