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BMI 5. Juli 2017

Verfassungsschutzbericht vorgestellt

Die Zahl der gewaltorientierten Extremisten in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2016 hervor, der von Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière und dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Dr. Hans-Georg Maaßen gestern vorgestellt wurde.

Dr. Thomas de Maizière
Dr. Thomas de Maizière

Die Kräfte-verschiebung innerhalb des Islamismus hin zur zunehmend gewaltorientierten beziehungsweise jihadistischen Salafistenszene hält dabei auch im Jahr 2017 weiter an. Bundesinnenminister de Maizière erklärte bei der Vorstellung, dass islamistische Gewalttäter fast durchgängig salafistisch geprägt seien. Sie wurzelten damit in einem Milieu, das sich als entschiedenes Gegenmodell zur westlichen Gesellschaft präsentiere. Der anhaltende Zuwachs dieser Szene zeige, dass der Salafismus in seiner Dynamik ungebrochen sei. Diese Bedrohung erfordere ein entschiedenes Einschreiten seitens des Staates.

Innerhalb der rechtsextremistischen Szene schätzten die Verfassungsschutzbehörden im vergangenen Jahr 12.100 Anhänger und damit mehr als die Hälfte des Personenpotenzials als gewaltorientiert ein - der höchste Stand, seit diese Zahl statistisch erfasst wird.

Dies schlägt sich auch in den Zahlen rechtsextremistischer Gewalttaten des Jahres 2016 nieder. Sie stiegen nach der besonders starken Zunahme im Jahr 2015 weiter an (2016: 1.600; 2015: 1.408; 2014: 990).

Im Bereich des Linksextremismus war die Zahl der Straf- und Gewalttaten 2016 im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Zum einen fehlte es an Ereignissen, die Linksextremisten zu großen überregionalen Protestdemonstrationen nutzen konnten. Zum anderen wuchs das linksextremistische Personenpotenzial dennoch um 7 Prozent auf 28.500 Personen an (2015: 26.700) und damit auf seinen höchsten Stand seit dem Jahr 2012.

Mit mehr als 10 Prozent fiel die Steigerung im Bereich der gewaltorientierten Linksextremisten am stärksten aus. Eine Entspannung bei den Zahlen der politisch motivierten Kriminalität sei für das Jahr 2017 nichtzu erwarten, so der Bundesinnenminister. Für den bevorstehenden G20-Gipfel in Hamburg habe die linksextremistische Szene bereits seit Herbst 2016 intensiv mobilisiert.

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Erstmals werden auch „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als eigenständiger Phänomenbereich in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen. Nach derzeitigem Stand zählen deutschlandweit etwa 12.800 Personen zur „Reichsbürger und Selbstverwalter“-Szene, davon ungefähr 800 Rechtsextremisten. Die Szene ist insgesamt organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogen.

„Reichsbürger“ weisen eine hohe Affinität zu Waffen auf und sind oftmals gewaltorientiert. Ende letzten Jahres verfügten – basierend auf einer vorläufigen Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden – 700 von ihnen über Waffenerlaubnisse.

Der Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat daher das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt angewiesen, die Erkenntnisse zu Reichsbürgern an die zuständigenWaffenbehörden der Länder zu übermitteln. Hier zeigen sich erste Erfolge: Bis Anfang Juni 2017 konnten ca. 100 waffenrechtlicheErlaubnisse entzogen werden.

Auch das Anhängerpotenzial nichtislamistischer sicherheitsgefährdender beziehungsweise extremistischer Ausländerorganisationen stieg im Jahr 2016 an; insbesondere aufgrund des Zuwachses im Bereich der türkischstämmigen Rechtsextremisten.

Deutschland sei mehr denn je zuvor Spiegel und Resonanzboden innertürkischer Ereignisse, so der Bundesinnenminister weiter. Der PKK und verschiedenen türkischen linksterroristischen Gruppierungen stehe dabei eine inzwischen beachtliche Zahl organisierter türkischer Rechtsextremisten gegenüber.

Das sich hieraus ergebene Spannungsfeld sei gekennzeichnet durch hohe Emotionalisierung, verbale Provokationen sowie - wenn auch in einem bislang geringen Umfang - körperliche Auseinandersetzungen.

Die Spionageabwehr des Verfassungsschutzes musste nach dem missglückten Putschversuch in der Türkei auch eine Zunahme nachrichtendienstlicher Aktivitäten türkischer Stellen in Deutschland feststellen.

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