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Sicherheitsdienstleister 17. November 2016

Alle Hürden gemeistert

Neben den 250.000 Polizeibeamten in Deutschland tragen mittlerweile ebenso viele private Sicherheitsmitarbeiter zur inneren Sicherheit in Deutschland bei. Die schnelle Integration von Flüchtlingen in die deutsche Arbeitswelt gewinnt angesichts des Fachkräftemangels auch für die Sicherheitswirtschaft immer mehr an Bedeutung.

Andreas Brink (rechts), Geschäftsführer der Westdeutscher Wachdienst GmbH & Co. KG/Vollmergruppe Dienstleistung, begrüßt den neuen Mitarbeiter.
Andreas Brink (rechts), Geschäftsführer der Westdeutscher Wachdienst GmbH & Co. KG/Vollmergruppe Dienstleistung, begrüßt den neuen Mitarbeiter.

Nicht erst seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise und der gestiegenen Terrorbedrohung boomt die Sicherheitswirtschaft in Deutschland. Gleichwohl steigt neben den Umsatzzahlen der Branche auch die Zahl der Sicherheits- unternehmen und sorgt somit für entsprechenden Wettbewerbsdruck. Noch vor wenigen Jahren hätte niemand den Begriff „Fachkräftemangel“ auch nur ansatzweise mit der der Sicherheitswirtschaft in Zusammenhang gebracht. Nun veröffentlichte die Bundesagentur für Arbeit im August 2016, dass derzeit über 12.000 Stellen in der Sicherheitswirtschaft nicht besetzt sind. Betrachtet man die aktuellen Zahlen der PKS – die Zahl der in Deutschland verübten Straftaten bewegt sich auf einem konstant hohen Niveau – und die allgemeine Bedrohungslage, ist das eine besorgniserregende Entwicklung. Die schnelle Integration von Flüchtlingen in die deutsche Arbeitswelt gewinnt daher auch für die Sicherheitswirtschaft immer mehr an Bedeutung.

Multikulturelles Personal

Die Vollmergruppe Dienstleistung hat dieser Entwicklung schon frühzeitig Rechnung getragen und gewährt einen Einblick in die vielfältigen Vorteile, aber auch Schwierigkeiten, die bei der Integration zu berücksichtigen sind. Schon seit vielen Jahren beschäftigt die Vollmergruppe Mitarbeiter mit Migrationshintergrund aus über 30 Nationen in allen Dienstleistungsbereichen. Die Vorteile dieser multikulturellen Zusammensetzung, wie zum Beispiel Fremdsprachenkenntnisse, Hintergrundwissen über Werte, Ethik, Religion und historisch bedingtes Konfliktpotential, sind in der globalisierten Gesellschaft unverzichtbar. Für die Sicherheitswirtschaft, besonders bei Personaleinsätzen im öffentlichen Raum (ÖPNV, Einkaufszentren, Veranstaltungen, Flüchtlingseinrichtungen), können die vorgenannten Kenntnisse vielfach deeskalierend eingesetzt werden.

So war es nur folgerichtig, dass nach ersten Sondierungsgs- esprächen mit dem Centermanager des Einkaufcenters Mercaden Dorsten, Bernard Banning, Ludger und Kristina Samson (private Flüchtlingsbetreuer) mit dem aus dem Irak geflüchteten ehemaligen Polizeioffizier Hussam Al-Hareezi im August 2016 ein sechswöchiger Praktikumsvertrag geschlossen wurde. Zuvor wagte die vierköpfige Familie Anfang Oktober 2015 die gefährliche Flucht aus der Heimat in eine unbekannte Zukunft in Europa, die Ende November 2015 mit der Registrierung durch deutsche Grenzbehörden endete. Über verschiedene Flüchtlingseinrichtungen kam die Familie schließlich nach Dorsten und erhielt im August 2016 die positive Entscheidung über den Asylantrag und somit die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme.

Sprachbarriere

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Das starke Engagement Al-Hareezis, die vorhandenen Sprachbarrieren durch die Teilnahme an Deutschkursen zu minimieren und die neuen Kenntnisse innerhalb des täglichen Familienlebens anzuwenden, half enorm, das wohl größte Integrationsproblem zu lösen. Ein weiterer Aspekt für die schnelle Integration war, statt Abschottung in der Flüchtlings-Community, die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in der neuen Heimat. Die daraus resultierenden enormen Lernfortschritte kombiniert mit dem vorhandenen Hintergrundwissen jahrelanger Polizeitätigkeit und dem unbändigen Wunsch, mit seiner Familie ein neues Leben in Deutschland zu beginnen, beeindruckten Kollegen, Vorgesetzte und auch den Auftraggeber derartig, dass im Anschluss an das Praktikum ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Dazu war jedoch zunächst die Bewilligung seines Asylantrags durch das Bundesamt für Integration und Flüchtlinge (BAMF) notwendig, um die erwünschte Arbeitsgenehmigung zu erhalten. In weiteren Gesprächen mit dem lokalen Jobcenter wurde die Bewilligung zur Förderung weiterer Schulungsmaßnahmen (IHK Unterrichtungsnachweis, Sachkundeprüfung) geregelt.

Administrative Hürden bewältigen

Die Kooperation der beiden privaten Flüchtlingsbetreuer und der Personalmanagerin der Vollmergruppe half, die vielen administrativen Hürden zu bewältigen. Fehlende Sprachkenntnisse sowohl auf Behördenseite als auch bei den zu integrierenden Flüchtlingen, schwer zu verstehende Ablaufprozedere unter anderem bei der Wohnungssuche, Förderungsmaßnahmen, Übersetzung von Dokumenten und ähnliches verschleppen leider die Integration und desillusionieren viele Antragssteller. „Die Flüchtlinge in die Sicherheitswirtschaft zu integrieren wird nicht nur für die Fort- und Weiterbildungseinrichtungen des Gewerbes, sondern auch für die organisatorischen Abteilungen in den Sicherheitsunternehmen eine Herkulesaufgabe, die enorm viel gegenseitiges Verständnis bedarf“, so Simone Hemmer, Geschäftsführerin der neu gegründeten Vollmer Akademie GmbH für Aus- und Weiterbildung.

Es gilt, den neuen Mitarbeitern unsere gesellschaftlichen Werte, die auf Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenwürde basieren, zu vermitteln. Dazu kommt im Sicherheitsgewerbe die Vermittlung von Grundlagen des deutschen Rechtssystems. Gerade letzteres ist für die zugewanderten Mitarbeiter teilweise schwer zu verstehen und nachzuvollziehen, da in ihrem originären Kulturkreis andere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen waren.

Sicherheitsüberprüfung absolvieren

Ein weiteres Hindernis bei der Einstellung von Mitarbeitern mit Flüchtlingshintergrund ist die Sicherheitsüberprüfung. Belegen doch schon die jüngst bekannt gewordenen Fälle von kriminellen Sicherheitsmitarbeitern die Notwendigkeit zur Neuregelung der gegenwärtigen Zuverlässigkeitsprüfung durch die Ordnungsbehörden. Sicherheitsunternehmen können derzeit von Bewerbern lediglich ein „polizeiliches Führungszeugnis“ verlangen. Dieses gibt jedoch lediglich beschränkt Auskunft über eventuelle juristische Verfehlungen des jeweiligen Bewerbers. In dem Führungszeugnis werden Straftaten erst ab einer bestimmten Mindeststrafe aufgeführt. Zudem sind Löschfristen zu berücksichtigen, die eine transparente Rückverfolgung früherer Straftaten verhindern.

Den Ordnungsbehörden fällt nun die Aufgabe zu, die Zuverlässigkeit der vom Sicherheitsunternehmen gemeldeten neuen Mitarbeiter in der Regel durch eine unbeschränkte Auskunft über das Bundeszentralregister zu überprüfen. Vergleichbare Auskünfte über das Vorleben der Mitarbeiter mit Flüchtlingshintergrund sind aus den instabilen und zum Teil von Bürgerkriegen erschütterten Herkunftsländern nur schwer zu erhalten. Die Integration der neuen Mitbürger in das Sicherheitsgewerbe bietet auf der einen Seite eine große Chance aus dem Dilemma des „Fachkräftemangels“, bleibt aber mittelfristig für alle involvierten Beteiligten eine erhebliche Herausforderung, die nur mit viel Dialogbereitschaft auf allen Ebenen gemeistert werden kann.

Westdeutscher Wachdienst GmbH & Co. KG, Vollmergruppe Dienstleistung

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