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Forum Zutrittskontrolle 24. Juli 2017

Guter Rat günstig

In Zutrittsprojekten zahlt es sich aus, genau auf die Wünsche der Anwender einzugehen. Dazu zählt nicht nur funktionale Technik, sondern auch eine umfassende Beratung und ein komfortables Bedienkonzept. Welche Anforderungen heute an integrationsfähige Zutrittsprojekte gestellt werden, war Thema am zweiten Tag des PROTECTOR & WIK Forums Zutrittskontrolle 2017.
Im Forum wurden die Anforderungen an integrationsfähige Zutrittsprojekte erörtert.
Im Forum wurden die Anforderungen an integrationsfähige Zutrittsprojekte erörtert.

Moderator Volker Kraiss steigt mit der Frage nach den Kundenwünschen in den zweiten Themenkomplex des Tages ein: „Welche Anforderungen stellen Kunden an moderne Zutrittssysteme und werden die Hersteller und Systeme diesen Anforderungen gerecht? Wer stellt die Weichen für IT-Sicherheit, Funktionalität und operativen Sicherheitsnutzen, der Kunde beziehungsweise Anwender oder der Hersteller und seine Entwickler? Ist alles gut, was machbar ist?“

Für Volker Brink von Winkhaus hängen die Antworten auf diese Fragen von einer grundsätzlichen Entscheidung ab: „Der Knackpunkt ist doch: Will ein Kunde in seinem System wirklich verriegeln und Zutritte kontrollieren, wie mit Schließzylindern möglich, oder möchte er die Zutritte nur organisieren wie mit Beschlägen im Office-Bereich möglich, und damit Komfortfunktionen abdecken? Das hat Auswirkungen auf das Systemdesign und auch das Bedienkonzept. Es kommt ganz auf das Anwendungsszenario an – vom Kleinanwender bis zum Industriegebäude, vom Krankenhaus bis zum Chemiepark, vom öffentlichen Bau bis hin zu Wohnanlagen.“

Stefan Wendel, Leiter Vertrieb Elektronische Zutrittskontrolle D/A/CH, FSB Franz Schneider Brakel GmbH + Co KG
Torsten Meister, CTO, Touchless Biometric Systems AG
Manfred Golfels, Senior Produktmanager, PCS Systemtechnik GmbH
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Dietmar Vetten vom Errichterunternehmen GST sieht beide Aspekt mehr und mehr zusammenwirken „Zutrittssysteme spielen eine immer größerer Rolle auch in der Organisationen eines Unternehmens. Es geht nicht mehr nur um die Frage, ob jemand berechtigt ist, eine Tür zu öffnen oder zu schließen, sondern um Effizienz in den Abläufen. Nehmen wir einmal ein Krankenhaus mit diversen externen Lieferanten, die beispielsweise die Container auf den Stationen mit Verbandsmaterial füllen, die kommen dienstags und donnerstags und erhalten auch nur genau dann die Berechtigung in einem vorgegebenen Zeitfenster. Man muss weg von der Prozedur, bei der man einfach Schlüssel herausgibt, mit dem jemand dann überall hinein kann. Es geht darum, Workflows zu generieren, Arbeitsprozesse zu vereinfachen, diese zu protokollieren und nachvollziehbar zu machen.“

Stefan Wendel von FSB nennt einen weiteren nicht zu vernachlässigenden Aspekt: „Auf welche Kriterien ein Kunde bei Zutrittssystemen Wert legt, hängt vom Einzelfall ab. Oft spielen auch Design und Haptik eine Rolle – vor allem, wenn ein Architekt mit zu entscheiden hat. Dann wird dem Design ein großer Stellenwert beigemessen. Dem tragen wir mit unseren Beschlägen und Griffvarianten natürlich Rechnung. Davon unabhängig muss natürlich die Funktionalität gewährleistet sein.“

Intelligentere Systeme

Die Anforderungen zielen also immer häufiger nicht nur auf die Sicherheit ab, sondern streben nach intelligenter Unterstützung der Unternehmensprozesse. Florian Lasch von Abus Security-Center ist der Ansicht: „Wir müssen Zutrittslösungen im Kontext anderer Gewerke sehen und auch moderne Technologien einbinden, um die Zutrittssysteme künftig noch intelligenter zu machen. Wir können beispielsweise die Videoanalyse, Biometrie, Gefahrenmeldetechnik und smarte Geräte einbinden, so dass auch der Komfort einer Sicherheitslösung erhöht wird.“

Dr. Leopold Gallner von Ekey Biometric Systems ergänzt: „Richtig intelligent wird ein System erst mit Biometrie, denn hier kann man die Berechtigung wirklich an einer Person festmachen. Eine Karte kann man weitergeben, das geht mit Fingerprint nicht. Man spart sich hier auch zusätzliche Technik, wie zum Beispiel Videoüberwachung oder Überwachungspersonal. Somit ist Fingerprint auch wirtschaftlicher.“

Florian Lasch, Leiter Forschung & Entwicklung, Abus Security-Center GmbH & Co. KG
Dr. Leopold Gallner, Geschäftsführer, Ekey Biometric Systems GmbH

Ein wesentlicher Faktor in heutigen Systemen stellt die Software dar. Auch hier werden die Anforderungen zunehmend individueller, wie Stefan Wendel weiß: „Die Verwaltungsprogramme werden immer komplexer, auch weil man viele unterschiedliche Anforderungen aus den einzelnen Abteilungen berücksichtigen muss. Geeignete Schnittstellen sind hier enorm wichtig, damit man sich gegenüber Fremdsystemen öffnen kann. Hier ist man teilweise mit recht individuellen Bedürfnissen konfrontiert. Eine offene Systemplattform erhöht die Chancen im Markt.“

Software immer wichtiger

Um flexibel auf die Anwenderbedürfnisse eingehen zu können, wird auch leistungsfähige Software benötigt. In einem komplexen Zutrittssystem ist man dabei gut beraten, einen Partner zu haben, der die nötige Kompetenz und einen übergeordneten Ansatz besitzt. Johann Notbauer von Evva erklärt: „Wir konzentrieren uns in unserer Software darauf, die essenziellen Aufgaben einer Zutrittsverwaltung möglichst effizient abzubilden. Daneben werden natürlich in einem Zutrittsprojekt Schnittstellen benötigt. Wir haben beispielsweise länger darüber diskutiert, ob wir ein Videobild in unsere Software einbinden sollen, dann aber entschieden, dass wir das lieber einem übergeordneten System wie Milestone überlassen. Wir liefern hier die Zutrittsevents und geben diese an die Software weiter. So entsteht über die Integration ein komfortables System für die Nutzer.“

Volker Brink ergänzt ein weiteres Szenario größerer Anwender: „Es gibt viele Unternehmen, die ihre Personalstammdaten in ERP-Systemen wie SAP abgelegt haben, mit denen auch die Entgeltabrechnung gemacht wird. Hier bieten wir die Möglichkeit, die dort gepflegten Primärdaten mittels Übergabeschnittstelle in unsere Software zu übernehmen. Das reduziert den Aufwand beträchtlich und erlaubt Schnelligkeit bei der Erteilung und beim Entzug von Schließberechtigungen zum Beispiel im Falle des Ausscheidens von Mitarbeitern. Bei Kunden mit nur einer kleinen Anzahl von Mitarbeitern lohnt das natürlich nicht, hier legt man sie besser selbst in der Anwendersoftware an.“

Torsten Meister von Touchless Biometric Systems differenziert: „Man muss im Unternehmensumfeld beides sehen: die Anbindung an die Stammdatenverwaltung als ein wichtiger Aspekt, die Benachrichtigung externer Komponenten im Zutrittsfall ein weiterer. Eine Integration der Biometrielösung auf Systemebene ist daher immer eine komplexe Herausforderung, die wir durch unseren modernen Ansatz für den Projektpartner so einfach wie möglich machen. Wir sind mit der Biometrie natürlich nur ein Teilaspekt einer Zutrittslösung und müssen deshalb Möglichkeiten anbieten, beispielsweise das Enrollment in ein übergeordnetes System zu integrieren. Nur so erhält der Kunde ein einheitliches Bedienkonzept, das zwar unter der Oberfläche aus verschiedenen Teilsystemen besteht, aber als Ganzes wahrgenommen wird.“

Grenzen und Chancen

Dietmar Vetten rät in Sachen Verknüpfung: „Am besten arbeitet man mit offenen Standards, dann wird eine Integration meist stark vereinfacht. Hier gibt es auch Hersteller, die das gut umsetzen und mit einer offenen Standardschnittstelle arbeiten. Der Ansatz ist: Bis zu einem gewissen Grad werden die Informationen X, Y und Z bereitgestellt und andere Systeme können sich diese an einem Übergabepunkt abholen. Wenn es bidirektional ausgeführt ist, bekommt das Zutrittssystem auch ein gewisses Maß an Informationen auf diese Weise zurück. Damit lässt sich schon eine ganze Menge realisieren.“

Diese Möglichkeiten gilt es zum Vorteil des Kunden zu nutzen, findet auch Wilfried Joswig vom Verband für Sicherheitstechnik: „Eine wirklich nutzbringende Zutrittskontrolle, die vielleicht auch über die reine Zutrittsregelung hinausgeht, setzt voraus, dass man kreative Lösungen für die Bedürfnisse der Kunden findet. Man muss deren Betriebsabläufe unterstützen und sich dabei immer dem Einzelfall widmen. In jedem Projekt ist die Sicherheitstechnik ein Unikat und heute wird mehr und mehr eine Gesamtlösung gefordert, die aber zum finanziellen Rahmen passen muss.“

Zu diesem Prozess kann natürlich auch der Kunde einiges beitragen, indem er schon im Vorfeld genau definiert, wie er sich seine Zutritts- oder Sicherheitslösung vorstellt. Das betrifft die eigenen Abläufe genauso wie das gewünschte Bedienkonzept, das man künftig nutzen möchte. Dabei sind im Idealfall die hausinternen Interessen abzuwägen und gegenüber den Anbietern zu kommunizieren. Als verbindendes Element kann hier zusätzlich ein Berater nützlich sein, wie auch Manfred Golfels von PCS Systemtechnik findet: „Man braucht gerade bei integrierten Systemen Planer und Berater, die dies in ihrer ganzen Komplexität beherrschen und den Kunden individuell beraten. Von deren Kompetenz und Erfahrung profitiert der Kunde, weil das professionell gestaltete System nachher seinen Bedürfnissen gerecht wird.“ Wenn man dies berücksichtigt und sich selbst einen realistischen Rahmen steckt, steht einer nutzbringenden Zutrittslösung kaum etwas im Weg.

Michael Gückel

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