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Essener Ruhr Museum 11. April 2016

Technik unterstützt Mensch

Seit Anfang 2010 befindet sich das Essener Ruhr Museum auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein. Solch ein historisches Industriegebäude zu einem Museum umzufunktionieren, stellte Planer vor große Herausforderungen. Ebenso groß waren aber auch die Herausforderungen bei der Umsetzung des Einbruch- und Brandschutzes.

Das Ruhr Museum befindet sich seit 2010 in der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Zollverein.
Das Ruhr Museum befindet sich seit 2010 in der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Zollverein.

Das Essener Ruhr Museum sieht sich als Teil des Ruhrgebietes mit der Aufgabe, die Geschichte der Region zu dokumentieren. Schon das Gebäude an sich ist gelebte Industriegeschichte, denn untergebracht ist das Museum in der alten Kohlenwäsche, einem in der Grundfläche 30 Mal 90 Meter großen und 40 Meter hohen Hallenkomplex. Besucher gelangen über die größte freistehende Außenrolltreppe Deutschlands in das Museum. Früher wurden dort die Steine von der Kohle getrennt und diese dann an verschiedene Abnehmer verteilt, unter anderem an die Kokerei Zollverein, die Koks für die Stahlindustrie produzierte.

Herausforderungen

Groß waren die Herausforderungen bei der Umsetzung des Einbruchschutzes und des Brandschutzes, weiß Dr. Frank Kerner, Leiter des Fachbereichs Ausstellungen und Depots sowie Leiter Industrie- und Zeitgeschichte, zu berichten. Als die Kohlenwäsche zu einem Museum umgebaut wurde, war Dr. Kerner von Beginn an in die Sicherheitsplanungen mit einbezogen: „In dieser Zeit konnte ich mich praktisch zum ‚Sicherheitsbeauftragten‘ weiterqualifizieren. Heute bin ich zusammen mit dem Facility Management Ansprechpartner in allen Fragen rund um die Zutrittskontrolle und dem Einbruch- und Brandschutz.“

Neben der Dauerausstellung finden im Ruhr Museum jährlich zwischen drei und vier Wechselausstellungen sowie bis zu 100 unterschiedliche Veranstaltungen – vom Vortrag bis zur Kinovorführung – statt. Bis zu 250.000 Menschen besuchen das Museum pro Jahr, das an 363 Tagen geöffnet hat.

„Hin und wieder kommt es vor, dass wir hier sehr wertvolle Ausstellungen zeigen. Vor kurzem hatte eine Ausstellung einen Versicherungswert von über 80 Millionen Euro. Bei den vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen decken unsere Versicherungen mögliche Schäden in diesen Größenordnungen natürlich ab. Nicht alle unsere Objekte sind im allgemeinen Sinne wertvoll. In der Dauerausstellung haben wir sehr viele Exponate von ideellem Wert, so beispielsweise Fußballtrikots von berühmten Ruhrgebietsspielern oder einfach nur Dinge aus dem täglichen Leben des Arbeiters. Auch wenn sich all unsere Exponate besonders geschützt in Vitrinen befinden, müssen wir stets wachsam sein“, erläutert Dr. Kerner.

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Geschultes Aufsichtspersonal

Um einen bestmöglichen Schutz garantieren zu können, setzt das Museum auf die Präsenz von Aufsichtspersonal in allen Räumlichkeiten. Während der Öffnungszeiten bis um 18:00 Uhr sind alle Ausstellungsräume permanent besetzt. Videotechnik ließ sich aufgrund der besonderen, denkmalgeschützten Architektur des Gebäudes nicht installieren. „Es gibt unheimlich viele Ecken und Winkel, die sich selbst mit modernster Videotechnik nicht erfassen lassen. Somit setzen wir bewusst auf den Faktor Mensch. Durch die ‚abschreckende Wirkung‘ erhöht sich bei vielen sicherlich die Hemmschwelle, vielleicht eine unüberlegte Tat zu begehen. Auf der anderen Seite hat man mit den Aufsichten natürlich immer auch eine Ansprechperson, die gerne zu den Exponaten Auskunft gibt“, so Dr. Kerner weiter.

Die insgesamt vier Außentüren des Museums, sämtliche Aufzüge und Türen zu den Etagen sowie die drei Depots, in denen Exponate lagern und aufgearbeitet werden, sind mit einem elektronischen Schließsystem von Dom ausgestattet. Zusätzlich ist im gesamten Gebäude eine Einbruchmeldeanlage (EMA) von Bosch installiert. Erst wenn alle Innenbereiche verschlossen und gesichert sind, lässt sich abends die Außenscharfschaltung aktivieren. Dies geschieht immer nach dem letzten Kontrollgang. Sollte in der Nacht tatsächlich ein Einbruchversuch über einen der vier Zugänge oder über ein höher gelegenes Fassadenfenster erfolgen, wird automatisch ein Alarm mit Weiterleitung zur nächsten Polizeiwache ausgelöst. Innerhalb weniger Minuten sind die Beamten vor Ort. Ebenfalls wird das Facility Management informiert, das fast zeitgleich mit den Beamten eintrifft und Hilfe bei der Orientierung im Gebäude gibt.

Vom eigentlichen Ausstellungsbereich des Museums getrennt gibt es Bereiche, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind – beispielsweise die Depots. Um in eines der drei Depots zu gelangen, müssen die autorisierten Beschäftigten zuerst über ein Terminal neben der Tür die EMA freischalten, um dann mittels des Transponders den Schließzylinder zu aktivieren. Insgesamt sind im Museum inklusive der Verwaltung rund 30 Personen beschäftigt. Hinzu kommen nochmals rund 20 Aufsichtspersonen, die direkt bei der Stadtverwaltung Essen angestellt sind. Jeder dieser Mitarbeiter erhält einen Transponder, wobei die Schließhierarchien klar verteilt sind. „Wir haben in unserem Schließplan diverse Schlüsselgruppen geschaffen und Berechtigungen zugeordnet. Jeder hat für seinen Bereich und die von ihm genutzten Räume eine entsprechende Schließkompetenz. Wenn Personal beispielsweise einmal woanders eingesetzt werden muss, vergeben wir auch Schließberechtigungen auf Zeit“, erläutert Dr. Kerner. Zwei Mitarbeiter sind im Ruhr Museum für die gesamte Organisation der Schlüsselverwaltung und die Programmierung zuständig.

Alles im Blick

Die Schließberechtigungen werden von den drei Verantwortlichen der Museumsleitung vergeben oder wieder entzogen. Für besonders sensible Bereiche – den Depots – ist es in Einzelfällen sogar so geregelt, dass beispielsweise Praktikanten oder Zeitmitarbeiter nur gemeinsam mit dem jeweiligen Vorgesetzten Zugang zu den Räumlichkeiten haben. „Hier werden klar die Vorteile der Elektronik deutlich, denn solch eine flexible Organisation wäre mit einer mechanischen Schließanlage einfach nicht möglich“, weiß Dr. Kerner.

Die externen Reinigungskräfte kommen immer früh morgens ins Museum. All diese Personen sind namentlich registriert, sodass auch hier eine lückenlose Kontrolle gewährleistet ist. Handwerker und Spediteure beispielsweise erhalten für die Dauer ihres Aufenthaltes im Museum einen Ausweis, den sie sichtbar tragen müssen und der sie identifiziert. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die externen Kräfte mehrere Tage im Museum arbeiten müssen. Einen Transponder zum Öffnen von Türen erhalten sie nicht, vielmehr begleitet sie immer der jeweils zuständige Museumsbedienstete dorthin, wo sie gerade zu tun haben.

Ganz wichtig ist es aus Sicht von Dr. Kerner, die Bediensteten so zu sensibilisieren, dass sie immer darauf achten, ob nicht irgendwo jemand „spioniert“. „In den mehr als fünf Jahren seit der Eröffnung sind wir immer besser geworden, was die Sicherheit anbelangt. Es ist weder eingebrochen worden, noch wurden Exponate gestohlen, sodass ich denke, unser Sicherheitskonzept ist aufgegangen“, berichtet Dr. Kerner nicht ganz ohne Stolz.

Starke Entrauchung

Auch der Brandschutz ist natürlich ein wesentlicher Bestandteil des Sicherheitskonzepts. Beim Umbau wurden das Gebäude und alle Türen so ausgelegt, dass überall ein F90-Standard erreicht wird. In einigen Fluren und Räumen sind vorgeflutete Sprinkler installiert. Ausgespart wurden allerdings die Museumsräume mit den Exponaten, da Wasser hier eine zerstörende Wirkung hätte. Hier setzt man auf eine starke Entrauchungsanlage, die sofort nach einer Brand- oder Rauchmeldung reagiert. Das gesamte Brandkonzept des Ruhr Museums wurde von Brandschutzexperten zusammen mit der Feuerwehr geplant.

Für den Ernstfall gerüstet

Entscheidend ist, dass im Falle eines Brandes die Fluchtwege immer erreicht werden können und sich das Gebäude umgehend evakuieren lässt. „Alle unsere Bediensteten sind entsprechend geschult und wissen, was sie im Falle eines Falles zu tun haben. Regelmäßige Übungen unterstützen dies. Dass im Brandfall alle richtig reagieren, zeigten auch drei Fehlalarme, die wir in der Vergangenheit hatten. Das Gebäude wurde jeweils wie vorgesehen komplett geräumt. Natürlich ist solch ein Fehlalarm ärgerlich, aber er zeigt uns, dass wir für den Ernstfall gerüstet sind. Und solange wir nicht in Routinen verfallen, sehe ich keine Gefahr“, so Dr. Kerner abschließend.

Matthias Fischer

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