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Sicherheitstechnik an der Universität

Offen und doch sicher

Ein Universitätsgebäude während des Lehrbetriebs zu sanieren und zu modernisieren, ist eine ganz besondere Herausforderung. Dennoch muss für einen gewissen Sicherheitsstandard gesorgt werden. Wie dies an der Universität Duisburg-Essen realisiert wird, hat PROTECTOR vor Ort recherchiert.

Ein Universitätsgebäude während des Lehrbetriebs zu sanieren, ist eine ganz besondere Herausforderung.
Ein Universitätsgebäude während des Lehrbetriebs zu sanieren, ist eine ganz besondere Herausforderung.

In erster Linie braucht man hierbei vor allem Improvisationstalent, wie Sebastian Rolko, Projektverant-wortlicher Planen und Bauen bei der Duisburger Niederlassung des Bau- und Liegen-schaftsbetriebes NRW, kurz BLB, weiß. Der landeseigene BLB ist Eigentümer der Essener Universitätsimmobilie und damit zuständiger Bauherr für alle relevanten Umbaumaßnahmen. Insgesamt 77 Millionen Euro an Fördermitteln stellte die öffentliche Hand im Rahmen des Hochschulmodernisierungsprogramms für die Baumaßnahmen an den Standorten in Essen und Duisburg zur Verfügung.

Umfangreiche Maßnahmen

Mit den ersten Sanierungen wurde in Essen bereits im Jahre 2009 begonnen. Wenn alles nach Plan läuft – und danach sieht es derzeit aus – werden die Maßnahmen Ende 2015 abgeschlossen sein. In den Universitätsgebäuden wird im großen Stil saniert und umgebaut. Das bedeutet, bei dem über 30 Jahre alten Gebäude werden die Dächer erneuert und teilweise ganze Fassaden ausgetauscht.

In vielen Bereichen der Universität wurden und werden die Aufzüge und Treppenhäuser renoviert, Brand- und Schadstoffsanierungen durchgeführt und überall umfassende Verbesserungen in den Bereichen Heizung und Sanitär sowie Belüftung realisiert. Das eigentliche Raumangebot wird durch einen Neubau – das Rotationsgebäude – erweitert. Neu ist auch ein zusätzliches Hörsaalgebäude mit modernster Technik und Platz für 1.250 Studierende. Dieses Gebäude wird Anfang Mai eröffnet.

Immer wieder muss während des Umbaus für ausreichend Ausweichräumlichkeiten gesorgt werden, denn teilweise ziehen ganze Etagen um, weil eine Kernsanierung aller Räume ansteht. Dies erfordert eine enorme Planung und Logistik. Am Campus in Essen haben sich mobile Container bewährt, die immer wieder von diversen Instituten für Wochen oder manchmal über Monate als Ausweichquartiere genutzt werden. Im kommenden Jahr soll das Rotationsgebäude fertiggestellt werden, um damit später bei eventuell notwendigen Umzügen ein ausreichendes Raumangebot zu haben. Das Gebäude wird eine Nutzfläche von ungefähr 6.500 Quadratmeter haben und über Seminarräume, Büroflächen sowie ein EDV-Labor verfügen.

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Kein Hochsicherheitstrakt

Beim Termin vor Ort wird sofort klar, dass eine Universität kein Hochsicherheitstrakt ist. Hier kommen Menschen aus vielen Nationen zusammen, um gemeinsam zu lernen. Natürlich hat dies zur Konsequenz, dass im Prinzip jeder – ob berechtigt oder nicht – zu den normalen Öffnungszeiten in den Gebäuden der Universität ein- und ausgehen kann.

Einen Ausweis muss er nirgendwo vorzeigen. Der Pförtner hat vielmehr die Aufgabe, Suchenden den Weg zu weisen, denn durch die vielen baulichen Veränderungen ist permanent alles in Bewegung. Selbstverständlich sind Institutsräume und Büros der Angestellten verschlossen. Je nachdem, ob es sich um sensible Bereiche wie beispielsweise Labore, die Medienräume oder auch die Bibliothek handelt, sind die Türen mit mechanischen Schließzylindern oder, wenn mehr Sicherheit gefordert ist, mit Elektronikzylindern samt Transponder-Lesegeräten beziehungsweise Tastenschlössern ausgestattet.

Die Universität Duisburg-Essen wurde am 1. Januar 2003 durch die Fusion der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und der Universität-Gesamthochschule Essen gegründet. Mehr als 39.000 Studierende sind heute an der (Gemeinschafts-)Universität eingeschrieben. 450 Professoren und mehr als 2.500 wissenschaftliche Beschäftigte sowie weitere 1.500 Beschäftigte arbeiten in den Bereichen Forschung, Lehre und Administration.

Die Universität verfügt über ein breites Fächerspektrum: Es reicht von den Geistes-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften bis hin zu den Ingenieur- und Naturwissenschaften einschließlich der Medizin.

Die Planung der gesamten Zugangskontrolle und die Schließ-anlagenverwaltung liegen dabei in der Verantwortung des Gebäudemanagements der Universität. In solch extremen Phasen wie einem Umbau im laufenden Betrieb ist es wichtig, die Beschäftigten nicht nur über die unangenehmen Dinge wie unvermeidbare Lärm- und Staubbelästigungen oder Sperrungen zu informieren, sondern sie auch immer wieder für die Themen Sicherheit und Verhalten bei Bränden zu sensibilisieren.

Die Universitätsverwaltung führt hierzu gemeinsam mit den Planungsabteilungen des BLB entsprechende Informationsveranstaltungen durch. Glücklicherweise hat die Zahl der Einbrüche und Diebstähle während der Umbaumaßnahmen nicht nennenswert zugenommen.

Klagen kommen jedoch immer wieder von den Baufirmen, die über Materialdiebstähle berichten. Metalle werden dabei ebenso entwendet wie Werkzeuge oder zum Einbau gelieferte Komponenten wie Türen, Fenster oder Heizkörper. „Hier kämpfen wir mit den gleichen Problemen, die auch andere Großbaustellen mit Materialentwendungen haben. Der Sicherheitsdienst der Universität patrouilliert zu festen Zeiten und ist nachts leider nicht überall gleichzeitig anzutreffen. Auch die Bauzäune sind leicht zu überwinden; und Videotechnik ist nicht im Einsatz“, berichtet Sebastian Rolko (siehe hierzu auch der Bericht „Tatort Baustelle“ in PROTECTOR Ausgabe 1-2/2014, Seite 22 ff.).

Gemeinsame Planungen

Permanent verändern sich durch die Baumaßnahmen die Zu- und Durchgänge in den Gebäuden. Überall werden neue Trockenbautrennwände gezogen oder alte entfernt. „Bei diesen Planungen sitzen immer die Feuerwehr und das Gebäudemanagement der Universität mit am Tisch, denn unser aller Ziel ist, dass hier kein Mensch zu Schaden kommt. Und natürlich muss die Feuerwehr auch während der Umbauphasen exakte Gebäudepläne haben und jederzeit wissen, wie und wo sie an das Gebäude heranfahren kann und wo sich gerade der Eingang befindet“, so Sebastian Rolko weiter.

Natürlich bedeutet dies auch, dass die Brandmeldetechnik an jedem Bereich und zu jeder Zeit störungsfrei funktionieren muss und die Fluchtwege als solche gekennzeichnet und nicht zugestellt sind. Permanente Kontrollen schaffen hier die nötige Sicherheit. Doch manchmal ist es wegen der teils enormen Staubentwicklung notwendig, die Brandmeldetechnik in einigen Bereichen zu deaktivieren, da es sonst permanente Fehlalarme geben würde. In diesen besonderen Fällen stellt der Bauherr für den Zeitraum der Baumaßnahmen Brandwachen bereit, die in den entsprechenden Bereichen rund um die Uhr im Einsatz sind und die Gebäudeabschnitte überwachen.

Glücklicherweise hat es in der bisherigen Umbauphase noch keine Unfälle mit Verletzten oder Brände gegeben. Auf den fertig sanierten Etagen sind die Flure mit verkabelten Brand- und Bewegungsmeldern versehen. In Zwischendecken mit begrenztem Wartungszugang kommen Rauchansaugsysteme zur Brandfrüherkennung zum Einsatz. Aufgeschaltet werden diese Meldeeinheiten auf eine Meldeanlage.

Funkbasiert arbeitet nur die Telefontechnik, die es den Bediensteten ermöglicht, mit den mobilen Geräten überall auf dem Gelände erreichbar zu sein und telefonieren zu können.

„In manchen Bereichen wird die Technik, die von den Bauvorschriften vorgegeben wird, in der täglichen Praxis leider außer Kraft gesetzt“, sagt Sebastian Rolko. Ein Beispiel sind manche der neuen Zugänge zu den gerade fertig gestellten Veranstaltungsräumen, die von Menschen mit körperlichen Einschränkungen komfortabel mittels Drucktaster betätigt werden können. Die Türen öffnen und schließen dann automatisch. Solch ein Taster lädt immer wieder zu Missbrauch ein. Auch wird auf den elektronischen Öffnungs- und Schließvorgang keine Rücksicht genommen, so dass Schäden an der Technik vorprogrammiert sind. „Natürlich hoffen wir, dass Manipulationen bei der gesamten Sicherheitstechnik, die unauffällig und zuverlässig funktioniert, nie vorkommen werden“, so Sebastian Rolko abschließend.

Matthias Fischer

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