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Gut Püriert

Das Gespräch am Nebentisch war unüberhörbar. Der Kellner fragte höflich: „Haben Sie schon gewählt?“ Mit nuscheliger Stimme der Gast: „Ich hätte gern ein Glas Cabernet Sauvignon und das Rumpsteak.“ „Sehr gern, wie darf ich Ihnen das Steak bringen?“ „Medium bitte und gut püriert.“

Der Kellner irritiert: „Püriert? Püriert geht nicht.“ Nach kurzem Überlegen: „Dann bringen Sie mir Tatar mit Spiegelei.“ Der Gast lächelte und zeigt dabei sein lückenhaftes Gebiss. „Sehr gern“, stammelte der Kellner und ging. Was lernen wir daraus? Wer ein Steak besiegen will, braucht eine scharfes Messer und gute Zähne und wer das nicht hat, kann umbestellen. Hinsichtlich realer Bedrohungen geht das nicht so einfach, man muss sich ihnen stellen.

Wirkungsvolle Instrumente

Wer Bedrohungen begegnen will, muss wissen welche Risiken damit verbunden sind, und wie eine wirkungsvolle Sicherheitsarchitektur auszusehen hat. Schutzziel, Bedrohung und Risiko müssen realistisch bewertet werden. Seit den Anschlägen in Paris und Brüssel wird das Thema „Terror“ wieder besonders gut püriert in den Medien diskutiert. Auf Tagungen und Treffen der Sicherheitsexperten sind „Terror“, aber besonders auch „Cybercrime“ Themen der Zeit.

Bei Nachfragen wird allerdings klargestellt: Nach derzeitigen Erkenntnissen besteht keine unmittelbare Terrorgefahr für deutsche Unternehmen. Ausgenommen sind natürlich kritische Infrastrukturen wie Flughäfen. Beachtenswert ist dabei, dass deutsche Flughafenbetreiber keinen besonderen Anlass für verschärfte Sicherheitsvorkehrungen sehen. Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Ralph Beisel, äußerte sich jüngst: „Ich warne vor blindem Aktionismus. Jedes Mal nach einem Anschlag fordern Politiker mehr Personal, bessere Überwachung und neue Sicherheitsschranken. Dabei sind die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend“.

Nüchtern und realitätsnah

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Die Zeitung „Die Welt“ kann es nicht lassen. Sie titelt am 24.02.2016 online: „Wie Konzerne gegen den Terror aufrüsten“. Es heißt in einem Zitat unter anderem: „Praktisch alle Konzerne würden derzeit das Krisenmanagement und die Notfallpläne überarbeiten“. Das ist richtig. Weiter wird zitiert: „Durch die Anschläge der Rote Armee Fraktion in den Siebziger Jahren gibt es bei der Terrorismusprävention bereits ein relativ hohes Sicherheitsniveau im Inland.“ Da ist allerdings Skepsis angesagt.

Zweifellos ist es richtig, deutsche Unternehmen machen sich hinsichtlich der Bedrohungen durch Terror große Sorgen. Darauf bezogene Konzepte beziehen sich allerdings mehr auf den Notfall „Was ist, wenn“ und weniger auf geeignete Präventionen. Natürlich ist jedem bewusst, dass ein mit Sprengstoff vollgeladener Kleinlaster in der Innenstadt von Frankfurt eine verheerende Wirkung hätte. Aber auch, dass derartige Anschläge durch die Unternehmen nicht zu verhindern sind. Unterschiedliche Sprengwirkungen und fehlende Entdeckungsmöglichkeiten wird ergeben: Wirkungsvolle Präventivmaßnahmen sind nicht möglich!

Realitätsnah sollte der Fokus auf tatsächliche Bedrohungen ausgerichtet werden. Entgegen Terror sind Bedrohungen durch Cybercrime sehr realitätsnah. Angriffe geschehen täglich und tausendfach. Die Schäden sind erheblich und die Dunkelziffer ist es auch. Für große wie für mittelständische Unternehmen gilt: Bedrohungen durch Cybercrime müssen in Risikobetrachtungen konstant einfließen und Schutzmaßnahmen sind ein absolutes Muss.

Das Alte wird nie alt

Auch nach Zeiten des RAF-Terrors und bevor der internationale Terror direkt vor unserer Haustür stand, wurden Bedrohungen wie Sprengstoffanschlag oder Beschuss unter anderem bei Planungen einzelner Frankfurter Hochhäuser berücksichtigt. Großbanken, internationale Mieter, oder die ECB, jeder konnte sehr schnell in den Fokus des internationalen Terrors geraten. Gerade das Szenario „Kleinlaster mit Sprengstoff hält vor dem Gebäude“ wurde bewertet. Die einzig wirklich wirksame Maßnahme „Wir bauen das Hochhaus unter die Erde“ wurde verständlicherweise schnell verworfen. Andere Maßnahmen, noch so gut püriert und garniert, scheiterten an der Eintretenswahrscheinlichkeit, der Machbarkeit und den Kosten. Signifikant ist: Einer aktuellen Umfrage zufolge sehen Unternehmen das größte Risiko nach wie vor in der Betriebsunterbrechung und nicht im Terror. Das Alte wird eben nie alt.

Ach ja: Dem Gast von nebenan hat das Tatar ganz gut geschmeckt. Mit gefällt allerdings der Gedanke, er würde mit seiner Versicherung reden, zusätzlich etwas Geld in die Hand nehmen und seine Zähne machen lassen. Dann wäre das Steak auch keine Bedrohung mehr.

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