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ASW NRW 15. September 2016

Sicherheitstag zum Thema Zuwanderung

„Zuwanderung - Chancen und Herausforderungen für die Sicherheit in der deutschen Wirtschaft“ - unter diesem Motto lud der ASW Nordrhein-Westfalen zum alljährlichen Sicherheitstag in den Signal Iduna Park von Dortmund ein.

Die Referenten des Sicherheitstages.
Die Referenten des Sicherheitstages.

Gefolgt waren dieser Einladung ungefähr 60 Vertreter aus Wirtschaft, Behörden, Politik und Presse. Volker Wagner, der Vorstandsvorsitzende des ASW Bundes-verbands, führte launig und durch das Fußballambiente motiviert durch den informativen Tag.

Florian Haacke, Vorsitzender der ASW NRW, begrüßte zunächst die Anwesenden erstmals unter dem neuen Verbandsnamen und begründete die Entscheidung der Umbenennung. Dies sei ein erster Schritt in Richtung „Stärken bündeln“, man zeige dadurch die Zusammengehörigkeit des ASW Bundesverbandes und der regionalen Sicherheitsverbände.

Die Themen Terrorismus, Extremismus und Zuwanderung bewegten die Gesellschaft in Deutschland laut Haacke sehr – und polarisierten gleichzeitig. Die folgenden Referate und Diskussionen sollten nun beleuchten, welche Auswirkungen diese Themen auf die deutsche Wirtschaft hätten.

Ltd. Ministerialrat Uwe Reichel-Offermann vom Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen überbrachte zunächst die Grußworte des Innenministers, der wie gewohnt der Schirmherr des Sicherheitstages war.

Zunächst skizzierte er die Gefährdungslage in Europa. Über die Flüchtlingsrouten seien auch Islamisten eingereist, da die Einreise in den Schengen-Raum vor einem Jahr noch einfach möglich gewesen sei; aktuell sei dies nicht mehr der Fall.

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Der IS werde derzeit häufig militärisch in den Krisengebieten zurückgedrängt, daher habe er seine Taktik geändert. Über soziale Medien würden Sympathisanten angesprochen. Besonders anfällig für diese Form der Propaganda seien zunehmend Kinder, Jugendliche und Frauen. An eine Einschränkung des Internet und er sozialen Medien sei in einer freien Gesellschaft nicht zu denken, allerdings gelte es, den Resonanzraum besser zu beobachten.

Besondere Gefahr gehe von Ausreisenden und Rückkehrern aus Krisengebieten aus. Dabei handle es sich häufig um „home grown“ Personen, also solche, die in Deutschland aufgewachsen seien. Außerdem sei eine „asymmetrische Strategie“ zu beobachten: Der Jihad werde individualisiert, „weiche“ Ziele würden ausgewählt - immer mit der Absicht, mediale Aufmerksamkeit zu erringen.

Der Salafismus sei inzwischen zu einer hochprofessionellen Jugendkultur geworden, so Reichel-Offermann weiter. Die Anwerbung Freiwilliger erfolge oft auch in Flüchtlingsunterkünften. Dort gebe es allerdings eine breite Aufklärungskampagne für die Mitarbeiter solcher Einrichtungen, um für die Thematik sensibilisiert zu werden und verdächtige Personen an die entsprechenden Behörden zu melden.

Schließlich skizzierte Reichel-Offermann die aktuelle Lage des Rechtsextremismus. Hier falle auf, dass die meisten Straftaten wie beispielsweise Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte nicht durch organisierte Rechtsradikale erfolgten, sondern unorganisiert aus der Nachbarschaft kämen.

Bei den Linksextremen richteten sich die Übergriffe meist gegen AfD-Anhänger oder die Polizei. Auch der Antisemitismus nehme zu. Er sei bei Flüchtlingen weit verbreitet, was meist an der politischen Haltung in den Herkunftsländern liege. Auch hier gebe es eine intensive Aufklärungsarbeit und Beratungsstellen für die Mitarbeiter vor Ort.

Der sicherheitspolitischen Dimension der Migrationskrise widmete sich PD Dr. habil. Markus Kaim von der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er definierte zunächst die Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten.

Politische Instabilität, mangelnde Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit in den Herkunftsländern seien meist ausschlaggebend dafür, dass Migranten ihre Heimat verließen. Diese Parameter seien von Europa kaum zu beeinflussen. Sicherheitspolitisch seien die Folgen der Migration noch nicht absehbar. Seine Fazit: Die EU sei stärker gefordert, da der Migrationsdruck weiter anhalten werde.

Von seinen Erfahrungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise in Norddeutschland berichtete Günter Krebs von der Projektleistungen Paus-Krebs GmbH. Die Bürgerbeteiligung vor Ort sei sehr hoch. Schwierig sei allerdings häufig die Unterbringungsfrage, da die Verwaltung oft sehr unbeweglich sei.

Dazu kämen viele Probleme, die schon vorher in den Kommunen vorhanden gewesen seien wie beispielsweise schlechter ÖPNV oder Ärzteversorgung. Sein Appell an die Verantwortlichen: Bürgerverträge schließen, in dem genau festgelegt wird, was man wie verbessern will.

Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft (BDSW), schloss sich mit seinem Referat „Chancen und Herausforderungen aus Sicht der Sicherheitswirtschaft“ an. Auch aufgrund negativer Vorkommnisse hat der Verband ein Positionspapier zur Sicherung von Flüchtlingsheimen vorgelegt.

Besonders wichtig sei die Ausschreibung und die Erstellung des genauen Sicherheitskonzeptes: Was ist zu bewachen? Wie viel Personal ist vorzuhalten? Wie müssen Führungskräfte und Mitarbeiter qualifiziert sein? Die Zuverlässigkeitsprüfung müsse erfolgen, die Entlohnung festgelegt sein.

Problematisch sei bisher gewesen, dass für solche Aufträge häufig Subunternehmen hinzugezogen worden seien. Deren Qualifikation und Zuverlässigkeit habe der Kunde dann nicht mehr überprüft. Künftig soll es daher besser Bietergemeinschaften geben, was transparenter sei.

Obwohl bei den Sicherheitsdienstleistern schon viele Mitarbeiter mit ausländischen Wurzeln tätig seien, sei eine Beschäftigung von Flüchtlingen oder Migranten allerdings nicht so einfach. Deren Zuverlässigkeit müsse überprüft werden, das Unterrichtungsverfahren könne wegen der Sprachbarriere meist nicht absolviert werden.

Derzeit würde von Bund und Ländern eine Verschärfung des § 34a (Gewerberecht) diskutiert. Dazu gehöre die regelmäßige Überprüfung von Geschäftsführern und Mitarbeitern und Abfragen bei Polizei und Verfassungsschutz.

Guido Mandorf, Schulleiter des Siemens Berufskollegs, schilderte seine Erfahrungen bei der Ausbildung von Flüchtlingen. Siemens habe zunächst möglichen Interessenten Praktika angeboten; danach wurden Förderklassen mit 16-18 Schülern eingerichtet, die einen intensiven Deutschunterricht genossen hätten.

Daneben wurde Basiskenntnisse in Elektrotechnik oder Mathe vermittelt. Problematisch sei hier, dass viele Flüchtlinge bisher keine Schule besucht hätten, auch Englisch sei als Fremdsprache nicht so weit verbreitet.

Die Notwendigkeit einer systematischen Einwanderungsproblematik stellt Dr. Joachim Stamp, MdL von der FDP-Landtagsfraktion in NRW, heraus. Er sprach sich für eine begrenzte Einwanderung aus.

Den Abschluss der Vorträge bildete Peter Andres von der Deutschen Lufthansa mit seinem Referat zum Krisenmanagement des Germanwings-Absturzes. In seinem Vortrag wurde deutlich, wie existenziell wichtig es für einen Krisenstab ist, bereits im Vorfeld das Undenkbare zu denken.

Denn die Ereignisse und Anforderungen, die nach einer solchen Katastrophe auf die Beteiligten einstürzen, sind nur dann zu bewältigen, wenn die Struktur geschaffen ist, viel Personal und auch finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und es eine Führung gibt, die auch unter Zeit- und Öffentlichkeitsdruck schnelle Entscheidungen fällen kann.

Im Anschluss bot sich allen Fußballinteressierten ein informativer Blick in das Stadion von Borussia Dortmund. ASL

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