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Smarte Überwachung

Das deutsche LTE-Netz wird dank steigender Bandbreiten für die Videoüberwachung zunehmend interessant. Dennoch sind praxistaugliche Anwendungen nicht ganz trivial, denn die meisten Tarife sind keine „echten“ Flatrates. Clevere Lösungen sind gefragt.

Mit steigenden Bandbreiten wird das LTE-Netz auch für die Videoüberwachung zunehmend interessant.
Mit steigenden Bandbreiten wird das LTE-Netz auch für die Videoüberwachung zunehmend interessant.

Sollen kleinere Filialen, abseits gelegene Lagerhallen oder Agrarbetriebe vollständig aus der Ferne videoüberwacht werden, scheitert dies oft an einem zu geringen Upstream des dortigen Internetanschlusses. IP-Kameras benötigen in 720p-Auflösung und einer Bildfrequenz von zwölf Bildern pro Sekunde eine Bandbreite von circa 3,3 Megabit, in 1080p sind es etwa 7,3 Megabit. Ein herkömmlicher ADSL-Anschluss liefert jedoch maximal ein Megabit Upstream und ist damit viel zu langsam. Selbst bei VDSL mit zehn Megabit Upstream würde fast die gesamte Bandbreite von einer einzigen Kamera belegt. Gleichzeitig sind teure SDSL-Anschlüsse meist unwirtschaftlich. Auf vielen Außenarealen oder bei mobilen Systemen (etwa in Fahrzeugen) ist oft gar kein Festnetzanschluss verfügbar.

Klassische Ansätze

Man hilft sich in der Praxis dadurch, dass für den Fernzugriff auf Livebilder ein zweiter, extrem komprimierter Videostream genutzt wird. Die Aufzeichnungen erfolgen jedoch immer in bester Qualität, sind also sehr datenintensiv. Muss man einem Vorfall aus der Ferne aufklären, ist die Bandbreite für eine vernünftige Recherche oft unzureichend. Eine Lösungsmöglichkeit wären Aufzeichnungssysteme, die bei der Recherche auch die Aufzeichnungen kleinrechnen. Solche Systeme sind jedoch vergleichsweise teuer und eignen sich nicht in jedem Setup.

LTE wäre schnell genug, aber hier ist das knappe Datenvolumen der Flaschenhals. Denn die Geschwindigkeit wird nach Verbrauch des Highspeed-Datenvolumens meist extrem gedrosselt. Die 1080p-Kamera aus dem Beispiel würde bei Daueraufzeichnung täglich etwa 80 Gigabyte „auffressen“. Erfolgt die Aufzeichnung dezentral in der Filiale, verbraucht jede Recherche zusätzliches Volumen. Da im Vorfeld kaum einzuschätzen ist, wie häufig recherchiert werden muss, das heißt, welches Datenvolumen tatsächlich benötigt wird, sind die Kosten völlig unkalkulierbar.

Intelligente Lösungen

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Der Grundgedanke ist simpel, dennoch bei vielen Systemen nicht vernünftig umzusetzen. Die Aufzeichnung in bester Qualität erfolgt in der Filiale. Ergänzend erfolgt im Headquarter eine zweite Aufzeichnung in extrem niedriger Qualität. Für eine Rund- um-die-Uhr-Übertragung von der Filiale ins Headquarter sind bei einer Bildauflösung von 320 mal 240 Pixeln und bei einem Bild pro Sekunde monatlich je Kamera nur circa 15 Gigabyte einzuplanen. Die übertragenen Aufzeichnungen erlauben meist die zeitliche Eingrenzung eines kritischen Ereignisses, ohne dass wertvolle Datenkontingente verschwendet werden.

Steht der Zeitpunkt eines Ereignisses fest, müssen in der Regel nur noch wenige Minuten hochauflösendes Videomaterial an das Headquarter übertragen werden, um es genauer zu analysieren und zu archivieren. Benötigt wird dazu ein geeigneter Mobilfunktarif. Die Datenkontingente klassischer Mobilfunktarife, gerade für Geschäftskunden, sind meist zu klein. Für viele Anwendungen interessant sind jedoch ortsgebundene Mobilfunktarife, die als Festnetzersatz vermarktet werden. Sie sind an eine bestimmte Adresse gebunden und eignen sich damit zur Anbindung von Filialgeschäften, Außenlagern, aber auch für andere, zumindest zeitweise stationäre Anwendungen, zum Beispiel auf Baustellen.

Die gültige Adresse lässt sich während der Vertragslaufzeit immer wieder aktualisieren, und meist sind in diesen Tarifen bereits 30 Gigabyte enthalten. Weitere Pakete können dazu gebucht werden. Für deutlich unter 100 Euro pro Mona ist also ein sehr schneller Anschluss mit praxistauglichem Datenvolumen verfügbar. SDSL oder echte LTE-Flatrates ohne begrenztes Highspeed-Kontingent sind deutlich teurer. Das gilt auch für sogenannte Machine-to-Maschine-Tarife (M2M). Damit sind die so angebundenen Geräte über eine öffentliche IP-Adresse erreichbar, was jedoch zum Teil eher ein Sicherheitsrisiko darstellt. Außerdem lässt sich der Fernzugriff eleganter lösen.

Router und Firewall

Benötigt wird für die Anlage ein Outdoor- LTE-Router. Denn wenn es um Außenareale oder Lagerflächen geht, kommt aufgrund der Umgebungsbedingungen nur ein robustes Outdoor-Modell in Betracht. Es ergibt aber generell Sinn, zumindest die LTE-Antenne im Außenbereich zu positionieren, um bauliche Störeinflüsse auf den Mobilfunkempfang zu minimieren. Outdoor-Router sind keine Massenware, die Preise entsprechend hoch. Es empfiehlt sich, genau zu vergleichen.

Die Geräte des Herstellers Mikrotik beispielsweise sind nicht nur erschwinglich, sondern auch äußerst robust, softwareseitig stabil und ermöglichen ein vernünftiges Monitoring, so dass die Verbindung zur Filiale nicht unbemerkt unterbrochen wird. Im Headquarter wird darüber hinaus eine VPN-Firewall benötigt. Ähnlich wie ein Außendienstmitarbeiter es mit seinem Firmenserver tut, baut der LTE-Router in der Filiale einen sicheren VPN-Tunnel zur Firmenzentrale auf. So werden die einzelnen Standorte vom Headquarter aus erreichbar. Die Konfiguration ist so auszulegen, dass VPN-Tunnel zu den Filialen aufrechterhalten beziehungsweise bei einer Unterbrechung von der Filiale aus automatisch neu initiiert werden.

Kamera und Speicher

Die Auswahl der Kamera ist immer von der jeweiligen Überwachungsaufgabe abhängig. Bei einer Mobilfunklösung sind jedoch weitere Kriterien zu berücksichtigen: Auflösung kostet Bandbreite und Datenkontingente. Die benötigte Detailtreue sollte lieber über eine fachgerechte Kameraposition erreicht werden. Ferner sollten die Kameras mehrere Videostreams parallel ausliefern können, einen für die Aufzeichnung in bester Qualität, weitere datenreduzierte Streams für die Remote- Aufzeichnung oder Liveansichten.

Axis bietet einige Kameras mit sogenannter Zipstream- Technologie an, die deutlich weniger Datenvolumen benötigen. Das ist gerade bei Mobilfunklösungen hilfreich. Ebenfalls interessant sind Kameras, die den Acap-Standard unterstützen. Für diese Kameras sind Videoanalyse-Plugins von Drittanbietern verfügbar, mit denen sich kritische Ereignisse deutlich exakter erfassen lassen als über klassische Videobewegungserkennung. Das reduziert den Rechercheaufwand und überflüssige Datenübertragungen. Für die Aufzeichnung in den Filialen bieten sich wartungsarme NVRs an. Entscheidend ist jedoch, dass sich der Status dieser Geräte fernüberwachen lässt.

Interessant ist hier beispielsweise das Sortiment von Synology, das von kleinen NVRs bis hin zu professionellen 19-Zoll-Geräten für den Einsatz im Cluster reicht. Synology bietet jedoch auch speziellere Geräte an, etwa lüfterlose Systeme ohne bewegliche Bauteile für den mobilen Einsatz in Fahrzeugen oder bei widriger Witterung. Allen Geräten gemeinsam ist die Möglichkeit, sie zentral zu verwalten, ihren Betriebsstatus zu überwachen sowie ein zentrales Rechtemanagement und Datenschutzkonzept zu implementieren.

Effektive Projektabwicklung

Die skizzierten Lösungen machen eine zentralisierte Videoüberwachung in Bereichen möglich, in denen dies bislang nicht denkbar war. Die Umsetzung erfordert dennoch viel Detailwissen, so dass etwaige Projekte gegebenenfalls gemeinsam mit externen Partnern realisiert werden sollten. Beispielsweise hat sich die Wilkon Systems GmbH & Co. KG auf mobilfunkgetriebene Videoüberwachung konzentriert und solche Projekte auch im internationalen Kontext erfolgreich umgesetzt. Wilkon liefert die benötigte Hardware, übernimmt die Integration in bestehende IT-Infrastrukturen und bietet auf Wunsch auch Video-Hosting-Lösungen. Die Aufschaltung der Filialen erfolgt dann in ein Hochsicherheitsrechenzentrum in Nürnberg. Die Kunden greifen per VPN und mit einer komfortablen Software auf ihre Videodaten zu. Dieser Service eignet sich sowohl für kleine Projekte als auch für große Installationen mit einer Vielzahl von Filialen.

Simon Pannarale, Leitung Unternehmensentwicklung, Wilkon Systems GmbH & Co. KG

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