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Brandschutz 13. Mai 2020

Alarmsirenen durch optische Signalgeber ergänzen

Wo Alarmsirenen nicht gehört werden können, müssen sie durch optische Signalgeber ergänzt werden. Deren Reichweite hängt von räumlichen Gegebenheiten ab.

Wenn blitzschnell alarmiert werden muss, bei Gehörschädigung beispielsweise, kommen optische Signalgeber als Ergänzung zu den klassischen Alarmsirenen zum Einsatz. Die Reichweite des Blitzalarms hängt allerdings stark von den räumlichen Gegebenheiten ab und verlangt eine sorgfältige Dimensionierung des Systems.

Wer selbst ein Saxophon aus nächster Nähe nicht mehr hört, also eine akustische Wahrnehmungsschwelle ab 85 Dezibel (A) hat, gilt als gehörlos. Rund 80.000 Deutsche sind betroffen, dazu kommen noch an die 16 Millionen Schwerhörige, von denen etwa 140.000 zu mehr als 70 % eingeschränkt und daher auf Gebärdensprach-Dolmetscher angewiesen sind.

Wenn Alarmsirenen nicht gehört werden können

Menschen mit Hörbehinderungen sind aber nicht nur im Alltag häufig benachteiligt. Richtig gefährlich wird es für sie, wenn sie sich im Brandfall allein in Gebäuden aufhalten, die nur mit einem akustischen Alarmsystem ausgerüstet sind. Der ausschließliche Einsatz von Sirenen ist auch dann nicht ausreichend, wenn großer Umgebungslärm herrscht und die Mitarbeiter Gehörschutz tragen.
Sogar kontraproduktiv sind laute Alarmsignale bei dementen Personen, wo die Gefahr von Panikreaktionen besteht, die eine Evakuierung erschweren.

Weitere sinnvolle Anwendungsgebiete optischer Signalgeber ergeben sich bei mehrstufigen Alarmkonzepten: Sie signalisieren einen Voralarm, der den Evakuierungshelfern genügend Zeit gibt, ihre Positionen aufzusuchen, bevor dann der akustische Alarm ertönt.

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Optische Signalgeber: VIDs und VADs

Bei der Auslegung und Kennzeichnung optischer Signalgeber unterscheidet man grundsätzlich zwischen einem optischen Hinweisgerät (Visual Indicating Device, VID) und einem optischen Alarmgeber (Visual Alarming Device, VAD). Während es für VIDs keine verbindlichen Vorschriften gibt, gilt für VADs seit dem 1. Juli 2014 die EN 54-23 sowie die überarbeitete DIN VDE 0833-2, in der Fassung vom Oktober 2017.

VADs nach EN 54-23 müssen:

  • im gesamten Alarmierungsbereich eine Lichtstärke von mindestens 0,4 Lux erreichen,
  • mit einer Blinkfrequenz von 0,5 bis 2 HZ arbeiten, eine Frequenz, die auch für Epileptiker nicht anfallsauslösend ist,
  • eine genau definierte und standardisierte Reichweite haben.

Die EN-Norm schreibt bei VADs eine dreistellige Kennung vor.

Die Zettler-Produktreihe von Johnson Controls bietet zum Beispiel akustische und optische Signalgeber nach EN 54-23 an, die als W-2.4-7.5, beziehungsweise als C-3-8 und C-3-15 klassifiziert sind. Bei W-2.4-7.5 handelt es sich um ein Gerät zur Wandmontage (Wall). 2.4 bezeichnet die maximale Montagehöhe, hier 2,40 m. 7.5 ist das Maß für die Seitenlänge eines Quaders, in dem die zur Alarmierung erforderliche Lichtstärke erreicht wird, hier 7,50 m. C-3-15 steht für Deckenmontage (Ceiling), außerdem für eine maximale Montagehöhe von 3 m und einen zylindrischen Alarmierungsbereich von 15 m Durchmesser.

Korrekturfaktoren

Das einfache Ablesen der EN-Kennung reicht allerdings für die richtige Dimensionierung eines Alarmierungssystems nicht aus. Denn niedriger Umgebungslichtpegel, reflektierende Wände und direkte Sichtverbindung zum Alarmgeber sind Faktoren, die die Reichweite vergrößern. Dunkle Oberflächen, helle Beleuchtung und Sichthindernisse dagegen verkleinern den Alarmierungsbereich.

Für die drei Einflussfaktoren Montageart, Umgebungslichtstärke und Sichtverbindung gibt es eine Tabelle, aus der sich ein situationsspezifischer Korrekturfaktor ablesen lässt. Multipliziert man diesen mit den Stellen zwei und drei der EN-Kennung, erhält man die tatsächliche maximale Montagehöhe sowie den effektiven Alarmbereich, jeweils in Metern.

Hier ein praktisches Beispiel: Das VAD Zettler P80AVR W-2.4-7.5 zur Wandmontage wird in einem Flur installiert, in dem eine Lichtintensität von 400 bis 500 Lux herrscht und die Sichtverbindung zum Alarmgeber nicht eingeschränkt ist. In diesem Fall darf ein Korrekturfaktor von 1,8 angewendet werden. Die maximale Montagehöhe erhöht sich damit auf 4,30 m, die effektive Reichweite steigt auf 13,50 m. Anders sieht es bei einer Lichtstärke von 600 bis 700 Lux und indirekter Sichtverbindung aus. Hier gilt gemäß Tabelle ein Multiplikator 0,7. Das ergibt dann 1,68 m maximale Montagehöhe und 5,25 m Alarmierungsbereich.

Wie viele VADs zu installieren sind, ist also vor allem eine Frage der Bedingungen vor Ort. Im Zweifelsfall sollte man lieber noch einmal nachmessen, ob die nach EN 54-23 geforderte Mindestlichtstärke im Alarmfall erreicht wird. An der Wand montierte VADs gelten dabei als effektiver als solche für die Deckenmontage.

Betriebsparameter

Die stromsparende Auslegung moderner Alarmgeber schafft den erforderlichen Spielraum, um im Zweifelsfall auch mal ein VAD mehr zu installieren. Zettler-Alarmgeber beispielsweise arbeiten mit LED-Technik und 20 Millisekunden Impulsdauer. Bis zu 73 dieser adressierbaren VADs können auf dem Hochleistungsbus der Zettler Profile Brandmeldezentrale betrieben werden. Bei der Planung hilft eine spezielle Designer-Software.

Ein ausgeklügeltes Selbsttest-System sorgt für den reibungslosen Dauerbetrieb. Die optischen Alarmgeber gibt es sogar mit IP55-Gehäuse für den Außenbereich. Die kurze Impulsdauer der Alarmleuchten geht übrigens nicht zulasten des Aufmerksamkeitswertes – im Gegenteil. Unabhängige Laboruntersuchungen belegen: je kürzer der Impuls, desto schneller die Reaktion.

Optische Komponenten nach EN 54-23 sind ein wichtiges zusätzliches Element im Evakuierungskonzept – wenn man sie richtig dimensioniert und technisch ausgereifte Komponenten einsetzt. Hier sollte aber nicht nur die Norm, sondern auch die Qualität und damit die Sicherheit, gerade von Menschen mit Behinderungen, den Ausschlag bei der Kaufentscheidung geben.

Jens Aperdannier, Teamleiter Solution Management Fire/Safety, Continental Europe bei Johnson Controls Building Technologies & Solutions

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