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TÜV Rheinland 23. September 2016

Check-up fürs digitale Herz

Gründe für den Ausfall eines Rechenzentrums gibt es viele. TÜV Rheinland unterstützt Unternehmen beim Identifizieren, Bewerten und Beseitigen möglicher Risiken. Dafür nutzen die Experten einen eigens entwickelten Kriterienkatalog und führen spezialisierte Tests durch.

Rolf Walter
Rolf Walter

Im schlimmsten Fall geht gar nichts mehr. Die Fertigungsstraße steht still, der Zugriff am PC auf zentral gespeicherte Dokumente versagt, auch die Kommunikation per E-Mail funktioniert nicht: Der Ausfall seines Rechenzentrums kann ein Unternehmen komplett ausbremsen. „Weil die Digitalisierung von Geschäftsprozessen rasant voranschreitet, zählt ein sicheres Rechenzentrum zu den zentralen Erfolgsfaktoren für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens“, erklärt Diplom-Ingenieur Rolf Walter, Verantwortlicher im Team Data Center Services bei TÜV Rheinland. Eine funktionierende IT bildet die Grundlage für den Workflow im Betrieb. Auch Vertragsabschlüsse hängen zunehmend davon ab, ob dem Geschäftspartner Nachweise über die Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit unabhängiger Dritter vorgelegt werden können, etwa in Form von Zertifizierungen. Banken und Versicherungen lassen die Sicherheit und Verfügbarkeit der Rechenzentren ihrer Kunden sogar in die Kalkulation von Kredit- und Prämienkonditionen einfließen.

Das Team Data Center Services von TÜV Rheinland hat schon zahlreiche Unternehmen unterschiedlichster Branchen und Betreiber von Rechenzentren beraten. Im Idealfall wendet sich der Auftraggeber an die Experten, wenn der Neubau eines Rechenzentrums im Raum steht. Denn zu diesem Zeitpunkt lassen sich typische Fehlerquellen mit dem entsprechenden Know-how leicht identifizieren und ausschalten. Nachträgliche bauliche Änderungen hingegen sind oftmals aufwändig. Natürlich empfiehlt sich eine umfassende Bewertung auch bei bestehenden Rechenzentren und Serverräumen – insbesondere, falls dies in der Vergangenheit noch nicht erfolgt ist, aber eine Erweiterung der Kapazitäten erforderlich ist.

Für die Beratung von IT-Verantwortlichen und die Zertifizierung von Rechenzentren haben die Experten von TÜV Rheinland einen eigenen Kriterienkatalog entwickelt, der alle relevanten Aspekte für eine verlässliche Bewertung abdeckt. Transparenz schafft Vertrauen – deshalb können interessierte Unternehmen den Katalog auf der Website von TÜV Rheinland kostenlos herunterladen. Er basiert insbesondere auf der „Rechenzentrums-Norm“ DIN EN 50600 sowie auf eigenen Best-Practice-Erfahrungen und wichtigsten internationalen Richtlinien und Standards. Die Anwendung gewährleistet, dass der Betreiber eines bestehenden oder der Bauherr eines neuen Rechenzentrums alle relevanten Vorgaben hinsichtlich Betriebssicherheit und Effizienz erfüllt. Die Kriterien erstrecken sich von der Standortwahl und Gebäudekonstruktion über die Elektro- und Klimatechnik bis hin zu Sicherheit, Wartung und Personal. TÜV Rheinland wird diesen bis September 2016 um mehrere Themenbereiche erweitern, darunter „Cybersicherheit“, „Angriffe auf netzwerkangebundene Komponenten der Energie- und Kältetechnik“, „Disaster Recovery“ und „Zertifizierung von Rechenzentrumsverbünden“.

Falls gewünscht, steht TÜV Rheinland über alle Phasen hinweg als zentraler Ansprechpartner und Dienstleister bereit: von der ersten Planung des Rechenzentrums bis zur Inbetriebnahme. Unternehmen können aber auch einzelne Beratungsleistungen in Anspruch nehmen oder sich nur nach einem bestimmten Standard zertifizieren lassen.

„Die spannendsten Anforderungen stellen in der Regel die 'Elchtests' dar, sowohl für uns als auch für das jeweilige Unternehmen“, berichtet Rolf Walter. Dabei handelt es sich um Tests, die nach der Inbetriebnahme offenlegen, ob die hochkomplexe technische Gebäudeausrüstung zuverlässig funktioniert – eine zentrale Voraussetzung für die Abnahme des neu errichteten Rechenzentrums. Der „Elchtest“ simuliert verschiedene Störungen und Umschaltszenarien und nimmt währenddessen die betroffenen Komponenten aus Elektrotechnik, Kälteversorgung und Sicherheitstechnik ins Visier. Zum Beispiel mit dem „Black Building“- Test, bei der die Hauptstromzufuhr unterbrochen wird. Läuft der Notstrom automatisch an? Werden die Schaltvorgänge fehlerfrei übernommen? Und wechselt das System zurück in den Normalbetrieb, sobald der Hauptstrom wieder verfügbar ist? Lautet die Antwort auf eine dieser Fragen „nein“, besteht Handlungsbedarf. Ein weiterer Test: Wenn eine von zwei redundanten Klimaanlagen ausfällt, muss die andere die vorgegebene Temperatur alleine halten können. Schafft sie das nicht, gilt es nachzubessern.

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Mit dem „Elchtest“ kann das Unternehmen frühzeitig Fehler im Rechenzentrum aufdecken, die bei einer herkömmlichen Inbetriebnahme unter Umständen verborgen bleiben und die sich später massiv auf den regulären Betrieb auswirken könnten. Willkommender Nebeneffekt: Das Personal des Rechenzentrum-Betreibers erhält ein effektives Training on the Job und kann seine Anlagenkenntnisse enorm erweitern. Letztlich tragen die Tests von TÜV Rheinland also entscheidend dazu bei, mögliche Ausfallzeiten zu reduzieren und die Verfügbarkeit zu verbessern – und damit die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.

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