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Markt & Konjunktur 8. Juni 2017

Schlüssel F&E

Im sich immer dynamischer entwickelnden Markt der Sicherheitstechnik nimmt der Innovations- und Effizienzdruck auf die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen (F&E) der Unternehmen spürbar zu. Um die Performance der eigenen F&E nachhaltig zu steigern, ist eine mehrdimensionale Betrachtung anzulegen.

Bausteine des F&E-Audit von W&P zur Feststellung der F&E-Performance.
Bausteine des F&E-Audit von W&P zur Feststellung der F&E-Performance.

Neben den gesetzten Rahmenbedingung wie der zugrundeliegenden Strukturorganisation und den Prozessen, spielen vor allem die Strategieorientierung des Bereichs und die konsequente Verfolgung der Projekte eine entscheidende Rolle. Mit einem pragmatischen, aber systematischen F&E-Audit lässt sich Klarheit über die Leistungsreserven der Schlüsselressource F&E schaffen.

Der zunehmend internationale Wettbewerb bei größeren sicherheitstechnischen Projekten, die digitale Transformation und die immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen stellen für viele etablierte Player nie dagewesene Herausforderungen dar. Sie müssen in immer schnelleren Zyklen neue Technologien, Produkte und Leistungen bei einer parallel verlaufenden Individualisierung der Kundenwünsche bereitstellen können. Bei limitierten Finanz- und Knowhow-Ressourcen wird die Bewältigung dieser Herausforderungen zu einem Spagat für Forschung und Entwicklung.

Gerade für die produzierende Industrie der Sicherheitstechnik ist der F&E-Bereich zu einem Schlüsselfaktor geworden. Um der preisgünstigen asiatischen Konkurrenz auch in Zukunft erfolgreich zu begegnen, wählen viele Player eine zielgerichtete Differenzierungsstrategie. Diese zielt darauf ab, über technische Innovationen, zumindest aber technische Neuerungen, den Maßstab in der Branche vorzugeben. Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg dieser Strategie ist die F&E sowie der Performancelevel auf dem in diesem Schlüsselbereich gearbeitet wird.

Unternehmensspitze gefragt

Dabei liegt die Verantwortung für die Leistungsfähigkeit der eigenen F&E bei der Unternehmensspitze. Wirklicher Erfolg stellt sich nur dann ein, wenn der betreffende Führungskreis dem F&E-Bereich eine klare operative und strategische Richtung vorgibt. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Umsetzung beschlossener Projekte und die Maßnahmen zur weiteren Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens konsequent eingefordert werden. Die Professionalisierung des Projektmanagements ist dafür ein wichtiger Baustein, aber eben nicht mehr. Der Unternehmensführung muss es darüber hinaus gelingen, operative und auch strategische Ziele durch die Gestaltung entsprechender Strukturen und Prozesse zu verwirklichen.

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Im Zusammenhang mit der Steigerung der Innovationskraft sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Die Aktivitäten der F&E sind kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft sowie den Umsatz und die Ertragskraft des Unternehmens zu steigern. Daher sollte dieser Bereich konsequent an den übergeordneten strategischen Zielen ausgerichtet sein. Neben einer klaren Marktorientierung der Aktivitäten beziehungsweise Projekte zur Vermeidung von „German Overengineering“ spielt auch die aktive Beschäftigung mit den mittel- bis langfristigen technologischen Trends im Rahmen Trend-Scouting bezüglich Emerging Technologies eine wichtige Rolle.

Ebenso wichtig wird es, bislang branchenfremde „Schrittmacher-Technologien“ zu adaptieren. Denn nur wer diese beherrscht, wird die Branche auch weiterhin als Innovator dominieren können. Der Blick über den Zaun ist deshalb so wichtig, weil er erst echte Optionen für Innovationen schafft. Prominentes Beispiel: Mobiltelefone gibt es schon seit einigen Jahrzehnten. Erschöpfte sich der technologische Fortschritt zunächst in der zunehmenden Miniaturisierung der Produkte, hat erst die Kreuzung der Mobiltelefonie mit der Computertechnologie eine Innovation geschaffen. Fazit: Erst der „Technology Push“ schafft echte Innovationen.

Steht bei der Optimierung der F&E-Performance der operative Aspekt im Vordergrund, sollten die folgenden Punkte beachtet werden:

Die kontinuierliche Steigerung von Effizienz und Geschwindigkeit wird für die F&E zu einer Daueraufgabe werden. Insgesamt müssen die Bereiche auf eine höhere Geschwindigkeit der Märkte sowie eine aggressive Einstellung gegenüber Zeit- und Budgetvereinbarungen vorbereitet werden. Wichtig ist, nicht nur die Prozesse, sondern ebenso die Strukturen sowie die Schnittstellen zu den vorgelagerten und nachgelagerten Funktionen zielgerichtet zu optimieren. Viele Unternehmen haben ihren F&E-Bereich bisher „traditionell“ aufgestellt: Starre Strukturen gegliedert nach Produktlinien oder Technologien mit temporär verankerten Projektorganisationen. Geht es um die Aufgaben des Product Life Cycle- Management beziehungsweise um Produktvariationen, kann das durchaus der richtige Weg sein. Stehen hingegen echte Innovationen oder Produktneuerungen im Vordergrund, ist zu überlegen, ob agile Organisationsformen nicht die zielführendere Lösung darstellen. Fazit: Es gibt mehrere mögliche Organisationsformen, die für die Aufgabenstellung des Unternehmens maßgeschneidert sein sollten.

Starre „Stage-Gate-Prozesse“ sind folglich nicht immer das Maß der Dinge. Schnelle Innovationszyklen, neue Technologien und ein überholtes Gespür für Kundenbedürfnisse fordern Prozesse, die ihren Anforderungen gerecht werden. Für eine leistungsfähige, auf Effektivität und Effizienz ausgerichtete F&E ist sind sie entscheidend. Auch für die Prozesse gilt: Nicht das „entweder, oder“ zählt, das Nebeneinander verschiedener, auf die Situation zugeschnittener Lösungen ist essentiell. Ein Faktor ist allerdings für alle Prozesse unumstößlich: Die Konsequenz und Stringenz im Controlling der F&E-spezifischen Aktionen. Viele Unternehmen haben hier noch erhebliche Defizite.

F&E-Audit schafft Überblick

Effektives und effizientes F&E-Management bedeutet mehr als nur die termingerechte Bereitstellung neuer Produkte mit der gewünschten Funktionalität. Um die Potenziale eines leistungsfähigen F&E-Managements freizusetzen, sollten bei seiner Gestaltung systematisch alle operativen wie auch strategischen Parameter in ihrer ganzen Bandbreite einer abgestimmten Optimierung unterworfen werden. Gerade in der sich weiter wandelnden Sicherheitstechnik sollte die richtige Ausrichtung der F&E nicht unterschätzt werden, da dies der zentrale Hebel für die Abwehr von Wettbewerbern aus Billigllohnländern ist.

Dr. Peter Fey, Dr. Wieselhuber & Partner GmbH.

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