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Bestechung 11. August 2015

Alles nur gekauft

Man nannte ihn „Mister Zehn Prozent“, jenen Fifa-Spitzenfunktionär, der laut Spiegel „bei jedem Deal die Hände aufhielt“ und eine Fußball-WM in die Wüste holte. Ein triftiger Anlass, auf jene „Mister Zehn Prozent“ einzugehen, die in der freien Wirtschaft am Werke sind.

Kein Spiel, sondern eine nicht unerhebliche Straftat. Korruption schädigt deutsche Unternehmen und die Volkswirtschaft massiv.
Kein Spiel, sondern eine nicht unerhebliche Straftat. Korruption schädigt deutsche Unternehmen und die Volkswirtschaft massiv.

Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sind trotz drohender Haftstrafen für die Täter und nachgewiesener Milliardenschäden für Unternehmen und die Volkswirtschaft ein weithin unterschätztes Phänomen.

Schlimmer noch als die finanziellen Einbußen durch gekaufte Entscheidungen und verhängte Geldbußen sind für Unternehmen oft die immateriellen Folgen. So manchem Unternehmen hängt auch Jahre nach einem Korruptionsfall ein negatives Image an, das die Geschäftsentwicklung hemmt.

„Marketinginstrument“

Bestechung ist trotz verschärfter Gesetze und zunehmender Ächtung auch durch die UN und die OECD viel zu oft ein gängiges „Marketinginstrument“ geblieben. Überall dort, wo es zum Beispiel um Einkauf, Verkauf, Personalauswahl und Vergaben geht, ist die Motivation von Interessierten besonders groß, Entscheidungswege durch finanzielle Zuwendungen oder andere Gefälligkeiten in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Ansatzpunkte für korruptive Handlungen gibt es zuhauf. Lieferanten, Zulieferer oder Dienstleister, die neue Kunden suchen oder vorhandene Vertragsbeziehungen noch stabiler gestalten möchten, gehen häufig nach der Devise „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“ vor.

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Bestechung fängt oft mit solchen harmlos wirkenden Gaben an. „Anfüttern“ wird die beliebte Methode genannt, den Wert der anfänglich kleinen Präsente nach und nach zu steigern. Dem billigen Kugelschreiber aus der Massenproduktion folgt ein weitaus edleres Schreibgerät, dem relativ kostengünstigen Qualitätswein folgen immer edlere Tropfen. Spätestens bei der Annahme von Luxusweinen ist der Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt.

Schleichender Prozess

Korruption wächst oft schleichend. Aus einem normalen Geschäftsessen in einem normalpreisigen Gasthof werden sukzessive Dinners in Sternerestaurants bis hin zum lukullischen Wochenende oder sogar Urlaub mit Begleitung in einer Nobelherberge, einer besonders günstigen Ferienwohnung oder einer privaten „Hacienda“.

Ist diese Luxus-Phase erreicht, haben sich der so großzügig Einladende und der Bedachte längst strafbar und erpressbar gemacht. Norbert Graf Stillfried, Leiter der Arbeitsgruppe Wirtschaft bei Transparency International Deutschland, nennt als Beispiel für das „Anfüttern“ den Fall eines Kommunalbeamten in Bayern, der gerade seine Arbeit im Bauamt aufgenommen hatte.

Der erste Architekt, der bei ihm vorsprach, ließ sein goldenes Feuerzeug auf dem Tisch liegen. Als ihm der Mitarbeiter mit dem Wertgegenstand nacheilte, meinte der Planer ungerührt: „Das hätten Sie doch ruhig behalten können“.

Dieser Beamte hat dem Bestechungsversuch widerstanden, andere haben sich wohl ködern lassen. Einige Zeit später flog ein großer Bestechungsskandal auf, der Architekten, Bauunternehmen und Beamte gleichermaßen vor Gericht brachte.

Sich auf Bestechung einzulassen, war und ist ein gefährliches und oft teures Spiel. „Bei einem größeren Projekt in einem Entwicklungsland ließ sich zunächst der kleine Grenzbeamte bestechen, dann traten in aufsteigender Hierarchie nach und nach dessen Vorgesetzten in Aktion, und es wurde jedes Mal teurer. Das ging schließlich bis zum Präsidialbüro“, erinnert sich Graf Stillfried. Wer einmal bestochen und sich strafbar gemacht hat, sitzt oft in der Falle.

Breites Spektrum

Nicht immer sind es Barmittel oder exklusive gastronomische Ambiente, die Mitarbeiter, Beamte oder Unternehmer gefügig machen sollen. Korruptive Einflussnahme kann auch über die Vermittlung eines Studienplatzes für den Sohn oder die Tochter an einer Elite-Uni oder die Mitgliedschaft in exklusiven Clubs, die ohne spezielle Fürsprache oder Bürgschaft nicht denkbar wäre, praktiziert werden.

Häufig werden die Bestechungsgelder als Berater-, Gutachter-oder Vermittlungsleistungen getarnt, oder es wird ein überzogenes Honorar für Vorträge gezahlt. Auch das Sponsoring, das einige Unternehmen sehr intensiv betreiben, eröffnet Wege zu Gefälligkeiten, wenn es nicht streng geregelt und überwacht wird. So erwies sich in einem Korruptionsfall die Vermittlung der Ehrendoktorwürde einer großzügig gesponserten Universität an einen Topmanager als geeignetes Lockmittel.

Ein besonderes Problem ist die ausgeprägte „Bestechungskultur“ in einigen Weltgegenden. In der Tat zeigt der Corruption Perception Index (Korruptionswahrnehmungsindex) von Transparency International, wie stark die Märkte weltweit noch im Griff der Korruption stecken. Die Bestechenden berufen sich bei solchen Ausgangslagen oft darauf, dass ohne Schmiergelder in manchen Ländern gar nichts liefe.

  • Führungsgrundsätze für Kleine und Mittlere Unternehmen zur Bekämpfung von Korruption. Eine Anleitung zu einem durchdachten Antikorruptionsprogramm.
  • Self-Audits zur Korruptionsprävention. Checklisten zur wirksamen Prävention und zur Identifizierung von Risikozonen.
  • Zu Collective Actions gegen Korruption: www.collective-action.com/publications/icca/379

    Antikorruptions-Initiativen:

    www.bsr.org/en/our-insights/blog-view/maritime-anti-corruptionnetwork-qa

    www.maritime-acn.org/#home

Nicht nur in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens erwarten „Vermittler“ ein Bakschisch oder mehr. Unternehmen, die sich darauf einlassen, begeben sich allerdings in einen Hochrisikobereich. Öffentlich bekannt wurde der Fall eines Herstellers von Pipeline-Gerätschaften aus Hannover, der sich in einem Interview freimütig zu solchen „milden Gaben“ bekannte und damit die mit Durchsuchungs-beschluss ausgestatteten Strafverfol-gungsbehörden auf den Plan rief.

Gemeinsam stark sein

„Damit die Unternehmer kein Organisationsverschulden trifft, müssen sie die Korruptionsrisiken in ihrem Geschäftsbereich richtig einschätzen und die notwendigen organisatorischen Maßnahmen treffen“, betont Graf Stillfried. Unternehmen müssen und können sich nach seinen Worten gegen Korruption wehren, im eigenen Unternehmen, aber auch auf ihren Märkten.

Die Lösung: „collective actions“. Norbert Graf Stillfried nennt als Beispiel die Globale Antikorruptions-Initiative der International Road Transport Union (IRU): Bei Lkw-Transporten halten an manchen Grenzen oder bei Verkehrskontrollen die Zöllner und Polizisten zwecks zügiger Abfertigung die Hände auf. Wird nichts gezahlt, bleiben die Lastkraftwagen unter fadenscheinigen Gründen stunden- oder sogar tagelang stehen.

Diesem verbreiteten Machtmissbrauch stellen sich die Unternehmen der IRU nun gemeinsam entgegen. Ein anderes Beispiel ist das Maritime Anti-Corruption Network (MACN) - ein globales Netzwerk von rund fünfzig Reedern und anderen Logistikunternehmen im Bereich der Seefahrt, die gemeinsam einen erheblichen Einfluss auf die Politik und die Hafenbehörden ausüben können und die korruptionsfreie Nutzung der Häfen durchsetzen wollen.

Die Korruptionspraktiken wurden dabei offen zum Thema gemacht. „Das hat geholfen“, so Graf Stillfried. Allerdings müssen sich nach seinen Worten Initiatoren von „collective actions“ vor den Fallstricken des deutschen Rechtswesens hüten, denn kollektive Aktionen könnten als Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen ausgelegt werden.

Deshalb empfiehlt es sich in der Regel, einen Mediator oder Vermittler einzuschalten, der die unterschiedlichen Unternehmen zusammenbringt und zugleich auf die Einhaltung der kartellrechtlichen Vorschriften achtet. Es ist eben nicht immer einfach, das Richtige zu tun. Aber es ist möglich und sichert den Erfolg. KHG

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