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Wenn Video mehr Wert ist

Videosysteme dienen heute nicht mehr ausschließlich der reinen Sicherheitsanwendung, sie werden immer häufiger auch zur Prozessoptimierung, für Marketingzwecke oder für andere betriebliche Mehrwerte genutzt. Wann sich ein solcher Einsatz lohnt, welche Möglichkeiten es gibt und wo Schwierigkeiten auftreten können, war Thema beim PROTECTOR & WIK-Forum Videosicherheit 2016.

Klassische Videoanlagen hatten seit jeher das Problem, dass sie zwar Kosten verursachen, jedoch den von vielen Unternehmen gern gesehenen Return on Investment kaum bieten konnten. Das erschwerte stets die Argumentation in der Beratung für ein neues Videosystem. Kunden blenden drohende Gefahren oft aus und sind der Meinung: Sicherheit rentiert sich nicht – zumindest im kaufmännischen Sinne. Auch wenn man über diese Haltung trefflich streiten kann, so muss man doch mit ihr umgehen – oder eben das Angebot anpassen. Die geschieht heute vielfach dadurch, dass man der Videoanlage mehrere, auch nicht sicherheitsbezogene, Zwecke zuordnet, die klare finanzielle Vorteile und sogar Einsparungen bringen können.

Und so will Moderator Dirk Ostermann von den anwesenden Experten gleich beim Einstieg ins Thema wissen: „Wie kann Video neben der Schutzfunktion noch andere Aufgaben erfüllen und welche sind für die diversen Kundengruppen relevant? Lässt sich solch ein Mehrwert leichter vermarkten als eine herkömmliche Video-Anwendung, die in der Vergangenheit immer nur als Kostenfaktor gesehen wurde?“

Christof Knobloch von Euromicron findet: „Die Herausforderung am Markt ist, dass sich der Mehrwert Sicherheit von Videotechnik oft nicht unmittelbar in einem Geldbetrag ausdrücken lässt. Erst mit Eintritt eines Schadenfalls kann man dies monetär beziffern. Stellt man jedoch den Mehrwert einer Videoanlage abseits der reinen Security-Anwendung ebenso in den Vordergrund, erkennt der Kunde den Gesamt-Nutzen besser und kann kalkulatorisch seinen Investitionen einen messbaren Nutzen gegenüberstellen.“

Paradebeispiel Marketing

Für Guido Nehren von Kiwisecurity ist das eine logische Entwicklung: „Heute kann man zahlreiche Zusatzfunktionen in Videosysteme integrieren – ganz einfach, weil die Komponenten immer leistungsfähiger werden. Wir haben beispielsweise spezielle Funktionen implementiert, die bei Wind und schlechtem Wetter Kamerabewegungen ausgleichen und das Bild stabilisieren.“

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Walter Wilke, Geschäftsführer, Kraiss & Wilke Security Consult GmbH
Christian Ringler, Director, Southern Europe & DACH, Milestone Systems A/S
Stephan Roth, Produktmanager Software und Video, PCS Systemtechnik GmbH

Stephan Roth von PCS ist ebenfalls überzeugt: „Wenn man mehr Leistung in die Kameras bringt, so dass dort Intelligenz und Zusatzfunktionen verfügbar werden, dann ist die Kamera nicht mehr nur ein Kostenfaktor, sondern kann einen echten Mehrwert bieten. Sie übernimmt Analysefunktionen und kann zur Prozessoptimierung eingesetzt werden. Das ist das Schöne daran: Man muss sich nicht mehr nur über Sicherheit Gedanken machen, sondern kann mit den Kunden über seine Prozesse reden.“

Ein Paradebeispiel für Mehrwerte führt Oliver Nachtigal von Digivod an: „Am bekanntesten sind wahrscheinlich die Funktionen für den Einzelhandel. Gerade im Retailbereich setzt man verstärkt auf videogestütztes Marketing, wie etwa Zähl-Funktionen, Analyse von Kundenströmen, Heatmaps und dergleichen. Der Nutzer erhält handfeste Informationen, wie viele Kunden einen Laden betreten, an welchen Regalen sie sich aufhalten, welche Waren gut positioniert sind und vieles mehr. Das sind wertvolle Daten, um die Geschäftsaufteilung und die angebotene Produktpalette zu optimieren.“

Dass dies gern genutzt wird, bestätigt Erik Mosler von Ingram Micro: „Die Akzeptanz im Handel ist sehr hoch was den Einsatz von Videoanlagen angeht. Man sucht hier nach weiteren innovativen Möglichkeiten, das Geschäft zu optimieren. Der Einzelhandel ist damit ein ideales Beispiel, dass die IP-basierte Videoüberwachung mit nahtlos integrierter Videoanalyse dem Anwender eine völlig neue Nutzendimension schafft. Denn damit lassen sich ganz neue, spannende Fragen beantworten, beispielsweise: Wie viele Kunden befinden sich wo im Geschäft? Welcher Altersgruppe und welchem Geschlecht gehören diese Kunden an? Und wie hoch sind die Conversion Rates – also die Umsatz- oder Umwandlungsrate – der verschiedenen Zielgruppen?“

Optimierungspotenziale

Auch abseits der Anwendung im Einzelhandel gibt es potenziell viele Szenarien, in denen Videotechnik in Verbindung mit anderen Systemen zu einem Mehrwert beitragen kann.

Martin Scherrer von Siemens beschreibt seinen Ansatz: „Wir müssen uns bei jedem Projekt überlegen, wie wir vorhandene und neue Technik am besten einsetzen können. Nehmen wir beispielsweise Brandmelder, die mit ihrem integrierten Temperaturfühler auch für die Gebäudeautomatisierung gut nutzbar wären. Eine Überwachungskamera können wir ebenfalls nutzen, um Abläufe effizienter zu machen, etwa, indem wir mit ihrer Hilfe prüfen, ob der Besprechungsraum belegt ist oder nicht. Oder wir gehen noch weiter und analysieren damit, wie viele Personen sich darin befinden, um die Lüftung und Klimaanlage entsprechend anzusteuern. Da schlummert großes Potenzial, jedoch braucht es geeignete Schnittstellen und Konnektivität, um die einzelnen Informationen vernünftig zusammenzubringen.“

Torsten Anstädt von Aasset Security denkt ähnlich: „Wir müssen mehr in Richtung Prozessoptimierung gehen, denn hier gibt es ganz wunderbare Anwendungen – nicht nur, aber auch mit Videoanalyse. Es gibt in den Unternehmen heute viele Sensoriken, die sich in Verbindung mit Videokameras nutzen lassen – darunter Brandmelder, Temperaturfühler, Bewegungsmelder, Luxmeter und vieles mehr. Mit der geeigneten übergeordneten Software lässt sich diese Sensor intelligent verknüpfen und hier einiges an Mehrwert generieren.“

Auch Nick D‘hoedt unterstreicht die Vorzüge: „Wenn wir die Videotechnik als Teil der Sensorik begreifen, dann können wir auch in das Gebäudemanagementsystem eingreifen, um etwa die Beleuchtung zu steuern. Klassischerweise wurde Video immer mit Überwachung und Sicherheit gleichgesetzt, wohingegen das Gebäudemanagement ein ganz anderes Segment war. Nun wachsen die beiden Systeme immer mehr zusammen, was zusätzlichen Nutzen bringt.“

Das kann auch vorteilhaft in Sachen Investitionen sein, meint Niklas Poll von Synology: „Ein wirklich cleverer Ansatz ist es, wenn man mit der existierenden Videotechnik arbeiten kann und so die Investitionen des Kunden schützt. Bestehende Systeme werden vernetzt und per Software intelligent zusammengebracht. So lässt sich durch ein Update von Bestandsanlagen ein konkreter Mehrwert schaffen.“

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