Direkt zum Inhalt
PPG im Interview 15. März 2016

Alles nur fake?

Geprüfte Sicherheit bei Schiebetoren ist ein weites Feld. Einer, der sich auf diesem Gebiet ziemlich gut auskennt, ist Uwe Lagers, Produkt Manager für Access und Entrance Control Produkte bei der Perimeter Protection Germany GmbH. Mit ihm hat der PROTECTOR geklärt, warum echte Zertifizierungen bei Toranlagen so wichtig sind und welche Vorteile Installateure oder Betreiber dadurch haben.

Uwe Lagers, PPG Produktmanager für Access und Entrance Control, kennt sich im Dschungel der Normen und Zertifizierungen aus.
Uwe Lagers, PPG Produktmanager für Access und Entrance Control, kennt sich im Dschungel der Normen und Zertifizierungen aus.

Die Diskussion um Unfallverhütung bei Außenabsicherungen setzt sich unter anderem fort in der Debatte um die Notwendigkeit einer geprüften Sicherheit bei Schiebetoren. Längst ist eine Prüfung gemäß der DIN EN 13241-1 für Serienprodukte vorgeschrieben. Diese darf ausschließlich durch notifizierte Prüfstellen erfolgen.

Dennoch sehen sich Hersteller in der Torbranche heutzutage mit einer Reihe von Marktbegleitern nicht zertifizierter Produkte konfrontiert. Diese erbringen zum Beispiel Sicherheitsnachweise für motorisch betriebene Schiebe- oder Schnellfalttoranlagen in Form von gefakten Dokumenten bezieungsweise „Selbst-Zertifizierungen“, die oftmals nicht die vorgeschriebenen Standards, geschweige denn Normen einhalten, welche zur Gewährleistung der Betriebssicherheit letztendlich zwingend notwendig sind.

PROTECTOR: Perimeter Protection Germany legt viel Wert auf die Zertifizierungen ihrer Produkte wie zum Beispiel der motorisch betriebenen Toranlagen. Warum?

Uwe Lagers: Ganz einfach – zum Schutz unserer Kunden! Ich nenne mal ein Beispiel: Was ist, wenn ein Unfall in Zusammenhang mit einem Tor passiert? Wer haftet dann? Der Geschädigte wird zunächst den Betreiber des Tores verklagen. Der Betreiber wiederum wird es natürlich an den installierenden Fachbetrieb weiterleiten. Dieser wird in jedem Fall mit in der Haftung bleiben. Es sei denn, er zeigt bei der Installation Bedenken an, wenn keine Prüfung gemäß der DIN EN 13241-1 des Tores vorliegt.

Zeigt er diese an, so ist der Betreiber in der Haftung, wenn er trotz der Bedenkenanzeige installieren und in Betrieb nehmen lässt. Dessen sind sich viele Installationsbetriebe aber scheinbar nicht bewusst. Der Hersteller haftet erst in zweiter Instanz. Kann ihm nachgewiesen werden, dass Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten wurden, so wird er sicherlich ebenfalls haftbar gemacht.

Anzeige

PROTECTOR: Warum werden dann trotzdem so häufig nicht zertifizierte Toranlagen eingesetzt?

Leider siegt hier oftmals der vermeintlich günstigere Preis zu Lasten der Sicherheit. Natürlich müssen Unternehmen, die sich und ihre Produkte prüfen lassen, die Prüfkosten entsprechend umlegen. Zudem ist der Aufwand, sich stets über aktuelle Normen zu informieren, die Produkte im Rahmen der Entwicklung entsprechend anzupassen und im Verlauf der Produktion stetig zu überprüfen und darüber hinaus seinen Kunden transparente Informationen anbieten zu können, recht groß. Außerdem bedeutet es nicht, dass ungeprüfte Tore eine generelle Gefahr darstellen! Auch können sie durchaus den Sicherheitsvorschriften entsprechen. Es ist jedoch nicht durch eine neutrale Stelle geprüft und bestätigt.

Typisch Bürokratismus, könnte man meinen. Jeder Richter wird die Frage aber an den Fachbetrieb richten, warum denn ein nicht zertifiziertes Produkt eingesetzt wurde, obgleich dies doch vorgeschrieben ist. Wenn Sie ein Auto fahren, welches keine Betriebserlaubnis hat, dann muss bei einem Unfall sicherlich nicht der Hersteller haften. Der Fahrer ist in der Verantwortung und kann sich dieser nicht entziehen. Auch nicht durch einen Verweis des Herstellers, das Auto sei sicher.

Fakt ist, dass es immer zu wieder tödlichen Unfällen in Zusammenhang mit Schiebetoranlagen kommt. Neben menschlichem Fehlverhalten innerhalb der Bedienung oder aus Gründen der Fahrlässigkeit lassen sich die Unfälle in den meisten Fällen auf Sicherheitsmängel zurückführen, die durch die vorgeschriebene jährliche Prüfung im Vorfeld aufgedeckt und beseitigt hätten werden können. Fakt ist auch, dass eine Baumusterprüfung die vorgeschriebene Sicherheit bestätigt und die Hersteller beziehungsweise Installationsbetriebe im Falle eines Unfalles schützt. Wenn dann noch Konstruktionsmängel durch einen Sachverständigen nachgewiesen werden, so wäre letztendlich die Prüfstelle in der Haftung.

PROTECTOR: Stichwort gefakte Dokumente oder „Selbst-Zertifizierung“ – welche Möglichkeiten gibt es für die Installationsbetriebe, sich im Zweifelsfall über die Richtigkeit der Zertifizierungen zu informieren?

Eine Möglichkeit zur Überprüfung der notifizierten Prüfstelle ist das Nando-Register, in welchem die notifizierten Stellen für die verschiedenen Normen per Land aufgelistet sind. Darüber hinaus müssen auf den jeweiligen Prüfungsbelegen das Prüfinstitut, die Nando-Nummer des Instituts, die Zertifikatsnummer sowie die geprüften Normen entsprechend aufgeführt sein.

Viele Marktbegleiter weisen in ihren produktbezogenen Dokumentationen auf eine ISO-Zertifizierung, genauer auf die DIN ISO 9001 hin, die in keiner Weise mit einer produktbezogenen Prüfung gemäß der DIN EN 13241-1 einhergeht. Die DIN ISO 9001 ist ausschließlich als Fertigungsstätten-Prüfung zu betrachten. Hier spielen Qualitätsmanagement und optimierte Prozesse zur Sicherung der Qualitätsstandards in der Produktion eine zentrale Rolle, auf die Kunden dadurch vertrauen können.

So führen wir von der PPG zur Optimierung von Fertigungstoleranzen, Kosten und Funktionssicherheit aller Bauteile, beispielsweise Konstruktionsanalysen anhand modernster Computersimulationen realitätsnaher Extrembelastungen durch. Im Anschluss durchlaufen die Produkte reale Langzeitbelastungstests auf unserem firmeneigenen Testfeld. Keines unserer Produkte verlässt den Hof ohne eingehende betriebliche Endkontrolle wie zum Beispiel einer Kraftmessung bei Toren. Uns ist es wichtig, nicht nur zertifizierter Hersteller zu sein, sondern auch zertifizierte, sichere Produkte anzubieten. Informationen über die ISO-Zertifizierungen bietet unter anderem der TÜV auf seinen Webseiten an.

Passend zu diesem Artikel