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Neuausrichtung gefordert

Ende 2017 hat sich aus dem BDSW heraus ein neuer Verband gegründet: der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS). Warum dieser Schritt notwendig war und welche Ziele damit verfolgt werden, erfuhr PROTECTOR & WIK von Udo Hansen, Präsident des BDLS.

Die Qualifikationsanforderungen an die soziale Kompetenz, Frustrationstoleranz und Belastbarkeit der Mitarbeiter sind hoch.
Die Qualifikationsanforderungen an die soziale Kompetenz, Frustrationstoleranz und Belastbarkeit der Mitarbeiter sind hoch.

PROTECTOR & WIK: Seit über 100 Jahren vertritt der BDSW – vormals BDWS – die Sicherheits-dienstleister in Deutschland. Warum war es nötig, einen neuen Verband der Luftsicherheits-unternehmen ins Leben zu rufen?

Udo Hansen: Der Bereich Luftsicherheit nimmt einen Sonderstatus in der Sicherheitsbranche ein. Die spezialgesetzlichen Regelungen des Luftsicherheitsgesetzes zwingen die Sicherheitsunternehmen zu einer besonderen und einzigartig engen Kooperation mit den zuständigen Luftsicherheitsbehörden, die teilweise sogar Auftraggeber sind. Neben den vertragsrechtlichen Verpflichtungen sind die Mitarbeiter der Luftsicherheitsunternehmen auch durch die engen Vorschriften, die sich aus der hoheitlichen Beleihungen durch die zuständigen Behörden ergeben, gebunden. Neben diesen rechtlichen, übergeordneten Bindungen ist auch eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahrensvorschriften bei der praktischen Umsetzung der Kontrollmaßnahmen zu beachten.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es besonders qualifizierter Mitarbeiter und deren kontinuierlicher Fortbildung. Da diese Mitarbeiter auch in ständigem Kontakt mit Menschen, die sich den Kontrollmaßnahmen unterziehen müssen, stehen, sind hohe Qualifikationsanforderungen an die soziale Kompetenz, Frustrationstoleranz und die Belastbarkeit zu stellen. Diese Arbeitsbedingungen, mit den genannten vielfältigen Einflussfaktoren, stellen eine Besonderheit im Sicherheitsgewerbe dar. Die geschilderte Komplexität erfordert auch eine Bündelung der Interessen der beteiligten Mitgliedsunternehmen auf Verbandsebene. Es ist Aufgabe des Verbandes, die grundlegenden Verhandlungen, Absprachen und Diskussionen mit den zuständigen Behörden, den Vertretern der Politik sowie andern Interessenvertretungen der Luftverkehrswirtschaft zu führen. Nach innen gerichtet versteht sich der Verband als Moderator, Impulsgeber und Dienstleister der BDLS-Mitglieder. Als Arbeitgeberverband wollen wir diese besondere Situation der Unternehmen und ihrer Beschäftigten auch tarifpolitisch berücksichtigen. Die Lohnentwicklung der letzten Jahre hat deutlich gemacht, dass auch hier große Unterschiede zum restlichen Sicherheitsgewerbe existieren. Darauf muss die Arbeitgeberseite reagieren.

Welche sind Ihre Ziele?

Wir streben eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der gesetzlichen und behördlichen Regelungen im Bereich der Luftsicherheit sowohl in Hinblick auf Zuständigkeitsregelungen als auch der Verfahren an und setzen uns für die Erarbeitung einheitlicher nationaler und europäischer Standards für den Aufgabenvollzug im Bereich Luftsicherheit ein. Es muss eine verbindliche Festlegung dieser Standards durch entsprechende Normen und Zertifikate, sowie eine Vereinheitlichung aller Schulungs-, Prüfungs- und Auditierungsverfahren geben, um die Prozesse insgesamt zu optimieren. Um die Prozesse an den Flughäfen zu optimieren, ist zudem die ständige Weiterentwicklung der Kontrollverfahren, insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklungen in der Sicherheits-/Überprüfungs- und Kontrolltechnik sowie der Möglichkeiten, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergeben, ein wichtiger Faktor für unserer Arbeit. Auf der tarifpolitischen Seite wollen wir schließlich die derzeitige komplizierte Lohnstruktur, mit 70 Tarifverträgen für die Luftsicherheit, vereinfachen. Gemeinsam mit dem Sozialpartner wollen wir bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen und Entlohnungsstrukturen schaffen.

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Wie viele Mitglieder haben Sie heute und welche Unternehmen gehören dem neuen Verband an ?

Wir haben zurzeit knapp 30 Mitgliedsunternehmen, die rund 15.000 Mitarbeiter beschäftigen und mit 650 Millionen Euro rund 75 Prozent des Gesamtumsatzes der Luftsicherheitsbranche erwirtschaften. Dazu zählen die großen Dienstleister an den Verkehrsflughäfen, die fast ausnahmslos bei uns organisiert sind, aber durchaus auch kleine und mittelständische Unternehmen. Wir vertreten zudem auch Unternehmen, die Ausbildungs sowie Beratungsdienstleistungen im Bereich der Luftsicherheit anbieten.

Gibt es aber nicht zahlreiche auch inhaltliche Überschneidung mit dem BDSW?

Es gibt natürlich eine Vielzahl gemeinsamer Interessen. Dies sind zum einen die Förderung des Ansehens der gesamten Sicherheitsdienstleistungsbranche sowie die Fortentwicklung abgestimmte Berufsbilder und Ausbildungsgänge. Auch die Mitwirkung bei der im derzeitigen Koalitionsvertrag geforderten Initiative zur gesetzlichen Neuregelung der Sicherheitswirtschaft werden wir unterstützen. Deswegen besteht ein enger Kontakt zu Gregor Lehnert, dem Präsidenten des BDSW, dem Hauptgeschäftsführer Dr. Harald Olschok und den anderen Gremien des Verbandes.

Mit welchen Luftfahrtverbänden und -behörden arbeiten Sie noch zusammen?

Wir haben einen regen Austausch mit allen wichtigen Verbänden der Luftverkehrswirtschaft wie dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen e.V. (ADV) und dem Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF). In vielen Gesprächen zu Beginn der Verbandsarbeit des BDLS wurden die Schnittmengen der Verbände besprochen, und wir haben bereits vereinbart, an Projekten gemeinsam zu arbeiten. Bei diesen Gesprächen und Kontakten wurden eine Vielzahl gemeinsamer Interessenlagen und die Notwendigkeit abgestimmter Lösungen identifiziert.

Gerade in der Dienstleisterbranche geht es ja immer auch um die Qualität. Wie sehen Sie die Sicherheitsdienstleister in Deutschland aufgestellt? Und, Sie sprachen es bereits kurz an, was halten Sie beispielsweise von Zertifizierungen von Luftsicherheitsdienstleistern?

Die Vergangenheit hat bewiesen, dass die Luftsicherheitsdienstleister ihren Aufgaben grundsätzlich hervorragend gerecht werden. Für eine objektive Bewertung von Dienstleistungen jeder Art bedarf es jedoch eines professionellen Bewertungssystems mit quantitativen und qualitativen Elementen. Erst mit einem derartigen System, das auf Normen und gegebenenfalls Zertifizierungen beruht, sind eine objektive Bewertung und ein Vergleich erbrachter Leistungen möglich. Dies gilt auch für die Dienstleistungen in der Luftsicherheit. Derzeit mangelt es jedoch gerade an diesen Normierungen, wie sie sich beispielsweise aus einer Branchen-, einer ISO- oder einer DIN-Norm ergeben. Der BDLS stellt sich auch hier als Initiator und Diskussionsforum auf dem Weg zu einer derartigen Normenlandschaft zur Verfügung. Damit würden sowohl die Vergabeentscheidungen als auch die anschließende Bewertung der erbrachten Leistungen durch die Auftraggeber objektiviert und transparenter gemacht.

Was wünschen Sie sich mittelbis langfristig von der Politik? Vermissen Sie irgendwelche gesetzliche Regelungen?

Dass die Politik Handlungsbedarf auf gesetzlicher Ebene gesehen hat, ergibt sich bereits aus dem bereits erwähnten Koalitionsvertrag. Momentan sind sowohl die gesetzlichen Zuständigkeiten für die unterschiedlichen Aspekte als auch die Vorschriften für die Administration und den Vollzug der Aufgaben sehr stark aufgesplittert, unübersichtlich und nicht aufeinander abgestimmt. Das Gleiche gilt für die Ausbildungsprüfungs- und Auditierungsvorschriften. Auch die Berücksichtigung der legitimen wirtschaftlichen Interessen von Flughafenbetreibern, Luftfahrtunternehmen und Frachtunternehmen sind nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Die bloße Korrektur von Details der derzeitigen Strukturen ist nicht zielführend, sondern es bedarf einer vollständigen Neuausrichtung. Nüchtern betrachtet geht es in all diesen Fällen um die Kontrolle von Personen und Sachen vor dem Betreten beziehungsweise dem Verbringen in einen besonders schutzbedürftigen, abgegrenzten und engen geographischen Raum. Es liegt also nahe, diese Tätigkeiten durch Standardisierung zu optimieren. An der Politik ist es, dafür die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der BDLS ist bereit, seine Expertise und Erfahrungen dabei zielführend einzubringen.

Annabelle Schott-Lung

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