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Beste Voraussetzungen für Errichter

Menschen mögen Smart-Home. Sie möchten Komfort, Energieeffizienz und vor allen Dingen zuhause sicher leben. Letzteres ist besonders für ältere Bürger ein Grundbedürfnis und hat bei ihnen häufig die höchste Priorität der drei Smart-Home-Motive.

Autor Günther Ohland vor dem Smart-Home-Musterhaus in Paderborn.
Autor Günther Ohland vor dem Smart-Home-Musterhaus in Paderborn.

War es bisher so, dass der Versicherer vom privaten und geschäftlichen Kunden unter bestimmten Umständen eine Überfall- beziehungsweise Einbruchmeldeanlage gefordert hat, und der Kunde diese installieren lassen musste, gibt es heute eine stetig wachsende Zahl von Gewerbetreibenden, Freiberuflern, Familien, Singles und Senioren, die ein Schutzbedürfnis empfinden, deshalb selbst tätig werden wollen, von einer „echten“ VdS-Einbruchmeldeanlage jedoch absehen.

Der Metzger möchte in seinem Kühlraum nicht nur die Temperatur, sondern auch den Zutritt außerhalb der Geschäftszeiten überwachen. Der Steuerberater möchte informiert werden, wenn sein Archiv betreten wird, auch wenn dort keine materiellen Werte lagern. Menschen sorgen sich um die Unversehrtheit ihres Lebensraumes, ihrer Wohnung. Sollte jemand versuchen hier einzudringen, möchten sie sofort informiert werden, beispielsweise auf das inzwischen allgegenwärtige Handy.

Die Befriedigung dieser Bedürfnisse hat nichts mit dem Schutz von Sachwerten zu tun, sondern ist überwiegend emotional motiviert. Und da der „Ernstfall“ hoffentlich nie eintritt, sollte in den Augen dieser Kunden ein solches Informationssystem unaufdringlich und preiswert sein.

Man möchte seinen Freunden keine Alarmanlage zeigen, sondern lieber eine smarte Lösung für die Erledigung einer Vielzahl von Routineaufgaben zuhause. Und eine dieser Aufgaben ist die Alarmierung bei Einbruch.

Smart-Home-Markt Deutschland

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Gibt es in Deutschland schon einen Markt für Smart-Home-Produkte und Lösungen? Es ist schwierig, die Anzahl der Smart-Home-Haushalte in Deutschland exakt zu messen, da der Begriff Smart-Home sehr weit gefasst wird. Das Marktforschungsunternehmen Deloitte hat dies kürzlich getan und ausgehend von etwa 300.000 Haushalten in 2013 bereits für 2016 zwischen 500.000 und 600.000 smarte Haushalte prognostiziert.

Für 2020 erwarten die Forscher zwischen einer Million und 1,45 Millionen smarte Haushalte. Bei etwa 40 Millionen Haushalten entspräche das immerhin 3,5 Prozent mit steigender Tendenz.

Auch Marktforscher Gartner meldet interessante Erkenntnisse über die Anzahl der mit dem Internet verbundenen Geräte. Waren es im Jahre 2014 etwa 3,75 Milliarden, so sollen es 2020 schon 25 Milliarden sein. Diese Zahlen sprechen dafür, dass sich Smart-Home von der Nische zum Standard entwickeln wird. So wie Computer, Fernsehen und inzwischen auch das Smartphone zu einem Haushalt gehören, wird auch Smart-Home Lebensnormalität sein.

Produkt oder Lösung

Smart-Home ist längst nicht Smart-Home. Um die Mechanismen des Marktes zu verstehen und in ihm erfolgreich zu sein, müssen wir unterscheiden zwischen Smart-Home-Produkten und entsprechenden Lösungen. Die Produkte wie beispielsweise ein RWE-Smart-Home-Starterkit, eine IP-Kamera mit Smartphone-App oder die Netatmo Wetterstation mit CO2- und Geräusch-Messung genießen die größte Medienaufmerksamkeit.

Der Vertrieb erfolgt über das Internet oder Flächenmärkte. Die Kunden installieren die Produkte selbst. Sie sind es vom Smartphone und PC nicht anders gewohnt. Sie interpretieren auch die gemessenen Werte oder Ereignisse selbst.

Bedeutet ein von der Wetterstation gemessener hoher Geräuschpegel oder ein ungewöhnlicher hoher CO2-Wert nun, dass sich jemand unbefugt in der Wohnung aufhält? Möchte ein Kunde diese Werte für seine Sicherheit nutzen, muss er sie selbst auswerten und verifizieren, um dann die Polizei zu rufen.

Auch wenn das alles abenteuerlich klingt: Hier entsteht ein neues Do it yourself Security-Segment, das sich nicht aufhalten lässt. Die Branche muss lernen, damit umzugehen und für sich zu nutzen.

Die zweite Hälfte des Smart-Home-Marktes ist das Lösungsgeschäft. Haus- und Wohnungseigentümer, Gewerbetreibende und Freiberufler möchten ihr Wohn- und Arbeitsumfeld sicher und smart machen. Es gibt eine ganze Reihe von umfangreichen „Baukästen“ mit Sensoren und Aktoren für die Erfüllung aller nur denkbaren Wünsche.

In den eigenen vier Wänden sicher zu leben, ist einer davon. Zusammen mit dem Handwerk oder auch mehrerer Gewerke, lassen sich heute nahezu alle Kundenwünsche für vergleichsweise wenig Geld realisieren. Hierzu stehen diverse Systeme und Hersteller im Wettbewerb.

Die Auswahl des richtigen Systems fällt auch Fachleuten nicht leicht. Eigentlich ist das System nicht relevant, wenn es doch die Aufgaben perfekt löst. Ein Problem ist es, dass es hierzulande keinen ausgewiesenen Smart-Home-Handwerker gibt. Die historisch bewährte Aufteilung in klar umrissene Handwerksberufe mit spezifischen Kompetenzen wird dem Gewerke übergreifenden Anspruch des Smart-Home nicht gerecht.

Sowohl Elektroinstallateure als auch Kommunikationselektroniker, die Rollladen- und Beschattungsbranche und auch der Heizungs-, Sanitär- und Klima-Techniker sehen sich als Smart-Home-Handwerker. Jedoch bieten nur sehr wenige alles aus einer Hand an.

Der Sicherheitsfachmann als neuer Spieler auf dem Feld versteht sowohl die Problematik der Fenster und Türenbeschläge und der Schließtechnik, er kennt sich mit elektronischer Vernetzung und Kameras aus, und die richtige Montage von Brandmeldern, Glasbruch- und Bewegungssensoren beherrscht er ebenfalls. Warum soll der Errichter nicht der projektleitende Handwerker bei Smart-Home-Projekten sein?

Dienstleistung ist der Schlüssel

Der Smart-Home-Markt besteht nicht nur aus Produkten, sondern zu einem sehr großen Teil aus Dienstleistungen. Produkte müssen an den individuellen Haushalt angepasst werden. Dies erfordert sachkundige Beratung und Installationsleistungen, die weder das Internet noch ein Flächenmarkt leisten kann. Ein aktuelles Produktangebot von RWE Smart-Home bewirbt die Security Option „Innen“ – bestehend aus einer Full-HD IP-Kamera und einem Bewegungsmelder – für 199 Euro Endkundenpreis.

Die Außen-Variante soll 219 Euro kosten. Am Produkt selbst ist wahrlich kein Geld zu verdienen, wohl aber mit der fachlich perfekten Installation durch einen für Profi-Anlagen bekannten Fachbetrieb. Der niedrige Preis für Smart-Home-Produkte ist tatsächlich nicht das entscheidende Argument, warum Kunden sich gegen eine Profi-Alarmanlage und auch gegen eine VdS-Home-Anlage entscheiden.

Man möchte einfach keine Alarmanlage, denn das hört sich „gefährlich“ an. Was denken Kollegen und Nachbarn, wenn man sich so etwas einbaut? Sicherheit möchte man allerdings trotzdem. Als Errichter muss man also beide Zielgruppen argumentativ und auch tatsächlich bedienen können, diejenigen, die eine Einbruchmeldeanlage benötigen, und diejenigen, die sie nicht wollen, sie nicht auf Druck der Versicherung installieren müssen, aber trotzdem ein Sicherheitsbedürfnis haben.

Wenn man einem privaten oder gewerblichen Endkunden Hardware und Dienstleistung verkauft, vermutet dieser, dass an der Hardware so viel verdient wird, dass die Dienstleistung im Preis enthalten ist. Beschafft er die Hardware allerdings selbst, oder kann er den Preis im Internet abrufen, wird er feststellen, dass sein Wunschprodukt im Web gar nicht so viel billiger ist, die Dienstleistung also einen eigenen Preis haben muss.

Hier ist die Chance für Errichter, sich ihre Erfahrung und ihr Know-how entsprechend bezahlen zu lassen. Der Hinweis auf das Geschäft mit Profi-Anlagen, auf die Erfahrung aus dem VdS-Geschäft und vielleicht sogar auf die Errichterliste des LKA sorgt für das Vertrauen der Kunden. Dem Kunden muss bewusst werden, dass zwischen ihm und den Kriminellen ein Wettrennen stattfindet.

Gegen die steigenden Einbruchzahlen ist Selbermachen beziehungsweise „Trial and Error“ keine gute Strategie. Gegen professionelle Einbrecher hilft nur Fachverstand, und den hat sich der Profi-Errichter durch seine tägliche Praxis erworben.

Fazit

Smart-Home ist ein stark wachsender, bereits existierender Markt. Kunden erwarten von einem Smart-Home die Verbesserung ihrer Sicherheit. Es gibt emotionale Vorbehalte gegen „Alarmanlagen“. Errichter haben gute Voraussetzungen, am Smart-Home zu partizipieren, da das klassische Handwerk ein Rollenproblem hat.

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