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Auf Tuchfühlung mit Endkunden?

Vertriebswege und Marketing müssen auch im Sicherheitsmarkt stetig angepasst und optimiert werden – Einflüsse aus anderen Branchen sind nicht zu leugnen. Inwieweit Hersteller heute direkt Endkunden ansprechen, und welche Auswirkungen das auf Distributoren und Errichter haben kann, war Thema beim PROTECTOR & WIK-Forum Videosicherheit 2016.

Der Videomarkt in Deutschland ist traditionell heterogen, die Teilnehmer sind vielschichtig. So haben sich über die Zeit unter-schiedlichste Vertriebsmodelle und -ketten ausgebildet. Einige davon geraten jedoch zunehmend unter Druck: durch Preisverfall, Konkurrenzdruck sowie Einflüsse aus IT und Unterhaltungsindustrie. Hersteller sehen sich gezwungen, mehr und mehr Endkundenmarketing zu betreiben, während mancher Distributor und Integrator schon um die eigene Marge bangt. Ganz so düster, wie einige die Situation ausmalen, ist sie in der Praxis wohl nicht. Und so eröffnete Moderator Dirk Ostermann die Diskussionsrunde mit einer Frage nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge: „Herrscht ein Trend vor, sich in der Videosparte von B2B zu B2C zu verlagern? Suchen Hersteller vermehrt den Endkundenkontakt? Und wenn ja, betrifft das nur das Marketing oder verkauft man künftig auch direkt an Endanwender?“

Status quo

Es kommt genau auf den beabsichtigten Zweck des Kontakts an, findet Arndt Badstieber von Hikvision: „Natürlich sucht ein Hersteller den Kontakt zum Endkunden, schon allein um Feedback aufzunehmen, wie man Produkte weiter verbessern kann. Darüber hinaus kann man natürlich auch unterstützend einwirken, um dem Errichter das Geschäft zu erleichtern.“

Christian Wimmer von Abus Security-Center bestätigt: „Wir betreuen in erster Linie unsere Facherrichter und Partner, haben aber genauso auch zu den Endkunden Kontakt. Denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass Endkunden dem Hersteller gegenüber etwas offener sind, was ihre Bedürfnisse angeht. Es spricht also nichts dagegen, sich zusammenzusetzen, um eine optimale Lösung für den Kunden zu kreieren.“

Wilfried Joswig, Geschäftsführer, VfS – Verband für Sicherheitstechnik e.V.
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Dirk Ostermann, Moderator des PROTECTOR & WIK-Forums

Letzteres hält auch Andreas Winkler einen guten Ansatz: „Für uns als Distributor ist es eher förderlich, wenn der Hersteller den Kunden informiert und umgekehrt. Das ist einerseits bei der Weiterentwicklung der Produkte hilfreich, und andererseits weiß der Hersteller im Detail über die Produkte Bescheid. Er kann damit Aussagen treffen, welches Produkt das beste für eine bestimmte Anwendung wäre, was letztlich allen Beteiligten nützt.“

Oliver Kopp von Axis kann daran ebenfalls nur Gutes finden: „Wir sprechen seit einigen Jahren auch direkt mit Endkunden, um die Kundenwünsche und Bedürfnisse aus erster Hand zu erfahren. Dieses wertvolle Feedback lassen wir natürlich in unsere Produktentwicklung einfließen. Es geht uns außerdem darum, die Sprache des Kunden zu sprechen, um so seine Bedürfnisse und Herausforderungen besser verstehen zu können. Wir stehen aber natürlich zu 100 Prozent zu unserem indirekten Vertriebsmodell und verkaufen ausschließlich über unsere Distributoren und Vertriebspartner.“

Marketing oder Direktvertrieb?

Informationsaustausch und Beratung findet also durchaus direkt zwischen Hersteller und Kunden statt, während man dem Direktgeschäft mit dem Endkunden eher noch skeptisch gegenübersteht.

Dabei ist es keine rein idealistische Entscheidung, wie Volkhard Delfs von Panasonic zu bedenken gibt, es ist auch ein Resultat der Art und Weise, wie sich Anbieter im Sicherheitsmarkt aufgestellt haben: „Die allermeisten Hersteller im Videomarkt haben gar nicht die Manpower, um Projekte selber umzusetzen, zumindest nicht ohne die Unterstützung von Integratoren und Errichtern. Denn das wäre ja die Konsequenz einer direkten Ansprache des Endanwenders. Allein die Produkte zu verkaufen, ohne Service zu bieten, das funktioniert im komplexen Projektgeschäft nicht.“

Ähnlich sieht es Katharina Geutebrück von der Geutebrück GmbH: „Wir reden ja nicht über einzelne Produkte, die man an den Mann bringen will, sondern über ein konkretes Problem des Kunden, das wir lösen wollen. Dazu brauchen wir einen Partner im Boot, denn wir werden Systeme nicht selbst installieren und warten. Für uns ist es zwar sehr wichtig, den Kontakt zum Kunden zu haben, um unsere Lösungen weiterzuentwickeln, aber wir verkaufen nicht direkt an den Endkunden.“ Markus Groben von Groben Ingenieure bringt es auf den Punkt: „Ein gut informierter Kunde war noch nie ein schlechter Kunde. Es erleichtert uns das Geschäft, wenn der Anwender ein gewisses Maß an Know-how hat und einen Überblick gewinnt, was möglich ist und was vielleicht auch nicht.“

Stefan Bauböck von Sony sieht sogar eine grundlegende Notwendigkeit, den Endanwender anzusprechen: „Ich halte es für völlig legitim, wenn Hersteller versuchen, direkt mit dem Endkunden in Kontakt zu treten. Man versucht so das Interesse für das eigene Produkt zu wecken, was am Ende auch den eigenen Errichtern hilft.“

Gemähte Wiesen

Damit wird eine Zwischenstufe angedeutet, die zwischen reinem Informationsaustausch und Verkauf liegt, das Stichwort lautet hier Business Development. Hersteller betreiben mit eigenen Mitarbeitern Marktvorbereitung und -erschließung, um im Nachgang zusammen mit Partnern leichter Geschäfte zu machen.

Michaela Höllering von Allnet skizziert das Konzept: „Ein Business Development Manager ist kein Verkäufer im eigentlichen Sinne. Er geht normal nicht zum Endkunden und diskutiert über eine konkrete Lösung, sondern er schafft neue Möglichkeiten für künftige Geschäfte. Wenn der Hersteller es richtig angeht, nimmt er den Partnern damit die Arbeit ab, neue Bereiche zu akquirieren. Er schafft Leads, die vom Integrator oder Wiederverkäufer in der Folge einfacher bearbeitet werden können. Vielleicht erschließt er so auch ganz neue Märkte für die Videotechnik.“

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