Direkt zum Inhalt
Editorial 3. August 2016

Wer, wie, was?

Berlin führt zum 1. Januar 2017 als letztes Bundesland die Rauchwarnmelderpflicht ein. Damit sind die lebensrettenden Melder dann flächendeckend in ganz Deutschland vorgeschrieben. Also endlich klare Verhältnisse?

Andreas Albrecht, Chefredakteur.
Andreas Albrecht, Chefredakteur.

Weit gefehlt, denn dass die Verpflichtung zur Installation nun überall gilt, bedeutet keineswegs, dass sie in allen Bundesländern einheitlich geregelt wäre. Vielmehr gibt es teilweise stark voneinander abweichende Vorschriften. Während die Pflicht in einigen Ländern für Neu- und Bestandsgebäude gilt, betrifft sie in anderen Ländern lediglich Neubauten. Während es in manchen Teilen Deutschlands genügt, ein Zimmer pro Wohnung mit einem Melder auszustatten, wird in anderen Gebieten die Anbringung in mehreren Zimmern verlangt.

Und während bei Mietwohnungen in den meisten Bundesländern die Vermieter für den Einbau, aber die „unmittelbaren Besitzer“, also die Mieter, dafür zuständig sind, was im Paragraphendeutsch die „Sicherstellung der Betriebsbereitschaft“ heißt, sind in anderen Bundeländern für beides die Vermieter verantwortlich – und in wieder anderen die Mieter. Da kann man schon mal durcheinanderkommen, wer jetzt eigentlich genau was tun soll. Föderalismus hat in einigen politischen Bereichen sicher seine Vorteile, beim Thema Rauchwarnmelderpflicht fällt es aber eher schwer, einen Sinn darin zu erkennen, Ausgestaltung und Umsetzung zur Ländersache gemacht zu haben. Der lebensrettende Nutzen von Rauchwarnmeldern ist längst erwiesen. So zeigen Statistiken, dass die Zahl der Todesfälle durch Wohnungsbrände in all jenen Bundesländern gesunken ist, in denen eine Rauchwarnmelderpflicht seit längerem eingeführt wurde.

Noch deutlicher zeigt sich der positive Effekt in den USA, wo die einzelnen Bundesstaaten bereits in den 70er Jahren die Installationspflicht eigeführt haben. Nach einer Langzeitstudie halbierte sich dort seitdem die Zahl der Todesopfer durch Haus- und Wohnungsbrände. Es gäbe also genug Gründe, eine bundesweite, einheitliche Regelung zur Rauchwarnmelderpflicht einzuführen. Auch gesetzlich vorgeschriebene Qualitätsstandards, auf die nicht nur viele Hersteller zu Recht seit langem drängen, etwa zu einer garantierten Mindestlaufzeit für Batterien, würden helfen, den Nutzen von Rauchwarnmeldern weiter zu erhöhen. So könnte aus Nutzersicht auch endlich ausgeschlossen werden, dass die kleinen Lebensretter kurz nach ihrer Anbringung mitten in der Nacht zu kleinen piependen Quälgeistern werden, die penetrant nach einem Batteriewechsel verlangen und die um ihre Nachtruhe Beraubten dazu veranlassen, sie gleich wieder von der Decke zu holen und sie bis auf weiteres in die Ecke zu werfen.

Andreas Albrecht

Passend zu diesem Artikel