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Let‘s get smart

In Frankfurt am Main fand das erste PROTECTOR-Forum Smarthome/Smartsecurity statt. Zahlreiche Experten der Sicherheits- und IT-Branche sowie Vertreter von Verbänden und Dienstleistern waren zusammengekommen, um dieses spannende Themenfeld zu diskutieren.

Smarte Gebäudesicherheit setzt voraus, dass alle Komponenten miteinander vernetzt sind und kommunizieren können.
Smarte Gebäudesicherheit setzt voraus, dass alle Komponenten miteinander vernetzt sind und kommunizieren können.

Smarthome geistert als Schlagwort aktuell durch eine breite Medienlandschaft und bildet auf Messen der Consumer- und PC-Branche oft einen Schwerpunkt. Unklar ist jedoch, ob es sich hierbei letztlich nur um eine Marketing-Blase handelt oder um einen ernstzunehmenden technischen Trend, der auch die Art und Weise verändern kann, wie Sicherheitssysteme konzipiert und bedient werden. Grund genug, dem Sachverhalt in Form eines eigenen PROTECTOR-Forums nachzuspüren.

Grundsatzdebatte

Ganz am Anfang der Diskussion stand die Begriffsdefinition und die inhaltliche Grundlagenforschung. Denn was genau sich hinter dem Begriff Smarthome verbirgt, ist vielen nicht im Detail klar – zudem ist es einem recht großen Interpretationsspielraum ausgesetzt. Kern des Konzepts bildet eine gewisse Intelligenz der Technik: Das smarte Heim denkt mit und steuert sich teilweise selbst. Dies setzt voraus, dass die einzelnen Komponenten im Haus miteinander kommunizieren und interagieren können. Eine vollumfänglich smarte Lösung bindet Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik genauso ein wie Küchengeräte und Waschmaschinen, Rollladen-, Tür- und Fenstersteuerung. Ebenso sind Überwachungskameras, Alarmsysteme, Notruf oder Sprechanlage, Medienserver, TVs, Displays und nicht zuletzt natürlich Smartphones und Tablets Bestandteil des Systems. Alle diese Komponenten werden mittels Netzwerk verknüpft sowie über einen DSL-Router oder Mobilfunk mit dem Internet verbunden.

Drei Säulen

Wie die Diskussion während des Forums klar aufzeigte, bringt eine solche Lösung enormes Potenzial mit sich und kann gleichzeitig mehrere Bedürfnisse befriedigen. Smarthome steht demnach auf drei Säulen, die auch die Wünsche der Nutzer widerspiegeln. Die erste Säule ist die Energieeffizienz, beziehungsweise das auszureizende Sparpotenzial hinsichtlich Strom- und Heizkosten. Wenn Thermostate die Temperatur überwachen und Heizkörper automatisch heruntergefahren werden, sobald die Bewohner das Zuhause verlassen oder ein Fenster geöffnet wird, lässt sich Energieverschwendung effektiv vermeiden.

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Die zweite wesentliche Säule ist der Komfort. So lassen sich mit intelligenter Haustechnik beispielsweise Türen aus der Ferne per App öffnen, Signale von Türsprechanlagen in Fernsehgeräte einbinden oder auch der aktuelle Stand von Waschmaschine und Trockner im Keller abfragen.

Die dritte Säule, die stetig an Bedeutung gewinnt, ist die Sicherheit. Mittels der Smarthome-Systeme lassen sich Videoüberwachungskameras, Einbruchmeldeanlagen, Wasser- und Rauchmelder oder auch Zutrittsanlagen einbinden und aus der Ferne per App steuern, beziehungsweise Alarmmeldungen und Videostreams an Mobilgeräte übertragen. Ein Konsens der Diskussion war jedoch, dass man die Bedürfnisse und Anwendungsszenarien nicht voneinander getrennt betrachten kann. Vielmehr verschmelzen die Aspekte – die Ziele werden teilweise parallel umgesetzt, wenn vorhandene Komponenten und Sensoren mehr als eine Aufgabe übernehmen.

Technische Basis

Damit die drei Säulen tragfähig sind, benötigen sie ein stabiles Fundament, also eine technische Basis. Diese ist aktuell recht heterogen, wie sich während des Forums herauskristallisierte. Zum einen werden Elemente der Netzwerktechnik benötigt, sprich IP-Verbindungen über LAN-Kabel oder WLAN, zum anderen auch Funkstandards wie Bluetooth, Dect, RFID und NFC. Zusätzlich können je nach Anlagengröße und Anforderungen Standards der Gebäudeautomation wie etwa OPC oder Bacnet eine – wenn auch untergeordnete – Rolle spielen. Von unterschiedlicher Bedeutung sind zudem die diversen (und teilweise proprietären) Smarthome-Techniken Zigbee, Enocean, Z-Wave, Homematic, KNX oder IO- Homecontrol. Die große Vielfalt dieser Basistechnologien zur Vernetzung eines Smarthomes ist gleichzeitig auch der größte Hinderungsgrund für eine umfassende Lösung, denn die Technologien sind in der Regel zueinander inkompatibler. Dies ist ein Aspekt, der sich künftig ändern muss und auch ändern wird, da aktuell starke Normierungs- und Standardisierungsbestrebungen von Seiten der Verbände an den Tag gelegt werden.

  • Michael Zabler, Abus Security-Center
  • Gerhard Zerwes, Allnet Deutschland
  • Norbert Schaaf, BHE
  • Mike Lange, D-Link
  • Lars Diestel, Wotscom
  • Markus Hettig, Hager Electro
  • Dr.-Ing. Christian Bogatu, Kiwi.ki
  • Wolfgang Herber, Kötter Security
  • Walter Nixdorf, Nixdorf Smart Systems
  • Günther Ohland, Smarthome Deutschland
  • Jessica Fritz, VDE/DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik
  • Sebastian Brose, VdS Schadenverhütung
  • Lothar Zobel, Andreas Albrecht & Michael Gückel, Redaktion PROTECTOR

Große Namen im Boot

Smarthome als Konzept wird bereits länger diskutiert und auch die Komponenten hierfür sind längst verfügbar – jedoch setzte es sich bisher nicht flächendeckend durch. Vielmehr fristete die smarte Technik ein Nischendasein. Dies scheint sich nun zu wandeln – einerseits aufgrund der Verbreitung von Smartphones und andererseits, weil große Konzerne der Internet- und PC- Branche in den Markt einsteigen. Die auch während des Forums am häufigsten genannten Namen waren Apple und Google. Beide bieten entweder bereits smarte Technik für das Haus an oder bereiten dementsprechende Lösungen vor.

Auch der Aspekt Sicherheit spielt hierbei eine Rolle, denn etwa Google bietet in Form der Nest-Rauchmelder Komponenten der Brandschutztechnik an. Noch ist unklar, wie sich das Einsteigen der Internetriesen auf die Security-Branche auswirken wird, aber allein aufgrund der Marktmacht und der Marketingressourcen ist mit diesen Firmen definitiv zu rechnen. Auch andere Unternehmen erweitern ihr Angebot mit Smarthome-Angeboten, darunter der Energieversorger RWE, der Kommunikationsriese Telekom (Qivicon) oder der Mobilfunk-Provider Mobilcom-Debitel.

Knackpunkt Installation

Ein weiterer Aspekt neben Konzept, Technik und Vermarktung ist die Installation. So stellte sich auch in der Diskussion während des Forums die Frage, wer die Smarthome- oder Smartsecurity-Anlagen künftig installiert und einrichtet. Das Meinungsbild ist hier noch gespalten, denn je nachdem aus welcher Branche die Anbieter kommen, herrschen traditionell unterschiedliche Modelle vor. Firmen wie Google oder Apple bedienen mit ihren in der Funktion deutlich reduzierten, aber intuitiven, Lösungen eindeutig den Do-it-Yourself-Markt. Damit richten sie sich eher an den technikaffinen Endanwender, der alle Komponenten eigenhändig verbaut und das System selbst konfiguriert.

Aus der Sicherheitsbranche hingegen ist man es gewohnt, dass ein Errichter oder ein Systemhaus Anlagen plant und installiert. Hier darf man allerdings noch skeptisch sein, ob der klassische Errichter, der bisher etwa Alarm- oder Brandschutztechnik verbaut hat, so schnell auf die deutlich anspruchsvollere IP- und App-basierte Smarthome- Technik umsatteln wird. Das Potenzial für die Errichter wäre – gerade im etwas gehobenen Segment – durchaus groß, jedoch setzt es IT-Know-how und gewerkeübergreifendes Denken voraus. Ob die Errichter (und auch Elektroinstallateure) dies in der Masse künftig leisten werden, bleibt abzuwarten. Im Sinne einer hohen Qualität an komfortabel sowie sicher arbeitenden Smarthome-Lösungen wäre es mehr als wünschenswert.

Michael Gückel

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