Direkt zum Inhalt

Sicherheit ist Vertrauenssache

Die aus der Schweiz stammende Firma Securiton ist seit nunmehr 40 Jahren auch auf dem deutschen Markt aktiv und hat heute neben Brand- und Sonderbrandmeldetechnik ein Produktportfolio zu bieten, das von Gefahrenmeldetechnik bis hin zur intelligenten Videoüberwachung reicht. PROTECTOR & WIK fragte bei Frank Betsch, Leiter Vertrieb und Prokurist, und Markus Meer, Produktmanager Brandmeldesysteme, was das Geheimnis des Erfolgs ist, und wohin die Reise in den nächsten 40 Jahren geht.

Markus Meer (links) und Frank Betsch blicken auf 40 Jahre Securiton in Deutschland und aktuelle Entwicklungen im Sicherheitsmarkt.
Markus Meer (links) und Frank Betsch blicken auf 40 Jahre Securiton in Deutschland und aktuelle Entwicklungen im Sicherheitsmarkt.

PROTECTOR & WIK: Im Jahr 1978 starteten die Aktivitäten der Securiton- Handelsvertretung in Deutschland – ist die Motivation und die Ausrichtung des Unternehmens heute noch vergleichbar mit der vor 40 Jahren?

Markus Meer: Als ich 1989 in die Firma kam, waren wir nur drei Personen, und der Firmengründer Artur Schmidt war sehr aktiv, um die Sonderbrandmeldetechnik im Markt bekannt zu machen. Ihm ging es darum, die Feuerwehren, die Fachplaner und Errichter über die noch neue Technik für den Einsatz in schwierige Umgebungsbedingungen zu informieren und sie bei der Planung zu unterstützen. Der Ursprung der Sonderbrandmeldetechnik – damals noch als Rauchansaugsysteme bezeichnet – ist heute als Ansaugrauchmelder bekannt. Securiton sieht sich als Pionier, der diese Sensortechnologie für den industriellen Einsatz standardisiert hat. Eine Technologie, die ursprünglich primär zum Schutz von Kulturgütern eingesetzt wurde. Bei diesen Anwendungen waren die ästhetischen Anforderungen so gelagert, dass man die großen, unförmigen Punktmelder nicht sichtbar an der Decke anbringen wollte. Die Lösung dafür waren unsere Ansaugrauchmelder. Als Securiton dann vor 40 Jahren die Marktbearbeitung in Deutschland startete, sah man, dass es noch eine Vielzahl von weiteren Anwendungsmöglichkeiten für diese Technologie gab. Damals gab es keine Normen, keine Richtlinien oder sonstige Anforderungen, und Artur Schmidt konnte ausgiebig Markt generieren und in der Industrie den Bedarf wecken. Unsere ersten Kunden waren Marktbegleiter, Errichter als auch Systemhäuser, die solche Systeme nicht in ihrem Portfolio hatten – und zum Teil auch bis heute nicht haben.

Frank Betsch: Viele Jahre hat sich alles auf eine Technologie konzentriert. Wir bedienten ausschließlich das Sonderbrandmeldetechnik-Geschäft, doch im Laufe der Zeit wurden Marktgrenzen und Abhängigkeiten bezüglich der Absatzkanäle bemerkbar. Vor rund 25 Jahren reifte die Idee, sich breiter als Systemanbieter aufzustellen, als der wir uns heute etabliert haben. Heute ist die Motivation des Unternehmens insofern anders gelagert, als dass wir unabhängiger im Markt agieren können, breit aufgestellt sind, und Lösungs und Systemanbieter mit aktivem Vertrieb und direkter Kundenbearbeitung sind. Wir sehen uns daneben immer noch als den Anwendungsspezialisten für Sonderbrandmelde-Technologien, denn hier haben wir in den vergangenen 40 Jahren viel Wissen und Know-how erarbeitet. Ich möchte behaupten, dass es in diesem Bereich keine Anwendung gibt, für die wir keine Lösung haben, und die wir am Ende nicht beherrschen. Die richtige Auswahl des bestmöglichen Brandmelders oder -sensors ist immer noch unsere Motivation. Natürlich ist die Wettbewerbssituation heute anders: Inzwischen haben viele andere Hersteller ähnliche Technik in ihrem Portfolio. Unser Unique Selling Point ist jedoch, dass wir aufgrund unserer jahrzehntelangen Erfahrung wissen, wie diese Technik in jeder auch noch so schwierigen Umgebung bestmöglich appliziert wird. Das macht uns als Spezialisten aus.

Heute möchte Ihr Unternehmen als Gesamtlösungsanbieter wahrgenommen werden, warum halten Sie dies im Sicherheitsmarkt für essentiell?

Markus Meer: Securiton hat technologisch gesehen immer schon ein sehr breites Portfolio: Brandmeldesysteme, Einbruch- und Gefahrenmeldesysteme, Alarmmanagementsysteme, Videosicherheitslösungen, Zutrittskontrollsysteme, Fluchttürsteuerung. Von der Schweiz aus wurde diese Produktvielfalt dann auch in den deutschen Markt übertragen und ein Direktvertrieb dafür entwickelt. Aus dem früheren Produktvertrieb wurde inzwischen ein Systemvertrieb.

Anzeige

Frank Betsch: Schaut man sich die Anbieterlandschaft an, sieht man – gerade im Zutrittskontrollmarkt – weiterhin viele Unternehmen, die nur eine einzige Technologie oder ein Gewerk besetzen. Auch im Segment Brand- oder Einbruchmeldesysteme gibt es einige sehr spezialisierte Hersteller. Auf der anderen Seite stehen Systemhäuser wie Securiton. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir ein Leistungsspektrum aus eigener Entwicklung und Fertigung anbieten. Die Systemintegratoren kaufen letztendlich ihre Technologien zu, während wir unsere eigenen Lösungen verbauen. Somit können wir viel größeren Einfluss auf die Entwicklung und Produktbereitstellung nehmen. Auch die notwendige Wissenstiefe ist bei einem Hersteller natürlich ganz anders ausgeprägt. Das kommt uns im Markt bei der Konzeption, bei der unterstützenden Beratung und Planung sowie bei der Systemintegration, wenn die Gewerke auf eigener technologischer Basis zusammengeschaltet werden sollen, wiederum zugute. Ein freier Systemintegrator hat Produkte unterschiedlichster Hersteller in technologieübergreifenden Gesamtsystemen zusammenzuführen, das ist auch heute nicht einfach. Trotz aller Schnittstellenstandards: Das vielzitierte „Plug-and-Play“ gibt es in unserer Welt nach wie vor nicht.

Haben proprietäre Insellösungen in der modernen Sicherheitswelt überhaupt noch eine Daseinsberechtigung?

Markus Meer: Versteht man proprietär als die Lösungen unterschiedlicher Hersteller und Fabrikate, dann ist die Sicherheitsbranche in der Realität immer noch proprietär ausgerichtet. Die Systeme unterschiedlicher Hersteller kommunizieren nicht immer automatisch miteinander. Hier sind integrierende Komponenten nötig, um zu erreichen, dass die Gewerke miteinander sprechen. Mittelfristig wird es Standards geben müssen, damit eine Hersteller übergreifende Kommunikation jederzeit gewährleistet werden kann.

Frank Betsch: Als Hersteller und Systemanbieter können wir heute insgesamt eine hohe Integrationstiefe erzielen: von den Informationen, die ein Sensor wiedergibt bis hin zum Management, dem Übertragen, Visualisieren und Auswerten. Auch meines Erachtens wird es mehr und mehr eine Standardisierung geben. Die heutigen Systeme mit eigenen Protokollen werden sich zukünftig weiterentwickeln und gerade in der Gebäudetechnologie zu einer Einheit verbinden lassen müssen. Im Hinblick auf die Realisierung von umfassenden Systemintegrationen wird es sicherlich immer weniger proprietäre Lösungen geben.

Wie schnell müssen Unternehmen auf Marktveränderungen reagieren?

Frank Betsch: Vor allem durch gesetzliche Rahmenbedingungen kann sich im Markt plötzlich eine gewaltige Dynamik entwickeln. Das sieht man aktuell am Beispiel der IT-Sicherheit und der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung, die viele Unternehmen vermeintlich aus dem Nichts trifft. Unsere Produkte aus der Videosicherheitstechnik basieren natürlich ebenfalls auf Informationstechnologie, und man muss als Systemanbieter die Kompetenz und Antworten auf die Fragen der Kunden haben. Die Sicherheitsbranche hat sich innerhalb der letzten 20 Jahre in die IT-basierende Welt mit all ihren Netzwerkinfrastrukturen verlagert, deshalb müssen wir uns mit den daraus entstehenden Anforderungen auseinandersetzen. Wir haben das Wissen dazu und brauchen keinen externen Dritten, der die IT-Security für uns übernimmt, wenn wir IP-basierende Gesamtsysteme errichten. Im Bereich Kritischer Infrastrukturen ist die IT-Sicherheit bereits seit einigen Jahren ein ganz wichtiges Thema, da sie gesetzlich gefordert ist.

Können Sie dem Anspruch als Lösungsanbieter mit dem eigenen Produktportfolio gerecht werden, oder setzen Sie dabei auch auf Partnerschaften?

Frank Betsch: Unter dem Dach der Schweizer Securitas Gruppe sind die kompletten Entwicklungseinheiten, die Technologie und das Know-how zusammengefasst, um das Produkt richtig planen und einsetzen zu können – egal ob es Branddetektion, Einbruchmeldetechnik oder Videoüberwachung ist. Der Schlüssel, um dies bewerkstelligen zu können, ist unser Gruppenverbund: Hier gibt es spezielle Kernkompetenzen, die allen Gesellschaften der Gruppe zur Verfügung stehen. Die Unternehmens-Gruppe versteht sich als eine große Familie, in der man das Wissen untereinander teilt.

Wie entwickelt sich aktuell die Nachfrage nach Sonderbrandmeldern und woher stammt der Bedarf?

Markus Meer: Der Brandschutz ist gesetzlich geregelt, zum Beispiel durch die Industriebauverordnung oder die Sonderbauverordnung, in der Brandmeldeanlagen, Rauch- oder Wärmemelder im Rahmen des Brandschutzkonzeptes gefordert sind. Der Planer muss diese entsprechend berücksichtigen. Ob letztendlich ein Ansaugrauchmelder oder ein punktförmiger Melder verbaut wird, entscheidet der Facherrichter. Wir unterstützen und begleiten den Planer bei seinem Konzept. Das ist nicht nur ein Schlüssel zu unserem Erfolg, sondern auch ein Türöffner, um mit unserer Kompetenz überzeugen zu können, und den Zuschlag für ein Projekt zu erhalten. Da wir seit 40 Jahren auf dem deutschen Markt tätig sind, ist es üblich, dass die Planer mit ihren Aufgabestellungen direkt auf uns zukommen. Wir bieten mit Sonder- und Standardbrandmeldetechnik ein 360 Grad Gesamtportfolio in der Branddetektion mit eigenen Systemen und unserem umfassenden Know-how. Mit der bereits 2016 vorgestellten einzigarten Funktionalität „Config over Line“ können wir unsere Sonderbrandmeldetechnik sogar direkt von unserer Brandmeldezentrale aus der Ferne verwalten. Bisher mussten Techniker die Sondersysteme aufwändig mit dem Laptop vor Ort konfigurieren, in Betrieb nehmen und Instand halten. Wir schaffen es durch stetige Weiterentwicklungen praxisnahe Lösungen bereitzustellen.

Frank Betsch: Neben den Verbindungen und Geschäftsbeziehungen zu Planern und Systempartnern adressieren wir den Anwender der Sicherheitsanlagen, den Mittelstand, die Industrie und mit unserem Personenschutzkonzept „Premium Private“ sogar den exponierten privaten Endkunden. Das hochwertige, gehobene private Umfeld passt gleichfalls zu unserem Leistungsspektrum: Dieser Zielgruppe geht es nicht primär um den Schutz ihrer Werte, sondern um den Schutz der Familie. Hier können wir ein Gesamtkonzept anbieten, das diesen Anforderungen gerecht wird. Und hier kommen beispielsweise wiederum bevorzugt unsere Ansaugrauchmelder zum Einsatz, die eine dezente, unsichtbare Branddetektion ermöglichen und so im hochwertigen privaten Umfeld auch den Architekten bei der Umsetzung der Kundenwünsche sehr entgegen kommt.

Wir wagen einen Ausblick: Mit welchen Themen wird sich Securiton in 40 Jahren beschäftigen?

Markus Meer: Die Digitalisierung ist über die nächsten Jahre hinweg ein wichtiges Stichwort. Eine Dimension wird die Veränderung auf der technologischen Seite hin zu Netzwerktechnik und zunehmender Standardisierung sein, eine zweite Dimension wird die organisatorische und prozesstechnische Seite sein. Die Digitalisierung wird zwangsläufig dazu führen, dass einige Arbeitsleistungen zukünftig nicht mehr vonnöten sein werden – oder zumindest der Aufwand dafür deutlich reduziert wird. Allem voran sei hier die Wartung von Geräten genannt. Das betrifft natürlich nicht nur die Sicherheitsbranche, sondern hier müssen branchenübergreifend Mehrwerte geschaffen werden. Die digitale Vernetzung wird für eine Zentralisierung von Wartung und Service sorgen. Melder müssen dann nicht mehr vor Ort geprüft werden, sondern man kann sich aus der Ferne aufschalten. Wir sehen heute die ersten Schritte in diese Richtung, und unsere Melder sind durchaus schon in der Lage, sich selbst zu überwachen. Das Regelwerk, das bislang noch fordert, dass ein Melder einmal im Jahr vor Ort geprüft werden muss, wird dieser Entwicklung früher oder später folgen.

Frank Betsch: Der Faktor Mensch wird aber keineswegs eliminiert, sondern trotz der Digitalisierung wichtig bleiben. Sicherheit ist Vertrauenssache. Deshalb werden die Kunden auch in Zukunft darauf achten, mit wem sie zusammenarbeiten, und welches Unternehmen dahinter steht. Das wird sicher auch in 40 Jahren noch so sein.

Britta Kalscheuer

Passend zu diesem Artikel