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Erweiterung der Sinne

IP-basierte Videoüberwachung gewinnt gegenüber analogen Systemen weiter rasant an Marktanteilen. Einheitliche Standards etablieren sich, Softwareprogramme werden immer intelligenter. Das bietet Möglichkeiten der Anwendung und Vernetzung weit über die Sicherheitsbranche hinaus.

Die Grafik zeigt, wie es gelingt, Business-Intelligence- und Videoüberwachungsdaten zu vereinen und daraus neue Analysemöglichkeiten zu entwickeln.
Die Grafik zeigt, wie es gelingt, Business-Intelligence- und Videoüberwachungsdaten zu vereinen und daraus neue Analysemöglichkeiten zu entwickeln.

In der Vergangenheit handelte es sich bei analogen Videolösungen meist um proprietäre und isolierte Systeme, die nicht oder nur schwer mit anderen Systemen und Gewerken kommunizieren konnten. Heute bietet Videotechnik ein weitaus höheres Maß an Offenheit und Konnektivität – nicht nur zu Systemen im Sicherheitsumfeld. Möglich wurde dies durch die Konvergenz, die der Umstieg auf IP-Technologie mit sich brachte. Die Vernetzung ermöglicht den einfachen Austausch von Signalen und Ereignissen, zudem haben sich einheitliche Datenformate wie XML etabliert, die auch die Datenkommunikation zwischen verschiedenen Anwendungen einfacher gestalten.

Videotechnik aus neuem Blickwinkel

Genau hier trifft IP-basierte Videoüberwachung auf Business Intelligence. Der Begriff bezeichnet Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse (Sammlung, Auswertung und Darstellung) von Geschäftsdaten mit Hilfe IT-basierter Lösungen. Ziel von Business Intelligence ist es, Erkenntnisse zu gewinnen, die es ermöglichen, die Qualität operativer und strategischer Entscheidungen zu verbessern. Dies geschieht mit Hilfe analytischer Konzepte und entsprechender Softwaretools, die Daten über das eigene Unternehmen, die Mitbewerber oder die Marktentwicklung in Bezug auf die Unternehmensziele kombinieren und auswerten. Durch die so gewonnenen Erkenntnisse können Unternehmen ihre Geschäftsabläufe sowie Kunden- und Lieferantenbeziehungen profitabler machen, Kosten senken, Risiken minimieren und die Wertschöpfung steigern.

Im Gegensatz zur datenbasierten Sicht von Business Intelligence können Abläufe in der physischen Welt am Besten durch „sehen“ – und damit durch den Einsatz von Videotechnik – erfasst, unterstützt und gesteuert werden. Kommerziellen IT- beziehungsweise herkömmlichen Systemen im Bereich Business Intelligence fehlte dieser Blick bisher. Moderne Videotechnik ermöglicht es nun, mit Hilfe von intelligenter Analyse aus Bilddaten Informationen zu gewinnen, die anderswo in IT-Systemen weiterverwendet werden können. Umgekehrt können auch Daten aus IT-Systemen mit Bildern von Vorgängen angereichert werden, die sie beschreiben. Die Intelligenz liegt also in der Assoziation von Gesehenem, beziehungsweise Erkanntem und zusätzlichen Informationen. Zwei komplett unterschiedliche Produkt- und Marktansätze können so zusammengebracht werden und ermöglichen die Betrachtung des Themas Videotechnik aus einem völlig neuen Blickwinkel.

Mehrwert für Endkunden

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Ob im Einzelhandel, an Tankstellen, in der Logistik oder in Banken: Überall wo in Prozessen geschäftsrelevante Daten entstehen und Videobilder oder aus Bildströmen gewonnene Informationen die Aussagekraft dieser Daten untermauern und steigern, ergibt sich für den Endkunden ein kommerzieller Mehrwert. Endlich kann auch in der Videotechnik über das allseits beliebte Thema „Return on Investment“ gesprochen werden. Einige Beispiele verdeutlichen mögliche Anwendungen: Zapfsäulen an Tankstellen werden deaktiviert, wenn ein bekannter Benzindieb davor hält. Ein Paket wird in einem Lager wiedergefunden, indem Archivbilder von mehreren Kameras verwendet werden, um seinen Weg vom letzten Barcode-Scan bis zum Ort seines Verbleibs zu verfolgen. Die Demografie von Käufern bestimmter Waren kann aus der Kombination von Kassendaten und Videobildern zu Marketingzwecken analysiert werden. Bei der Reklamation eines defekten Produktes kann die Produktionskette betrachtet werden und Parameter wie Material, Werkzeug und Vorgang können überprüft werden. Aus dem Zusammenspiel von „Video Surveillance“ und „Business Intelligence“ wird „Business Video Intelligence“ – kurz BVI.

Aus technischer Sicht bestehen Anwendungen rund um das Thema BVI in der Regel aus mehreren Komponenten. Eine davon stellen Sensoren dar, die neben Bildern und bildbezogenen Informationen, beispielsweise Metadaten aus Videoanalyse, Geschäfts- und Prozessinformationen wie etwa Kassen-, ERP-, Lager- oder Wetterdaten auch von Drittsystemen sammeln und an eine hoch performante Datenbank übergeben. Im Idealfall können die Sensoren flexibel über ein treiberbasiertes Konzept in die BVI-Lösung integriert werden.

Informationen werden verknüpft

Die Datenbank als zentrales Element der BVI-Anwendung muss in der Lage sein, große Datenmengen in Form von Videobildern ebenso in Echtzeit zu speichern wie eine Vielzahl einzelner Ereignisse wie Buchungen oder Scan-Vorgänge. Am Beispiel großer Paketverteilzentren, die oft mit mehreren hundert Kameras ausgestattet sind und in denen täglich mehrere hunderttausend Pakete an mehreren Stellen im Prozess gescannt werden, werden die technischen Anforderungen an eine solche Datenbank deutlich. Darüber hinaus besteht ihre Aufgabe darin, diese Daten miteinander zu verknüpfen und für den Anwender bereit zu stellen. In dieser regel- oder szenariobasierten Verknüpfung und Auswertung der Informationen liegt die eigentliche „Intelligenz“ einer BVI-Lösung.

Die Abfrage und Visualisierung der Daten kann schließlich über entsprechende Recherche-Formulare, über regelmäßig generierte Berichte sowie über sich in Echtzeit aktualisierende Dashboards erfolgen. Entscheidend ist, dass sich die Art der Bereitstellung der Daten an den Bedürfnissen des Anwenders orientiert und die Möglichkeit zur flexiblen Konfiguration bietet.

Chance zu mehr Wertschöpfung

Mag der Ansatz von Business Video Intelligence auf den ersten Blick auch visionär und etwas komplex erscheinen – sowohl für den Endkunden wie auch für den Systemintegrator liegen die Vorteile auf der Hand. Den Anwender versetzt BVI in die Lage, unter Einbindung oder Berücksichtigung auch bereits bestehender Video- Sicherheitssysteme zusätzliche Mehrwerte zu generieren, die für eine Amortisation der eingesetzten Technologie sorgen. Der Systemintegrator kann sich durch Kompetenz in Planung, Anpassung und Umsetzung von BVI-Lösungen zusätzlich differenzieren – und somit neue Wertschöpfungspotenziale als Ausgleich für fallende Margen im Standard- Geschäft eröffnen.

Andreas Conrad, Marketingleiter der Seetec AG

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