Direkt zum Inhalt

Wahlprüfsteine Bundestagswahl 2017

Den Landesparteien wurden mit einem Anschreiben der ASW Norddeutschland acht Fragen als Wahlprüfsteine gestellt. Teilweise haben die Parteien (CDU, SPD, Grüne) auf die jeweilige Bundespartei in Berlin verwiesen.
Die Parteien äußern sich zu Sicherheitsthemen.
Die Parteien äußern sich zu Sicherheitsthemen.

Die Antworten der Bundesparteien auf eine Umfrage des ASW-Bundes-verbandes, welche am 8.9.2017 veröffentlicht wurden, werden nur in der deckungsgleichen Fragestellung (Frage 4) hier wiedergeben. Die FDP Hamburg hat für alle fünf norddeutschen FDP-Landesparteien die Antworten koordiniert.

Die Antworten sind, chronologisch geordnet, nachstehend aufgeführt.

<b>Frage 1: Haben wir in Deutschland noch die richtige „Sicherheitsarchitektur“? Wo sehen Sie die größten Baustellen? </b>

SPD Niedersachsen

Beispiele wie Paris und Brüssel, aber auch Würzburg und Ansbach machen deutlich, dass die Anschläge des islamistischen Terrorismus auch Deutschland erreicht haben.

Anzeige

Für die Sicherheitsbehörden sind vor allem selbstständig handelnde Einzeltäter besonders problematisch, deren Radikalisierung oft verdeckt über das Internet erfolgt: Ihre Anschlagspläne sind im Vorfeld kaum zu erkennen. Auch für Niedersachsen liegt eine ernste Bedrohungslage vor. Diese Problematik stellt uns derzeit vor die größten Herausforderungen.

Um dieser Gefährdung, der salafistischen Radikalisierung sowie der Propaganda und den Rekrutierungsversuchen des sogenannten „Islamischen Staats“ in den sozialen Netzen wirksam zu begegnen, müssen die Sicherheitsbehörden leistungsfähig aufgestellt sein.

Eine SPD-Landesregierung wird den Verfassungsschutz personell und finanziell dauerhaft stärken. Dazu gehören eine effiziente IT-Infrastruktur sowie IT- und wissenschaftliche Analysekompetenz.

Zusätzlich muss der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus durch präventive Maßnahmen flankiert werden. Der Staat muss ansprechbar sein – für die, die in extremistische Milieus abzurutschen drohen ebenso wie für die, die bereits abgedriftet sind und aussteigen wollen.

Eine SPD-Landesregierung wird zudem die Kriminalprävention durch frühzeitige Intervention und kompetente Fachleute in den Polizeidienststellen weiterführen. Potenzielle Gefährder werden konsequent überwacht.

FDP

Wir fordern die konsequente Anwendung bestehender Regelungen und eine Verbesserung der bestehenden Organisationsstrukturen auf Bundes- und Landesebene. So soll insbesondere das BKA als zentraler Koordinator für die Sicherheitsbehörden in Deutschland gestärkt werden. Dies würde auch zu einer besseren Vernetzung der Akteure in Deutschland führen, die unerlässlich für eine wirksame Bekämpfung insbesondere des Terrorismus und der Organisierten Kriminalität ist.

Auf Ebene der Länder streben wir eine Zusammenlegung von Verfassungsschutzbehörden an. Ziel ist die Etablierung von vier bis sechs länderübergreifenden Behörden, die die bisherigen Landesämter für Verfassungsschutz ersetzen. Niedersachsen könnte dabei die Führung in einem Nordverbund übernehmen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz dient dabei als Zentralstelle, die sich mit der Koordinierung der einzelnen Behörden befasst. Das erfordert zugleich eine klare Regelung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der neuen gemeinsamen Behörden.

Es muss feststehen, welches Bundesland für die jeweilige Behörde zuständig ist. Die parlamentarische Kontrolle soll über Staatsverträge geregelt werden. Bei mobilen „Gefährdern“ muss eine durchgehende Zusammenarbeit der Behörden des Bundes und der betroffenen Länder stattfinden, um Informationsdefizite konsequent zu vermeiden.

Überall dort, wo Bund und Länder sowie Nachrichtendienste, Verfassungsschutz und Polizei zusammenarbeiten, braucht es klare Regeln und genau definierte Verantwortlichkeiten. Denn wenn diese verschwimmen, wird Verantwortung anonymisiert. Das führt zu organisierter kollektiver Verantwortungslosigkeit wie im Fall Amri.

Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder (GTAZ) benötigt deshalb eine rechtlich klare Festlegung seiner Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse, insbesondere auch in Bezug auf die Zuweisung von Verantwortlichkeiten in einzelnen Fällen. Doppelzuständigkeiten zwischen Verfassungsschutz und Polizei wollen wir vermeiden.

DIE LINKE Bremen

DIE LINKE sieht mit Sorge, dass unter dem Schlagwort der "Reform der Sicherheitsarchitektur" das föderale Prinzip beim Schutz der Sicherheit der Bevölkerung durch die Landespolizeien zugunsten immer stärkerer Bundesbehörden durchbrochen wird. Begünstigt wird dies durch einen erst im vergangenen Jahr teilweise gestoppten oder rückgängig gemachten Personalabbau bei den Polizeien der Länder.

Wir sprechen uns dafür aus, dass die Länder wieder viel stärker ihren Aufgaben bei der Bekämpfung der Alltagskriminalität nachkommen und halten am Konzept der bürgernahen Polizei fest. Mit unserer Steuerpolitik wollen wir den Ländern auch für diese Aufgabe wieder ausreichend Mittel zur Verfügung stellen.

CDU Bremen

Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für ein freies und selbstbestimmtes Leben. Wir brauchen daher einen starken Staat, der sich schützend vor seine Bürgerinnen und Bürger stellt und auch die Schwächeren schützt. Rechtsfreie Räume dulden wir nicht. Die Union ist und bleibt die Partei der inneren Sicherheit.

CDU und CSU haben in dieser Bundesregierung hart für Rechtsänderungen gekämpft, die teilweise seit Jahren überfällig waren. Dazu zählen härtere Strafen für Wohnungseinbrüche, die Ermöglichung der Telefonüberwachung von Einbrechern und der verstärkte Einsatz der Video-Überwachung.

Außerdem haben wir die Sicherheitsbehörden gestärkt und den Schutz von Polizei- und Rettungskräften verbessert. Wir haben eine neue, robuste Anti-Terroreinheit der Bundespolizei aufgestellt, die Abschiebung von Straftätern erleichtert und mit dem ersten IT-Sicherheitsgesetz den Schutz vor Cyberattacken verbessert.

Für uns gilt: Es darf zwischen den einzelnen Bundesländern keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit geben. Deshalb werden wir in der neuen Legislaturperiode ein gemeinsames Musterpolizeigesetz für alle Bundesländer erarbeiten. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder müssen noch besser miteinander vernetzt werden. Wir werden die Zahl der Polizisten in Bund und Ländern noch einmal um 15.000 aufstocken und die Präsenz auf der Straße erhöhen.

Vorhandene DNA-Spuren sollen auch zur Ermittlung des äußeren Erscheinungsbildes, der Herkunft oder des Alters eines Straftäters oder Verdächtigen herangezogen werden können.

Wir werden den Zugang der Sicherheitsbehörden zu vorhandenen Datenbanken durch ein neues Datengesetz erleichtern, wenn es um die Verhinderung oder Aufklärung schwerer Straftaten geht. Wir wollen unser Land noch besser gegen Cyber-Angriffe schützen und investieren dafür in Technik und stellen ausreichend Fachleute hierfür ein. Die Schleierfahndung wollen wir in ganz Deutschland ermöglichen, damit es für Straftäter keine fahndungsfreien Zonen mehr gibt.

Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-Vorpommern

Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gleichen in Deutschland in vielen Punkten einer über einen langen Zeitraum gewachsenen Struktur. Infolgedessen fehlt eine klare Architektur der Sicherheitsbehörden. Insbesondere Funktion und Zuschnitt des Verfassungsschutzes müssen vor diesem Hintergrund dringend angepasst werden.

Wir fordern daher einen Neustart beim Verfassungsschutz. Doch auch die anderen Sicherheitsbehörden brauchen klare Zuständigkeiten, die die Zusammenarbeit verlässlich regeln. Eine lockere Koordination in einigen frei schwebendenden Zentren wie dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) reicht heute nicht mehr aus.

<b>Frage 2: Sicherheitspersonal mit einem „Beliehenen-Status“ (zum Beispiel an Flughäfen), Kontrollkräften bei Großveranstaltungen sowie Sicherheitspersonal im ÖPNV wurde im Zuge der StGB-Gesetzesänderung nicht unter den Schutz des § 115 (2) StGB (Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen) gestellt? Da es nach unserer Auffassung dringend geboten ist, das Personal bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben besser zu schützen, fragen wir Sie, welche Vorschläge zum Schutz der Branche Sie sich politisch und gesetzgeberisch vorstellen können?</b>

SPD Niedersachsen

Wir bedanken uns für diese interessanten Fragen, verweisen jedoch darauf, dass es sich hier um rein bundesgesetzliche beziehungsweise bundespolitische Themen handelt. Daher haben wir Ihre Fragen an den SPD-Bundesverband in Berlin weitergeleitet.

CDU Bremen

Die Beleihung privater Sicherheitsdienste bedarf in jedem Einzelfall einer gesetzlichen Grundlage. Art und Umfang der übertragenen hoheitlichen Aufgaben und der daraus resultierenden Rechte und Pflichten sind darin exakt zu regeln. Da wo, beispielsweise bei der Begleitung von Großraum- und Schwerlasttransportern oder an Flughäfen Private mit hoheitlichen Aufgaben beliehen werden, müssen eine sachkundige Ausbildung und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter sowie verbindliche Qualitätsstandards garantiert sein.

Ob eine Ausdehnung des Schutzes nach § 115 Abs. 2 StGB auch auf Sicherheitspersonal mit „Beliehenem Status“ angezeigt ist, kann meines Erachtens nicht pauschal sondern muss anhand der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Gerne nehme ich von Ihnen konkrete Vorschläge für einen besseren Schutz von Sicherheitspersonal mit „Beliehenem Status“ entgegen und werde sie im Falle meiner Wiederwahl mit den Rechtsexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion diskutieren.

DIE LINKE Bremen

Zunächst ist die Frage zu stellen, welche Aufgaben tatsächlich durch private Sicherheitskräfte wahrgenommen werden sollen. Wo privates Sicherheitspersonal unverzichtbar ist, sehen wir vor allem eine Verantwortung der Branche selbst, ihre Mitarbeiter durch umfassende Schulung und Sensibilisierung auf Situationen mit großem Eskalationspotential vorzubereiten und ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen, was meist den größten deeskalierenden Effekt hat.

Ansonsten sehen wir keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Wie auch bei Polizeibeamten sehen wir keinen Anlass, Mitarbeiter der Sicherheitsbranche in Fällen ohnehin strafbarer Handlungen wie Beleidigung, Drohung, Körperverletzung gegenüber anderen Bürgerinnen und Bürgern zu privilegieren.

FDP

Ob die Erweiterung des § 115 StGB eine geeignete Maßnahme darstellt, um Sicherheitspersonal besser vor Übergriffen zu schützen, sollte durchaus geprüft werden.

Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-Vorpommern

Die Schaffung des speziellen Straftatbestands für tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte haben wir nicht mitgetragen. Eine Regelung, die nur für spezielle Gruppen gilt, während andere, die auch einen Dienst für unsere Gesellschaft leisten, nicht erfasst werden, ist verfehlt. Im Übrigen ist jeder tätliche Angriff bereits mindestens als versuchte Körperverletzung strafbar. Wirksamen Schutz gegen Verletzung bieten jedoch vor allem eine gute Ausbildung, das richtige Training und eine gute Ausstattung.

1 - 2 - 3 nächste Seite

Passend zu diesem Artikel