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Corporate Trust 3. März 2015

Mittelstand setzt zunehmend auf Profis

Eine Erpressung, wie im Fall von Familie Seitenbacher, stellt für alle Unternehmer eine außergewöhnliche Belastung dar. In einer solchen Lage professionell zu reagieren, funktioniert meist nur, wenn das Krisenmanagement steht und die Prozesse geübt sind.

Eine Pandemie ist nur einer von verschiedenen Krisenfällen.
Eine Pandemie ist nur einer von verschiedenen Krisenfällen.

Die Erpressung von Familie Seitenbacher zeigt einmal mehr, wie schnell man als Unternehmer in das Fadenkreuz von Kriminellen geraten kann. Die aktuelle Lage in der Ukraine, Ebola-Fälle in Westafrika, die Bedrohung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sowie weltweit immer mehr Hackerangriffe sind darüber hinaus weitere Themen, die für deutsche Mittelständler zunehmend Krisenpotenzial bergen. Wenn es um das Leben von Mitarbeitern oder gar der eigenen Familie geht, bleibt wenig Spielraum für Versuch und Irrtum.

Schutz der Mitarbeiter

So konnte auch ein norddeutscher Hersteller von Spezialmaschinen für die Bauindustrie nur dank seines Krisenplans und der Hilfe von externen Spezialisten zwei Mitarbeiter aus einer Krisenregion in Vietnam retten. Sie wurden eines Nachts plötzlich vom Militär aus ihrem Hotelzimmer geholt.

Seit gut drei Wochen arbeiteten sie auf einer nahegelegenen Baustelle in Vietnam, auf der ein neues Werk entstehen sollte. Aufgrund des Streits zwischen China und Vietnam über eine annektierte Insel im südchinesischen Meer wurden auf der Baustelle kurz zuvor Arbeiter ermordet.

Nun drohten weitere Übergriffe, weshalb die lokale Regierung die Baustelle schließen ließ und den Großteil der überwiegend ausländischen Arbeiter in einem Notquartier unter Schutz stellte. Das weitere Vorgehen des Militärs beziehungsweise die Dauer des Verbleibs in dieser Unterkunft war völlig unklar.

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Die Mitarbeiter waren über die Lage schockiert und wollten sofort das Land verlassen. Obwohl für das Unternehmen dadurch hohe Ausfallkosten entstanden, berief der Geschäftsführer umgehend den Krisenstab ein, um an einem Evakuierungsplan für die Mitarbeiter zu arbeiten. Das Leben der Mitarbeiter ging einfach vor.

Dies stellte sich jedoch gar nicht so einfach dar, weil landesweit ca. 5000 weitere Arbeiter von ihren Firmen aus der Krisenregion gebracht werden wollten und daher nötige Transportmittel nicht in ausreichender Zahl verfügbar waren. Dank einer schnellen Lagebeurteilung und Entscheidung durch den Krisenstab, die Mitarbeiter zu evakuieren, konnten die Rettungsmaßnahmen sofort anlaufen.

Über den externen Krisenberater mit seinem weltweiten Netzwerk konnte noch am gleichen Tag ein Evakuierungsteam aus dem Nachbarland organisiert und die sichere Abholung der Mitarbeiter gewährleistet werden. Vom Nachbarland aus konnte dann kurzfristig ein Rückflug nach Deutschland geregelt werden.

Externer Blick

Lokale Geschäftspartner oder Vertriebsorganisationen haben meist nicht die nötigen Strukturen für solche Hilfsmaßnahmen. Die Verantwortlichen in diesen Regionen bewerten die Lage in vielen Fällen falsch oder sehr angepasst für ihre Interessen.

Natürlich ist es ihr Ziel, die Arbeitsplätze zu halten und daher den deutschen Unternehmer in Sicherheit zu wiegen. Zudem ist die eigene Risiko-Wahrnehmung der Locals oftmals ganz unterschiedlich zu einer westeuropäischen Beurteilung der Sicherheitslage.

Krisenmanagement bedeutet im Wesentlichen zwei Dinge. Zum einen die Identifizierung der möglichen Risiken für das Unternehmen, immer aus dem Blickwinkel nach den Auswirkungen für den Menschen, die Organisation und die Reputation. Für diese Bedrohungen sollten dann die potenziellen Schäden abgeschätzt werden, die tatsächlich auftreten können.

Zum anderen geht es um die Planung der nötigen Maßnahmen, wenn es denn tatsächlich mal dazu kommt. In der Regel geht es auch um die Verfügbarkeit von Verantwortlichen und Sicherheitsspezialisten beziehungsweise den permanenten Zugriff auf diese Ressourcen.

Um professionelle Strukturen zu etablieren, müssen die Mitglieder für den Krisenstab frühzeitig ausgewählt und regelmäßig geschult werden. Außerdem muss es eine Regelung für die permanente Erreichbarkeit wichtiger Funktionen geben. In Deutschland haben daher immer mehr Mittelständler eine Krisenhotline zu Sicherheitsspezialisten etabliert, die 24/365 mit einem weltweiten Netzwerk und der nötigen Erfahrung für solche Vorfälle zur Verfügung stehen.

Risikolage analysieren

Gerade bei der aktuellen Situation einer zunehmenden Ausweitung der Terrormiliz IS, einer unklaren Lage in der Ukraine, einer immer noch starken Bedrohung durch Korruption sowie fehlende Rechtsstaatlichkeit in vielen Ländern ist es wichtig, sich frühzeitig und permanent über die aktuelle Risikolage zu informieren.

Dies ist nicht nur eine Aufgabe für die Personalabteilung, sondern auch die Verantwortung des Managements, um die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. Für die permanente Einschätzung der Risikolage werden meist Risk Maps genutzt. Neben einer professionellen Einschätzung zur Bedrohung durch Krisen und Konflikte im jeweiligen Land sollte auch eine Aussage zur medizinischen Versorgung, der Gefahr von einem Informationsabfluss sowie der Rechtsstaatlichkeit getroffen werden.

Während bei großen Konzernen oftmals ganze Organisationseinheiten für das Krisenmanagement aufgebaut werden, sind es im Mittelstand meist nur wenige vertrauensvolle Mitarbeiter, die für das Thema eingebunden werden. Dies ist grundsätzlich nicht verkehrt, da sie das Unternehmen meist in- und auswendig kennen.

Dem Unternehmen muss jedoch bewusst sein, dass diese Mitarbeiter bei einem Krisenfall aus ihren Tagesgeschäft gerissen werden und ihre Ressourcen meist ausschließlich der Lösung des Problems widmen können. Gerade im Mittelstand etabliert sich daher mehr und mehr die professionelle Vorbereitung auf einen solchen Ernstfall mit einem präventiven Krisenmanagement.

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