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Neuausrichtung der ASW 12. November 2012

Fit für die Zukunft

Vor einem Jahr hat die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft (ASW) e.V. ihr Konzept reformiert. Über den aktuellen Stand der Neukonzeptionierung sprach W&S mit Volker Wagner, Leiter Group Business Security der Deutschen Telekom, und seit März 2012 Vorstandsvorsitzender der ASW.

Volker Wagner, Leiter Group Business Security der Deutschen Telekom AG und Vorstandsvorsitzender der ASW e.V.
Volker Wagner, Leiter Group Business Security der Deutschen Telekom AG und Vorstandsvorsitzender der ASW e.V.

W&S: Wie sieht denn Ihr persönliches Zwischenfazit nach gut einem halben Jahr als Vorstands-vorsitzender aus?

Wagner: Für mich persönlich ist es nach wie vor eine faszinierende Aufgabe, die Nahtstelle zwischen Wirtschaft und Staat in Sicherheitsfragen weiter zu verbessern. Dazu haben wir ein umfassendes Reformkonzept erarbeitet, welches wir jetzt Schritt für Schritt umsetzen. Im Übrigen erhalten wir dazu zahlreiche positive Resonanzen von unseren Mitgliedern und aus unserem sicherheitspolitischen Umfeld.

Können Sie uns nochmals kurz die Kernaspekte dieses Reformkonzepts erläutern?

Wir haben in unserem Reformkonzept genau vier thematische Hauptschwerpunkte benannt und diese kurz definiert. Zunächst einmal ist es uns wichtig, dass die Sicherheit nicht als reiner Regelungsgeber und Kontrolleur gesehen wird, sondern einen Imagewandel hin zu „Sicherheit als Business Enabler“ stattfindet.

Was meinen Sie mit „Ermöglicher“?

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Dazu gehört für uns unter anderem die Stärkung der IT, der Schutz von Mitarbeitern, die als Experten im Ausland unterwegs sind, der Schutz vor Wirtschafts- und Konkurrenzspionage sowie Geheim- und Sabotageschutz, aber auch die Sicherung von Energie- und Rohstoffversorgung sowie der Schutz von Handelsströmen.

Als nächstes sehen wir Sicherheit als Designkriterium, sprich: Sicherheit ist nötig für ein nachhaltiges Wachstum. Das heißt, Sicherheit sollte zum Design-Prinzip werden, indem Sicherheitsanforderungen den gesamten Lebenszyklus eines Produktes begleiten und Bestandteil der Geschäftsprozesse sowie Teil der Wertschöpfungskette inklusive Forschung und Entwicklung werden. Dabei ist auch der Faktor Mensch ganz entscheidend: Ein positives und nachhaltiges Arbeitsklima sichert Loyalität, und Information schafft Awareness, die auch angenommen wird.

Das waren jetzt zwei Schwerpunkte. Welches sind die anderen beiden?

Ebenfalls für wichtig erachte ich - und das Potential sollte nicht unterschätzt werden - Sicherheit als Differentiator zu sehen. Denn in diesem Zusammenhang haben wir die Gelegenheit, Sicherheit zu einem Standortvorteil für Deutschland zu machen. Wenn wir uns die aktuelle Situation in Bezug auf unsere Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen (Kritis) oder unsere Vorbereitungen zum Schutz vor terroristischen Bedrohungen anschauen, braucht sich Deutschland meines Erachtens nicht zu verstecken. Vor allem durch unseren gelebten Multilateralismus ist unser Land extrem gut vernetzt mit unseren Nachbarländern, der gesamten EU und darüber hinaus. Deutschland garantiert auch ein hohes Maß an gesetzeskonformen Handeln durch konsequentes Anti-Fraudmanagement und eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Korruption und Bestechung. Da haben wir anderen – vielleicht kostengünstigeren – Standorten in anderen Ländern häufig etwas voraus und liefern einen echten Mehrwert, der auch so deutlich kommuniziert werden sollte.

Zum Schluss haben wir noch einen vierten Schwerpunkt auf Sicherheit als Handlungsrahmen, sprich Sicherheit mit Normen und Gesetzen, gelegt. Viele unserer Mitglieder, und so auch die Deutsche Telekom AG, orientieren sich bei der Organisation und Durchführung von Sicherheitsaufgaben an anerkannten internationalen Standards wie die ISO 27000 und den British Standard zu Business Continuity Management (BCM - BS 25999 Standard). Diese werden immer mehr zu einem wichtigen Qualitätsmerkmal, darum lassen sich mittlerweile viele nach den Standards zertifizieren und richten ihre Securitypolicies danach aus. Das ist ebenso wichtig wie ein vertrauensvoller Daten- und Informationsschutz, das heißt den Schutz der persönlichen Identität eines jeden Einzelnen sicherzustellen beziehungsweise zu gewährleisten, so dass ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Arbeitgebern, aber auch gegenüber dem Kunden möglich ist.

Zu all diesen Punkten sehe ich ein hohes Potential für die ASW, vor allem als Bindeglied, die Kooperation zwischen Wirtschaft und Staat zu stärken. Wie wir das machen wollen, erzähle ich Ihnen gerne ausführlicher in einem nächsten Interview.

Das ist ein umfangreiches „Paket“. Hatten Sie sich die Neuausrichtung so schwierig vorgestellt?

Ja, mir war von Anfang an klar, dass es sich bei der Neuausrichtung nicht um einen Spaziergang handelt. Deshalb haben wir bei der Umsetzung der Reform zwei Schwerpunkte in den Fokus genommen: erstens die Verbesserung des Zusammenarbeit und zweitens den Aufbau einer Finanzierung. Um die Zusammenarbeit zu intensivieren, werden wir zum Beispiel Plattformen anbieten, die Sicherheitsexperten einen Austausch mit weiteren Fachleuten auf anderen Unternehmen ermöglichen. Zusätzlich sind wir mit den neu eingerichteten Arbeitskreisen zur Aus- und Weiterbildung sowie zum Thema personelle Sicherheit gestartet.

Wie ist die Resonanz Ihrer Mitglieder auf diese Veränderungen? Hier wurde ja häufiger die Kritik angebracht, dass die ASW nicht „schlagkräftig“ genug ist?

Wir nehmen die Kritik und das Feedback unserer Mitglieder sehr ernst. Aus diesem Grund haben wir die Reformmaßnahmen mit unseren Mitgliedern auf unserer Mitgliederversammlung intensiv besprochen und mit den entsprechenden Beschlüssen aus der Versammlung versehen. Dabei ist eines klar: Unsere „Schlagkraft“ wird dann am stärksten sein, wenn wir intensiv und kooperativ zusammenarbeiten.

Um die „Schlagkraft“ zu erhöhen, versuchen Sie auch, neue Verbände als Mitglieder zu finden?

Aber sicher - auch hier sind wir sehr aktiv. Wir durften in diesem Jahr mit dem Deutschen Fraud Forum (DFF) und der Association of Certified Fraud Examiners (ACFE) bereits zwei neue Mitglieder begrüßen. Darüber hinaus bin ich aktuell in Gesprächen mit drei weiteren Verbänden, die großes Interesse an einer ASW-Mitgliedschaft zeigen. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich die Namen erst nennen möchte, wenn alles unter Dach und Fach ist.

Die Finanzierung haben Sie schon kurz angesprochen: Um entsprechend aktiv zu sein, braucht es natürlich Geld. Denken Sie da an neue „Quellen“?

Eine solide Finanzierung ist natürlich auch für die ASW essentiell. Auch hier gehen wir neue Wege. Letztendlich streben wir eine Mischfinanzierung an: aus Mitgliedsbeiträgen, Veranstaltungen, Spenden. Das Ganze muss jedoch auch mit einer strikten Kostenkontrolle verbunden sein.

Schauen wir noch etwas über den Tellerrand: Die Security war die beste Plattform dafür – wie weit vorne sehen Sie das Thema Unternehmenssicherheit in Deutschland im Vergleich zum Ausland?

Lassen Sie mich bitte zunächst die Gelegenheit nutzen, den Veranstaltern der Security Messe und der Stadt Essen zu dieser äußerst gelungenen Messe zu gratulieren. Die Aussteller- und Teilnehmerzahlen sprechen hier für sich. Was für uns Deutsche im internationalen Vergleich spricht, ist die Ernsthaftigkeit und Kompetenz, mit der wir unsere Sicherheitsaufgaben wahrnehmen. Nachholbedarf haben wir in der Vernetzung zwischen Wirtschaft und Politik sowie in der Abstimmung unserer Aktivitäten. Zudem sehe ich die Interessen der Wirtschaft in Europa insgesamt, bezogen auf Wirtschaftsschutz, noch nicht ausreichend in Brüssel platziert.

Also genau der richtige Ansatz für die ASW. Was würden Sie sich denn von der Politik noch mehr wünschen?

Wir von der ASW - und auch ich ganz persönlich - erfahren schon jetzt eine sehr große Bereitschaft zum Dialog und eine tatkräftige Unterstützung von Seiten unserer politischen Ansprechpartner sowie aus den jeweiligen Sicherheitsbehörden. Wenn ich einen Wunsch frei habe, dann ist dies Stabilität und Kontinuität. Wie schwer dies im Einzelfall zu gewährleisten ist, haben ja die zahlreichen Veränderungen in den letzten beiden Monaten gezeigt.

Interview: Annabelle Schott-Lung

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