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Editorial 13. April 2018

Orientierung im Dschungel der Informationen

Was ist die Wahrheit? Was sollen wir glauben? Welchen Meldungen können wir noch trauen? Es ist schon ein Paradoxon, dass uns einerseits immer mehr Informationsquellen zur Verfügung stehen, es aber andererseits immer schwieriger wird, gesicherte Erkenntnisse zu bekommen.

Andreas Albrecht, Chefredakteur.
Andreas Albrecht, Chefredakteur.

Denn zunehmend, so scheint es, ist das Motiv bei den Übermittlern von Nachrichten nicht mehr in der Informierung der Empfänger zu suchen, sondern in deren Gegenteil. Vor allem was die Wirtschaft betrifft, liefert die Sicherheitsstudie zu Desinformationsangriffen, die der ASW Bundesverband in Kooperation mit Deloitte und der Unternehmensberatung Complexium Ende 2017 veröffentlichte, erhellende – in diesem Fall wohl gesicherte – Erkenntnisse über die Interessen der Verbreiter von Fake News, die unter anderem in der Irreführung und Schädigung von Wettbewerbern zu verorten sind. In der Weltpolitik spielt sich aktuell auf höchster diplomatischer Ebene ein groteskes Ringen um die öffentliche Meinung ab, das seit Wochen über die Medien ausgetragen wird: Nach dem Giftanschlag auf einen russischen Doppelagenten in London, bezichtigte Großbritanniens Regierung Russland als Urheber, jedoch ohne Beweise für diesen Verdacht vorlegen zu können.

Dies hinderte jedoch mehrere westliche Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und die USA nicht, sich schnell und medienwirksam mit Großbritannien zu solidarisieren und russische Dipolamten auszuweisen. Russlands Außenminister Lawrow wiederum sprach von einer aggressiven Kampagne gegen sein Land und warf dem Westen die Verbreitung von Fake News vor: „Vor allem Großbritannien, die USA und zahlreiche Staaten, die ihnen blind folgen, haben jeden Anstand verloren. Sie nutzen offene Lügen und Desinformation“, prangerte Lawrow an. Zu Zeiten des Kalten Krieges habe man sich zumindest noch an bestimmte Regeln gehalten. Jetzt aber würden diplomatische Konventionen missachtet und die politischen Beziehungen bewusst und gezielt eskaliert. Die Öffentlichkeit lässt dieser diplomatische Schlagabtausch seit Wochen mehr oder weniger ratlos zurück, scheint es doch nahezu unmöglich, sich in diesem Fall auf der Basis von Informationen ein objektives Bild zu machen. Weiterhelfen kann hier nur das eigenständige Denken und die Beantwortung der Frage, welche Motive hinter den jeweiligen Positionen zu vermuten sind. Die ASW-Studie zur Desinformation gewinnt vor diesem Hintergrund weiter an Relevanz.

Andreas Albrecht, Chefredakteur

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