Direkt zum Inhalt
Digitalisierung 23. August 2017

Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Zukunft

Alle reden von Digitalisierung. Doch fast jeder rückt dabei einen anderen Aspekt in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Wir stellen fünf Treiber der Digitalisierung in der Sicherheitstechnik vor, von denen jeder einzelne Ansatzpunkte liefert, Geschäfte zu realisieren.

Dr. Peter Fey von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, stimmte am 5. Juli 2017 auf der Sicherheitsexpo in München mit seinem Vortrag zur Digitalisierung auf die Vergabe des PROTECTOR Awards ein.
Dr. Peter Fey von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, stimmte am 5. Juli 2017 auf der Sicherheitsexpo in München mit seinem Vortrag zur Digitalisierung auf die Vergabe des PROTECTOR Awards ein.

Die Digitalisierung ist ein umfassendes Phänomen, das einen kontinuierlichen, in digitalen Technologien begründeten Veränderungsprozess beschreibt, der auf wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Ebene stattfindet. Jedem in der Branche ist bewusst, dass die Produkte der Sicherheitstechnik längst digital sind: Es gibt digitale Kameras, digitale Schlösser, selbst digitale Zäune gehören zum Standardangebot. Was also bringt die Digitalisierung an Neuerungen und was davon kann den Unternehmen der Sicherheitstechnik neue Geschäftsperspektiven eröffnen?

In diesem Zusammenhang hilft es, einen Blick auf die Dimensionen der Digitalisierung zu werfen, denn es geht nicht nur um digitale Produkttechnologien. In Summe gibt es drei weitere Dimensionen, welche neue Ideen für Geschäftschancen bieten. Zum einen sind dies digitale Infrastrukturen wie Netzwerke und Cloud-Lösungen. Zum anderen gibt es digitale Anwendungen wie Apps und Algorithmen. Die Kür von allem stellen jedoch digitale Geschäftsmodelle dar, mit deren Hilfe sich die Unternehmen völlig neue Möglichkeiten erschließen können. Ähnlich wie in der Automobilindustrie, wo man davon ausgeht, dass zukünftig nicht mehr das Auto an sich die Geschäftsbasis darstellt, sondern Mobilitätsdienstleistungen wie fahrverhaltensbezogene Versicherungen und digitale Services wie Telematikdienste, wird in der Sicherheitstechnik ein Umdenken stattfinden müssen. Daten und die mit ihnen gestrickten Geschäftsmodelle werden in den nächsten Jahren zum beherrschenden „Schmierstoff“ der Branche avancieren.

Doch was sind die Treiber des Megatrends Digitalisierung? Im Wesentlichen werden die Veränderungen durch die Themenfelder Neue Technologien, Vernetzung und Integration, Cyber Security, Datenanalyse und Neue Geschäftsmodelle beeinflusst.

Bei den neuen Technologien sollte der Blick auf Technologiefelder jenseits der ausgetretenen Pfade gerichtet werden. Im Rahmen des Trend-Scouting geht es darum, frühzeitig neue Entwicklungen auch innerhalb anderer Branchen zu identifizieren. Werden diese auf eine gezielte Nutzung im eigenen technologischen Umfeld geprüft, lassen sich zahlreiche Anregungen für die eigenen Innovationsvorhaben erschließen. Insbesondere die so genannten „Emerging Technologies“ zeigen Entwicklungen auf, mit denen sich auch Unternehmen der Sicherheitstechnik mittelfristig auseinandersetzen sollten, wenn Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft eine bedeutende Rolle einnehmen. Echte Innovationen entstehen immer durch eine bisher nicht dagewesene Kombination von Technologien. Dass hierfür auch Partnerschaften und Kooperationen eingegangen werden können, um Know-how-Defizite zeitnah zu überwinden, versteht sich von selbst.

Chancen und Risiken beachten

Anzeige

Der zweite Treiber, die zunehmende Vernetzung von Produkten und die individuelle Integration von Einzellösungen zu umfassenden Gesamtlösungen, birgt neben den Chancen einer verbesserten Leistungsfähigkeit vor allem auch umfangreiche Risiken. Seit dem Siegeszug des „Internet of Things“ (IoT) wird vor den Gefahren gewarnt, die die Vernetzung mit sich bringt. Jedoch entstehen durch die zunehmende Integration auch vielfältige Möglichkeiten der Gefahrenerkennung und -bekämpfung. Gerade im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit könnten durch eine gemeinsame Auswertung bisher getrennter „Sicherheitsinseln“ in Form von Meta-Netzwerken, schneller und gezielter gefährliche Sachverhalte aufgeklärt werden. Allerdings müsste hierfür erst der gesetzliche Rahmen geschaffen werden, ohne dass die Befürchtungen einer Orwellschen Überwachungswelt Realität werden. Auch wird es gerade im privaten Umfeld immer mehr Geräte wie Alexa und Co geben, welche die verschiedensten Produkte aus dem Smart-Home-Umfeld auf das Einfachste miteinander integrieren. Auch die Entwicklung von Lösungen zum „Physical Security Information Management“ greift den Trend der zunehmenden Vernetzung auf.

In diesem Kontext darf der Hinweis auf Cyber Security nicht fehlen. Insbesondere wenn es um den Schutz kritischer Infrastrukturen geht, kann die Bedeutung der Cyber Security nicht hoch genug eingeschätzt werden. Krankenhäuser, Kraftwerke, Gebäudeautomatisierung – es gibt kaum ein System, das nicht schon Ziel von Hackerangriffen war. Die Sicherheit der diversen Endgeräte ist nur ein Aspekt, den es zu beachten gilt. Identity-and-Access-Management spielt in der Sicherheitstechnik immer schon eine wichtige Rolle. Mit der Zunahme von Cloud-Lösungen wird eine konsistente und sichere Rechte- und Zugriffsverwaltung in der Cloud zum neuen Sicherheits-Perimeter von Unternehmen aufrücken. Das ist auch einer der Gründe, warum „Governance, Risk & Compliance“ (GRC) im IT-Bereich mit dem unternehmensweiten GRC verschmelzen werden.

Differenzierung durch Intelligenz

Das weite Feld der Data Analytics eröffnet den meisten Unternehmen der Sicherheitstechnik wohl die interessantesten Geschäftsperspektiven. Als Folge des IoT nimmt die jährlich generierte Datenmenge dramatisch zu. Die Branche sitzt mit ihren Produkten förmlich wie die Spinne im Netz: Zutrittskontrolle, Videoüberwachung und Rauchmelder liefern Daten unterschiedlichster Quantität und Qualität. Data Analytics bildet einerseits die Grundlage für fundierte sicherheitsrelevante Entscheidungen. Anderseits stellt Data Analytics den Schlüssel zur Identifizierung neuer Geschäftsfelder dar. Gerade der Weg von der „Descriptive Analysis“ (beschreibende Analyse) zur „Predictive Analysis“ (vorausschauenden Analyse) setzt intelligente Algorithmen voraus. Daher wird die Intelligenz des Systems in den kommenden Jahren zum entscheidenden Differenzierungsmerkmal in der Branche werden.

Der letzte und vielleicht der bedeutendste Treiber setzt bei digitalen Geschäftsmodellen und digitalen Services an. Neue Geschäftsmodelle und Data Analytics wirken hierbei Hand in Hand. Erst der intelligente Umgang mit Daten schafft die Voraussetzung für neue Geschäftsmodelle. Doch aktuell nutzen die meisten Player der Branche die generierten Daten noch ausschließlich für den Zweck, für den sie konzipiert sind. Doch die Nutzenpotenziale hinter dem Offensichtlichen sind entscheidend, denn erst sie eröffnen Optionen für neue Geschäftsmodelle. Ist in diesem Zusammenhang denkbar, dass ähnlich wie im Kfz-Versicherungswesen maßgeschneiderte Lösungen für sicherheitstechnische Aufgabenstellung erstellt und aufgrund der individuellen Sicherheitsprofile gleichzeitig mit einer Versicherung durch das errichtende Unternehmen gekoppelt werden?

Die Digitalisierung bietet also vielfältige Optionen, Leistungen zu verbessern oder neue Leistungen für die Kunden anzubieten. Blicken Sie über den Zaun, seinen Sie kreativ und nutzten Sie Daten geschickt. Dann werden sich reichlich Möglichkeiten zur Ausweitung Ihrer Geschäfte auftun.

Dr. Peter Fey, Dr. Wieselhuber & Partner GmbH

Passend zu diesem Artikel