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Widerstand ist wichtig

Ende Februar eröffnete das internationale Prüf- und Zertifizierungsunternehmen UL (Underwriters Laboratories) in Rosenheim sein neues Brandprüflabor, das in enger Partnerschaft mit dem ift Rosenheim betrieben wird.

Zusammen mit zahlreichen internationalen Gästen wurde das rund 3.000 Quadratmeter große neue UL-Brandprüflabor eingeweiht.
Zusammen mit zahlreichen internationalen Gästen wurde das rund 3.000 Quadratmeter große neue UL-Brandprüflabor eingeweiht.

Zur feierlichen Eröffnung trug auch die stellvertretende bayerische Ministerpräsidentin und bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie Ilse Aigner bei, die zusammenfasste: „Bayern ist Hochtechnologie-Land, deshalb ist UL hier genau an der richtigen Stelle.“

Die Entscheidung für den Standort Rosenheim begrüßte, neben weiteren internationalen Gästen, auch die hiesige Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer, die betonte, wie wichtig es sei, auf offenen Märkten zu investieren und zu kooperieren, damit es zu einem weltweiten Austausch von Know-how und einem internationalen Technologietransfers gerade beim Thema Sicherheit komme.

Testen und zertifizieren unter einem Dach

Das rund 3.000 Quadratmeter große neue UL-Brandprüflabor bietet produzierenden Unternehmen in Deutschland und Europa die Möglichkeit, Prüfdienstleistungen vor Ort zu nutzen, und mit als sicher zertifizierten Produkten den Einstieg in den internationalen Handel, und vor allem den US-amerikanischen Markt, zu erleichtern. In Rosenheim können Hersteller die Feuerwiderstandsnormen nach EN, UL, DIN sowie britischen Standards testen und zertifizieren lassen. Somit können Hersteller die CE-Kennzeichnung und das UL-Sicherheitszeichen in einem einzigen, gemeinsamen Prozess erhalten.

Fünf verschiedene Brandöfen – der größte misst acht mal fünf Meter – testen Türen, Fenster, Beschläge, Böden sowie Stützen, Decken und Wände auf Feuerwiderstand. Darüber hinaus sind Prüfungen von Brandverhalten, Rauchwiderstand, Brandweiterleitung und Entzündbarkeit möglich.

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Verkehrssicherheit von Produkten garantieren

Im Rahmen der Einweihung des neuen Brandprüflabors in Rosenheim nahm sich Ingo Rübenach, Vice President Central, East and South Europe bei UL, die Zeit, um PROTECTOR & WIK einige Fragen zum Unternehmen und zum neuen Prüflabor zu beantworten.

PROTECTOR & WIK: Für unsere Leser, die Ihr Unternehmen noch nicht so gut kennen: Was ist die Aufgabe von UL?

Ingo Rübenach: Kurz und knapp: Working for a safer world – wir arbeiten an einer sichereren Welt! Im Jahr 1893 sollten im Rahmen der Weltausstellung von Chicago die Vorteile elektrischer Energie dargestellt werden, bei der es leider zu einem verheerenden Brand kam. Damals taten sich die Versicherungsunternehmen zusammen, um herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, und was man zukünftig präventiv dagegen übernehmen kann. Diese Aufgabe wurde dem Labor der Versicherer übertragen – Underwriters Laboratories war gegründet. Seitdem übernimmt UL die Prüfung von Produkten in puncto Verkehrssicherheit, deren Test und Zertifizierung.

Was bedeutet eine UL-Zertifizierung für die Hersteller?

Mit der Zertifizierung fördern wir den globalen Handel. Ein Konsument oder Nutzer eines Gutes, das ein UL-Zertifikat besitzt, kann sich sicher sein, dass sein Produkt bestimmten internationalen Sicherheitsregularien, -normen und -standards entspricht.

Und wie stellen Sie sicher, dass Hersteller auch nach Erhalt der UL-Zertifizierung einen weiterhin gleichbleibend hohen Sicherheitsstandard erfüllen?

Das ist in der Tat Teil unseres Zertifizierungsprozesses. Wenn ein Produkt das erste Mal initial zertifiziert ist, stellen wir dessen Sicherheitsklasse fest, und vereinbaren dann mit dem Hersteller einen bestimmten Turnus, in dem wir die Produktionsstätten besuchen. Direkt vor Ort schauen wir uns gleichzeitig an, ob die im Produkt bei der Abnahme verbauten Materialien und Komponenten nach wie vor Teil des Produktionsprozesses sind. Wir überprüfen also tatsächlich direkt in der Fabrik – meistens übrigens unangekündigt. Dem Hersteller ist nur der Turnus unserer Besuche bekannt, je nach Sicherheitsklasse zum Beispiel drei- oder viermal im Jahr. Wir schauen uns dann im Produktionsprozess die einzelnen Schritte an, und lassen uns dort benötigten Komponenten sowohl bei der Herstellung als auch im Lager zeigen. Anhand unserer Unterlagen aus der initialen Prüfung stellen wir dann fest, ob es sich um die identische Komponente handelt oder nicht.

Zum Dienstleistungsportfolio Ihres Unternehmens gehören auch Ausbildung und Schulungen, für wen sind diese geeignet?

Wir bieten beispielsweise ein Fire Symposium an, in dem Vertreter der Industrie mit Experten aufeinandertreffen, die sich mit Baumaterialien auseinandersetzen. Die Vorträge dort behandeln unter anderem, wie sich Verkleidungen an Gebäuden in Brandsituationen verhalten. Derart wichtiges Hintergrundwissen wollen wir weitergeben. Deshalb packen wir diese Informationen auch in Trainings in Form von Webinaren zusammen, die man sich im Internet anschauen kann.

Greifen wir das Thema Gebäudeverkleidung auf: Wie muss man sich deren Testvorbereitung bei UL vorstellen?

Zuerst muss im Rahmen einer Norm oder mit dem Hersteller geklärt werden, wie ein solches Element auszusehen hat. Denn im Normalfall besteht es aus vielen einzelnen Materialen: Rahmen, Metall, Isolierstoffen, Folien, Fensterglas. Das Bauteil wird dann im Prüflabor genau so zusammengestellt, wie es in der Praxis bei Hochhäusern von außen an die Fassade angebracht werden würde. Der exakte Zusammenbau kann je nach zugrundeliegender Norm mehrere Wochen Zeit in Anspruch nehmen, bis das Material dann testbereit ist.

Das heißt, Sie können sowohl einzelne Baustoffe als auch Gesamtkompositionen in Ihrem Brandprüflabor testen?

Genau, das kann vom Fenster bis zum Bauschaum reichen. Es gibt einen Katalog von Normen, den wir hier am Standort zusammen mit unserem Partner ift Rosenheim abdecken, und alles, was unter diese Normen fällt, können wir auch dementsprechend prüfen.

Wie ist es zu der Partnerschaft mit dem ift gekommen?

Wir wollten unseren Geschäftszweig „Building & Life Safety Technologies“ in Europa ausbauen. In den USA betreiben wir dieses wichtige Segment seit 120 Jahren, man kennt unsere Qualität, unsere Expertise und unsere Standards nicht nur im nordamerikanischen Raum, sondern in der ganzen Welt, aber in Europa hatte es bis dato den Charakter eines Start-ups. Deshalb haben wir nach einer Win-win-Partnerschaft gesucht und sind dabei auf das ift Rosenheim aufmerksam geworden. Bei Gesprächen haben wir festgestellt, dass es sowohl wirtschaftlich als auch strategisch und menschlich passt, was die Grundlage einer langfristigen Partnerschaft ist. Wir sind komplementär zueinander, sowohl was den geographischen Fußabdruck als auch was die Leistungen angeht. Hersteller bekommen heute bei uns in Rosenheim die Leistungen idealerweise an einem Standort gebündelt, was für sie einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellt.

Britta Kalscheuer

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