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Optimale Ergänzung

Den wohl wichtigsten Trend in der Technik bestimmt Anfang dieses Jahrhunderts die Digitalisierung der analogen Welt. Arbeit und Forschung, Kommunikation und Produktion, Logistik und Administration werden effizienter, zeitsparender und kostengünstiger. „Internet der Dinge“ und „Industrie 4.0“ sind gängige Schlagworte. Längst ist auch die Sicherheitstechnik von diesem Megatrend erfasst worden. Was bedeutet diese einschneidende Veränderung für das Gewerbe?

Digitalisierung ermöglicht effiziente und personalentlastende Sicherheitsdienstleistungen.
Digitalisierung ermöglicht effiziente und personalentlastende Sicherheitsdienstleistungen.

1. Optimierung personeller Sicherheits-dienstleistungen

Die Digitalisierung verbessert, beschleunigt, erleichtert und reduziert personelle Sicherheits-dienstleistungen. Dafür lassen sich viele Beispiele anführen:

  • Durch intelligente Gefahrenmelde-technik können vordefinierte Gefahrenelemente elektronisch detektiert und Meldungen automatisch in eine Notrufzentrale übermittelt werden, so dass eine Intervention schnellstens erfolgen kann.
  • Algorithmische Software in Videokameras detektiert vordefinierte Verdachtsereignisse und löst in der Leitzentrale einen Voralarm oder Alarm aus, so dass keine Zeit bis zur Intervention verloren geht.
  • Netzartig verbundene Kameras decken einen weiten Überwachungsraum ab, dessen ständige Bewachung oder Bestreifung sich damit erübrigt, und können Verdachtspersonen von Kamerazone zu Kamerazone verfolgen.
  • Eine Vielzahl digitaler Funktionen wird im „Remote Video Solution“ (RVS)-System verknüpft, ermöglicht Mehrfachanalysen, detektiert Manipulationsversuche an Kameras und lässt sich mit einem Audiosystem verbinden, über das erkannte Tatverdächtige aus der entfernten Leitstelle heraus angesprochen werden können.
  • Die digitale Gefahrenanalyse kann mittels Software in Reaktionsvorschläge einmünden und so Fehler und Reaktionsverzögerungen verhindern.
  • Die digitalisierte Zutritts- und Zufahrtskontrolle reduziert die Zahl und die Dauer personeller Kontrollen und damit die Zahl der benötigten Kontrollkräfte.
  • Der komplexe digitale Schutz von Kunstwerken durch Erschütterungsmelder, elektronische Sicherheitsvorhänge und Videoüberwachung ermöglicht eine wesentlich geringere Zahl von Aufsichtspersonen.

2. Digitalisierung verlangt spezifisches Know-how
Je mehr Sicherheitsunternehmen dazu übergehen, neben personellen Dienstleistungen Sicherheitstechnik mit digitalen Komponenten anzubieten und mit eigenen Beschäftigten zu betreiben, umso mehr müssen sie Berater und Einsatzkräfte im Umgang mit digitaler Technik schulen. Für das Angebot, die Projektierung und den Betrieb von IP-basierter Technik und IT-Systemen wird sehr oft das notwendige IT-Ingenieurswissen im Sicherheitsunternehmen nicht vorhanden sein, so dass es sich empfiehlt, IT-Fachfirmen zu akquirieren oder mit ihnen eine strategische Partnerschaft einzugehen.

3. Wahrnehmung der Unternehmenssicherheit in der „Industrie 4.0“
Sicherheitsunternehmen, die die Strategie verfolgen, sich bei Angeboten zur Wahrnehmung von Funktionen der Unternehmenssicherheit nicht auf Objektschutz und Zugangskontrolle zu beschränken, sondern anspruchsvolle Security- und Safety-Funktionen im Produktions- und Logistikprozessen zu übernehmen, müssen damit rechnen, dass Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel IP-gesteuert werden und als Cyber-Physical Systems vernetzt sind. Und sie müssen die einzusetzenden Beschäftigten mit digital funktionierenden Gefahrenmeldern schulen.

4. „Smart Home“
Der „Smart Factory“ entspricht das „Smart Home“. Status- und Gefahrenmeldungen der im Haus installierten Einbruch- und Brandmelder und der zu steuernden Gewerke bekommen die Bewohner am Arbeitsplatz und auf Reisen auf ihr Smartphone übermittelt. Um eine gemeldete Gefahr zu beseitigen, bedarf es aber der schnellstmöglichen Intervention. Daher ist anzunehmen, dass die Anzahl der Vereinbarungen solcher Interventionsleistungen mit Sicherheitsunternehmen künftig stark zunehmen wird. Was nützt ein Alarm, wenn man auf ihn nicht reagieren kann?

5. Digitalisierung der Infrastruktur des Sicherheitsunternehmens

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Die Projekt- und Einsatzplanung für eine zu sichernde Veranstaltung kann über eine gemeinsame Plattform die Zusammenarbeit aller an dem Projekt beteiligten Unternehmensbereiche erleichtern und beschleunigen. Die Digitalisierung von Dokumenten, Daten und Informationen reduziert Papier und Schreibarbeit. Der Aufbau einer Datenbank, in der alle für die Betreuung und den Einsatz aller Beschäftigten notwendigen Daten eingegeben werden, macht die Organisation transparenter, führt zur Aufdeckung von Schwachstellen und zu einer optimalen Auswahl der jeweils an einem Einsatz zu beteiligenden Kräfte je nach Anforderungsprofil und Mobilität. In eine solche Informations- und Datenbank sollten in einem größeren Sicherheitsunternehmen auch alle Informationen und Erfahrungen eingegeben werden, die im dienstlichen Alltag schwer zugänglich sind, damit am Wissen einzelner im Unternehmen alle Manager und operativ tätigen Mitarbeiter beteiligt werden und wichtige Erfahrungen nicht verloren gehen. Soweit Fakten und Daten aus geschäftlichen oder datenschutzrechtlichen Gründen nicht innerhalb des Unternehmens allgemein zugänglich sein dürfen, lassen sich geschützte Bereiche innerhalb des Informationssystems bilden.

6. Change Management
Die Optimierung von Sicherheitsdienstleistungen und der Infrastruktur des Sicherheitsunternehmens durch Digitalisierung hängt wesentlich davon ab, dass die Beschäftigten und vor allem die Manager offen sind für die Anwendung dieser Technologie und ihren vielfältigen Einsatz. Hier wird von der Unternehmensleitung ein nicht immer leicht zu verwirklichendes Change Management gefordert. Die Unternehmenskultur muss die Digitalisierung als notwendiges Tool integrieren. Selbstverständlich wird die Sicherheitsdienstleistung auch künftig zu einem erheblichen Teil im Einsatz von Personal bestehen. Der personelle Einsatz bildet den unverzichtbaren Kern des Sicherheitsgewerbes. Auf den Menschen kommt es an. Aber in einer von der Digitalisierung geprägten Welt wird ein Sicherheitsdienstleister künftig nur dann erfolgreich arbeiten und im Sicherheitsmarkt bestehen, wenn er die Möglichkeiten der digitalen Unterstützung seines Leistungsportfolios und der Infrastruktur seines Unternehmens voll ausschöpft.

Manfred Buhl

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