Direkt zum Inhalt

Keine Überstände am Zaun

Im August dieses Jahres wurde die neue ATV DIN 18320:2015-08 erstmals unter Einbeziehung von Zaunbauarbeiten veröffentlicht. Viele wichtige Begrifflichkeiten und unklare Ausführungsmöglichkeiten sind somit fixiert worden. Auch einige Empfehlungen der Gütegemeinschaft Metallzauntechnik e.V. finden sich hier wieder.
Zaunanlagen bis zu einer Standhöhe von bis zu 180 Zentimetern dürfen keinen Übersteigschutz sowie scharfkantige oder spitze Überständen aufweisen.
Zaunanlagen bis zu einer Standhöhe von bis zu 180 Zentimetern dürfen keinen Übersteigschutz sowie scharfkantige oder spitze Überständen aufweisen.

Zum Thema Überstände wird beispielsweise ein klare Aussage getroffen. Diese besagt unter anderem, dass öffentlich zugängliche Zaunanlagen zur Gewährleistung der Verkehrssicherungs-pflicht im Sinne des Personenschutzes, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, bis zu einer Standhöhe von unter 180 Zentimetern nicht mit einem Übersteigschutz ausgestattet werden dürfen. Weiter dürfen Pfosten, Bespannung und Belattung keine scharfkantigen oder spitzen Überstände aufweisen, siehe §3.11.5 DIN 18320:2015-08. Die Perimeter Protection Germany GmbH gehört zu den Herstellern, die seit langem generell bei allen Gitterzäunen mit einer Mattenhöhe bis einschließlich 160 Zentimeter auf Überstände verzichtet haben - oben und unten!

PPG hat sich eingehender mit der Norm auseinandergesetzt. Dafür hat Hartwig Vogt (Verkaufsleitung Werra) Herrn Ulrich Harsch (Vorsitzender des Vorstandes der Gütegemeinschaft MZT) und Herrn Götz Michaelis (Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht) ein paar Fragen gestellt.

Hartwig Vogt: Herr Harsch, in Bezug auf die Überstände wird in den Paragraphen 3.11.5 und 3.11.4 zwischen allgemeinen Zaunanlagen und Ballfangzäunen differenziert? Bitte erläutern Sie, warum.

Ulrich Harsch: Für Ballfangzäune, die fast immer auch Metallzäune sind, muss prinzipiell eine Statik erstellt werden. Dies wird für eine „normale“ Zaunanlage bis 2.500 Millimeter Standhöhe nur in Ausnahmefälle verlangt. Bei diesen „normalen“ Zaunanlagen gibt es neben den Metallzäunen auch noch andere Zaunarten wie zum Beispiel Holzzäune. Öffentliche Zaunanlagen sollten bei geringer Höhe aber immer der Norm entsprechend keine scharfkantigen oder spitzen Überstände aufweisen. Zum Beispiel sind gemäß der Unfallverhütungsvorschriften für Schulen „GUV-V S1“ oder Kitas „GUV-V S2“, die gleichzeitig auch Arbeitsstätten betreffen, Spitzen, scharfe Grate an Kanten oder hervorstehende Teile generell unzulässig! Das gilt sowohl für die Zaunober- als auch für die Unterkante. Im Grunde sind alle Zaunanlagen so zu gestalten, dass niemand gefährdet wird – im öffentlichen beziehungsweise gewerblich industriellen sowie in privaten Bereichen.

Hartwig Vogt: Die Norm bezieht sich auf öffentlich zugängliche Zaunanlagen. Bei privaten Bauvorhaben betrifft dies die straßenzugewandten Abschnitte der Zaunanlage – wie verhält es sich aber mit der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Nachbarn?

Anzeige

Ulrich Harsch: Im privaten Bereich gilt die Einigung nach Absprache. Die Norm tritt in Kraft, wenn keine eindeutige vertragliche Regelung besteht.

Hartwig Vogt: Herr Michaelis, was passiert dem Zaunbauer beziehungsweise dem Endkunden im Schadensfall aufgrund einer Missachtung der Norm? Wer muss haften?

Götz Michaelis: Es handelt sich bei DIN-Normen um Unterfälle der Anerkannten Regeln der Technik, die im Zeitpunkt der Abnahme grundsätzlich eingehalten werden müssen. Wird eine Verkehrssicherungspflicht verletzt, kann sich der Verpflichtete zivilrechtlich schadensersatzpflichtig machen und gegebenenfalls sogar ordnungsbehördlich im öffentlich-rechtlichen Bereich in Anspruch genommen werden. Als Eigentümer als sogenannter Zustandsstörer und als beispielsweise ausführendes Unternehmen als sogenannter Handlungsstörer. Geht die Gefahr von einer Sache wie einer Zaunanlage aus, so hat jeder, der die Sachherrschaft ausübt, mithin in der Lage ist über die Sache zu verfügen, drohende Gefahr für andere durch geeignete Maßnahmen abzuwenden, soweit dies zumutbar und geboten ist.

Hartwig Vogt: Sind Hersteller beziehungsweise Verkäufer also verpflichtet, auf die Norm hinzuweisen?

Götz Michaelis: Grundsätzlich müssen die Leistungen nach dem vertraglichen Bau-Soll und den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden, damit diese abnahmefähig sind, sofern ein Werkvertrag geschlossen wird. Aber auch im Kaufrecht bestehen zumindest dann Beratungspflichten, wenn der Verkäufer weiß, für welchen Zweck Materialien erworben werden. Sofern bekannt ist, dass gegen DIN-Normen als Unterfall der Anerkannten Regeln der Technik verstoßen wird, besteht auch eine Hinweispflicht.

Ulrich Harsch: Eigentümer sind sich der potentiellen Risiken, die von Überständen ausgehen, oft überhaupt nicht bewusst. Der Schutz für Personen, insbesondere für Kinder muss aber gewährleistet sein und Überstände an niedrigen Zäunen haben einfach ein hohes Verletzungspotential. Hier sollten die Zaunbaubetriebe aktiv informieren.

Hartwig Vogt: Was ist mit Zaunanlagen mit Überständen, die nach Durchsetzung der Norm gekauft beziehungsweise installiert werden? Besteht ein Anrecht auf Ersatz oder Austausch?

Götz Michaelis: Ob vor der Abnahme Erfüllungsansprüche beziehungsweise nach der Abnahme Gewährleistungsansprüche bestehen, hängt zunächst einmal davon ab, was vertraglich zwischen den Parteien vereinbart und mithin geschuldet war. Liegt ein Verstoß gegen das Bau-Soll und gegen die anerkannten Regeln der Technik vor, spricht man von einem Mangel. Sofern ein Mangel bejaht wird, kommt es wiederum darauf an, ob ein BGB- oder VOB-Werkvertrag geschlossen wurde. Grundsätzlich muss der Auftragnehmer Mängel nach entsprechender Fristsetzung beseitigen, um Rechtsnachteile zu vermeiden – zum Beispiel dergestalt, dass Nacherfüllungsansprüche oder auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Darüber hinaus sind sonst noch unterschiedliche Gewährleistungsfristen zu berücksichtigen.

Passend zu diesem Artikel