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Angebunden, vernetzt und integriert

Unternehmen existieren nicht deswegen, weil sie etwas produzieren, sondern weil sie die Produktion oder Dienstleistung besser organisieren können. So lautet die Leitidee des Wirtschafts-Nobelpreisträgers Ronald Coase. Er erhielt 1991 den Preis für das Beschreiben und Erklären der organisatorischen Strukturen und das Funktionieren der Wirtschaft anhand der Transaktionskosten. Das Prinzip gilt genauso für die Sicherheitstechnik sowie für Plattformökonomien, die bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen immer weiter an Bedeutung gewinnen.

Plattformstrategien: Vier Arten der Integration.
Plattformstrategien: Vier Arten der Integration.

Mit Plattformen bezeichnet man Ökosysteme, die über die Grenzen der eigenen Unternehmens-IT hinausgehen und Kunden, Lieferanten, Partner und sogar Wettbewerber umfassen. Die Plattformen sind darauf ausgerichtet, die Wertschöpfung effizienter zu gestalten und den Zugang zu den Kunden umfassend bündeln zu können. Wer sich in diesen mehrschichtig verwobenen Netzwerken, die auch dritten Unternehmen offen stehen, gut positioniert, kann vom Netzwerkeffekt profitieren. Was die zunehmende Verbreitung von Plattformen für Errichterbetriebe und Systemintegratoren bedeutet, und welche Vorteile sich erzielen lassen, soll am Beispiel digitaler Zutrittslösungen beschrieben werden.

Markt für elektronische Zutrittskontrolle

Der Markt für elektronische Zutrittskontrolle ist derzeit noch relativ klein. Sein Volumen im Vergleich zum Gesamtmarkt beträgt rund ein Prozent. Indes weist er große Wachstumschancen auf. Doch er ist stark fragmentiert. Grob gliedern lässt er sich einerseits in Segmente, in denen komplexe, oft umfangreiche Lösungen angeboten werden, zum Beispiel Schließlösungen in den unterschiedlichsten Facetten für Unternehmen oder für Hotels. Andererseits gibt es den Markt für kleine und mittlere Lösungen mit vielen verschiedenen, vertikalen Segmenten. Diese kann ein Unternehmen allein kaum umfassend erreichen. Dort wachsen einige Bereiche sehr dynamisch, zum Beispiel Shared Offices, Coworking oder auch Serviced Apartments. Insbesondere die kleinen und mittleren Marktsegmente im Bereich elektronischer Zutrittskontrolle scheinen Errichter und Systemintegratoren in ihrem vollen Umfang nur schwer abdecken zu können. Und auch für die großen Hersteller lohnen sich mitunter nur wenige Bereiche.

Vernetzt und dynamisch

Jedoch wollen alle Kunden umfassende Lösungen, die zudem weitreichend vernetzt sein sollen. Gerade in den neuen Segmenten, die dynamisch wachsen, geht der Bedarf weit über traditionelle Schließlösungen hinaus. Ein Beispiel sind Startup-Unternehmen, die ihren Mitarbeitern flexible Arbeitsbedingungen anbieten, Firmenfahrzeuge kombiniert mit Car Sharing nutzen, hierfür Parkgaragen angemietet haben, sich Bestellungen durch Dienstleister – ob geschäftlich wie privat – auch ins Büro liefern lassen, die dort dann in persönliche Schließfächer oder auch in den Kofferraum zugestellt werden – sofern möglich. Aus den Kundenwünschen, etwa beim Segment Shared Offices & Apartments, können Anbieter und Serviceunternehmen Anforderungen ableiten, für die sie Lösungen anbieten sollten: Gefragt sind ein häufiger Wechsel von Zutrittsberechtigten, niedrige Kosten für das Schlüsselmanagement, das Management gemeinsamer Räume oder Ressourcen, der Zugang für Partner (Zustellung, Service), Remote Management sowie lokaler und Fern-Support.

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Anschlussfähige Plattformen

Hier können Plattformlösungen ansetzen und helfen, über Netzwerkeffekte sowie segment und branchenübergreifend mehrere Felder zusammenzubringen: die Wünsche der Kunden, das Know-how und die lokalen Serviceleistungen von Errichtern oder Systemintegratoren, die Schließtechnologien der jeweiligen verschiedenen Hersteller. Damit dies funktioniert sollte die zugrundeliegende Plattform erstens offen im Sinne von anschlussfähig sein: für Kunden, Lieferanten, Partner und sogar Wettbewerber. Zweitens sollte sie sicher, drittens einfach zu bedienen und viertens flexibel erweiterbar sein.

Vier Wege der Anbindung

Errichterfirmen und Systemhäuser können neue Märkte für Zutrittslösungen erschließen, wenn sie Teil von größeren, digitalen Lösungen werden, indem sie sich etwa für die Anbindung an eine Plattform entscheiden, über die sie ihre Dienstleistungen für Zutrittsmanagement anbieten können. Generell haben Unternehmen, die eine Plattform für digitale Zutrittslösungen nutzen oder daran andocken wollen, vier Integrationsmöglichkeiten.

1. Mechanische Schließprodukte digitalisieren und Smartphone-basierten Zutritt ermöglichen:

In einem ersten Schritt sollten Unternehmen eine Referenzarchitektur übernehmen und errichten. Um ihr mechanisches Schließprodukt digitalisieren zu können, sollten sie daraufhin eine Smart-Lock-App implementieren

2. Eine bestehende Smart-Lock-App wird für vorhandene, digitale Schließprodukte verwendet:

3. Eine Smartphone-basierte App als OEM-Lösung nutzen und unter eigenem Namen weitervermarkten:

4. In die eigene Software einen Smartphone basierten Zutritt einbinden:

Zusätzliche Vorteile für Errichter

Für Serviceunternehmen wie Errichter und Systemhäuser, die keine Hardware produzieren, ergeben sich zusätzliche Vorteile. Sie können über die Anbindung an eine Plattform branchenübergreifende Partnerschaften mit dritten Unternehmen eingehen und sich dadurch neue Märkte erschließen. Im besten Fall können sie ihr Leistungsspektrum zu System-Dienstleistungen ausweiten. Über die von der Plattform bereitgestellten Daten zu den angebotenen Produkten und Services lassen sich zudem Erkenntnisse gewinnen, um die eigenen Dienstleistungen weiter zu verbessern und gegebenenfalls auszudehnen. Außerdem werden sie unabhängiger von ihren derzeitigen Lieferanten oder Herstellern, gegebenenfalls auch von deren begrenztem Angebotsspektrum. Darüber hinaus können sie für ihre Kunden einen Mehrwert schaffen, weil der digitale Zugang den Wert der Objekte der Endkunden steigert.

Gilbert Hödl, ist CEO und Co-Gründer der Tapkey GmbH, www.tapkey.com

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