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IT-Sicherheit

BIM: Neuer Trend für Planer und Errichter?

Building Information Modeling (BIM) ist nicht nur im Bausektor relevant – auch in der Sicherheitstechnik gewinnt das Konzept zunehmend an Bedeutung.

Von Dr. Peter Fey.. Der Blick in die Zukunft der Sicherheitstechnik (PROTECTOR & WIK, Ausgabe 12/18) hat gezeigt: Building Information Modeling (BIM) ist bereits ein wichtiger Trend für die Branche. Denn es tut sich viel an der digitalen Front. So hat sich in der 2015 gegründeten Initiative „planen bauen 4.0“ ein Kreis von Unternehmen aus der Bau-, Planungs- und Softwarebranche zusammengeschlossen, um die Digitalisierung in den betroffenen Bereichen nachhaltig voran zu treiben.

Auch die Politik unterstützt die „Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken“ durch ihren „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“.

Weichen in Sachen BIM werden gestellt

Ab 2020 wird der Einsatz von BIM für öffentliche Infrastrukturprojekte verbindlich. Im Kern geht es dabei um die Integration aller Prozesse entlang des Lebenszyklus eines Gebäudes - von der Planung über die Errichtung bis zum Betrieb. Und auch wenn die skandinavischen Länder in Sachen BIM aktuell die Nase vorne haben - bereits heute entscheidet sich auch hierzulande, wer zukünftig zur „BIM-Elite“ gehören wird und sich von seinen Wettbewerbern positiv differenzieren kann. Und das betrifft sämtliche Player der Wertschöpfungskette: Ob Hersteller, Händler, Facility Manager, Baufirma, Fachplaner oder Errichter.

Mittlerweile bieten zahlreiche Unternehmen Bausteine zur Planung von sicherheitstechnischen Lösungen zu BIM an: Bosch hat bereits Ende 2015 Daten für seine Kameras zur Simulation des Sichtfeldes angeboten. Assa Abloy bietet zum Beispiel Bibliotheken für gängige Türlösungen an. Die Nemetschek-Gruppe stellt über ihre Tochter DDS spezialisierte Software für die Sicherheitstechnik zur Verfügung, welche die komplette Prozesskette von der Planung über die Simulation und Berechnung bis hin zu Dokumentation unterstützt. Siemens hingegen bietet eine Managementplattform, in der nicht nur die Gewerke der Sicherheitstechnik, wie Videoüberwachung, Brand- und Einbruchmeldung, sondern auch Heizung, Klima und Lüftung sowie Beleuchtung und Beschattung zentral gesteuert werden können.

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Gründe für den BIM-Boom

Was sind die Gründe, warum aktuell immer mehr Unternehmen durch den BIM-Virus angesteckt werden? Schließlich handelt es sich bei BIM doch nur um eine weitere, neue Software. Im Wesentlichen liegt das an folgenden Punkten:

  1. Verkürzung und Vereinfachung der Planungsphase: BIM ermöglicht es den verschiedenen Beteiligten simultan an ihren Gewerken zu arbeiten und Änderungen in der Ausführung werden sofort für jedermann sichtbar, Bauteile und Stücklistenstrukturen im Hintergrund automatisch aktualisiert. Architekten und Fachplaner arbeiten integriert mit allen Beteiligten an einem Datenmodell, kurz „Digital Twin“ beziehungsweise digitaler Gebäudezwilling genannt. Das vereinfacht die gesamte Planungsphase erheblich. Auch der Rückgriff auf vorhandene Datenmodelle zum Beispiel. von Kameras, Brandmelder, Türen unterstützt zusammen mit Simulationen von Anfang an die richtige Auslegung.
  2. . Integrierte Planung und Simulation: Wenn die Planungsdaten des Architekten in Form eines 3D-Modells vorliegen, bieten sich dem Planer für die sicherheitstechnische Ausstattung des Gebäudes die Möglichkeiten zur 3D-Simulation zum Beispiel von Sichtfeldern der Kameras, Brandschutzszenarien oder Gebäudeevakuierungen in Notfällen. Genauso gut lassen sich die Erfassungsbereiche von Bewegungs- und Rauchmeldern simulieren. Vor allem aber können über eine Kollisions- und Abstandsprüfung der verschiedenen Komponenten einer sicherheitstechnischen Anlage frühzeitig Fehler identifiziert und vermieden werden. Das vereinfacht die die spätere Ausführung der Gewerke erheblich.
  3. Vollständigkeit und Aktualität der Daten: Dem späteren Betreiber des Objekts können vollständige Stücklisten mit allen relevanten Produktdaten bzw. Bauteileinformationen übergeben werden. Anlagenschemata zum Beispiel für die Brandmeldetechnik zählen ebenso zu einem vollständigen Datensatz, wie die Kabelpläne beziehungsweise Informationen zu den verlegten Datennetzen. Ist die verbaute Sicherheitstechnik von Anbeginn digital dokumentiert, profitieren Errichter auf der Baustelle genauso, wie derjenige, der in die laufende Wartung des Objektes involviert ist: So können über Augmented Reality defekte Brand- oder Einbruchsmelder schnell lokalisiert und das passende Ersatzteil treffsicher geordert werden. Diese Anwendungen sind keine Zukunftsmusik mehr. Datenbrillen, die dem Gebäudetechniker oder Handwerker vor Ort relevante Informationen zur Baustelle, zur Wartung, zu Arbeitsschritten inklusive Checklisten einblendet, sind bereits im Einsatz. Diese Technologie hilft auch, mögliche Fehlerquellen im laufenden Betrieb zu reduzieren.
  4. . Last but not least - Kosteneinsparungen: Das Potential in Sachen Prozesssicherheit und Kostenreduktion ist enorm: Alleine in der Realisierungsphase eines Objekts lassen sich durch die Optimierung der Bauzeit und die Vermeidung unnötiger Fehler nach Meinung von Experten die Kosten um 15 bis 25 Prozent sparen (Quelle: Studie „BIM – are you ready?“ Dr. Wieselhuber & Partner, 2018).

Doch auch in der Nutzungsphase des Objekts lassen sich die Kosten deutlich reduzieren, wie das o.g. Beispiel zur Vereinfachung der Wartungsarbeiten verdeutlicht. Instandhaltung, Objektverwaltung und -überwachung können durch die Digitalisierung der Prozesse wesentlich effizienter gestaltet werden.

Temperaturdaten aus den Rauchmeldern lassen sich beispielsweise auch für Zwecke der Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik nutzen. Das kann wiederum den energetischen Footprint eines Gebäudes optimieren. Dies konfrontiert Hersteller von sicherheitstechnischen Leitständen beziehungsweise PSIM-Systemen mit neuen Herausforderungen.

Den Herausforderungen der Digitalisierung stellen

Fazit: Immer mehr Unternehmen springen auf den BIM-Zug auf. Eine „schöne neue Security-Welt“ durch Digitalisierung? Von der Planung, über die Realisierung bis hin zum Betrieb bringt BIM vielfältige Potentiale mit sich, von der alle Beteiligten der Wertschöpfungskette in der Sicherheitstechnik profitieren können - Kunden inklusive. Wird der BIM-Gedanke im Sinne nahtloser Datenintegration zwischen Auftraggebern, Planern, Baustelle und Errichtern konsequent zu Ende gedacht, wird schnell klar, dass sich die Rollen der einzelnen Player deutlich verändern werden. Wichtig ist, sich als Player der Branche mit den Herausforderungen zu befassen, um die vielfältigen Chancen rechtzeitig zu nutzen. Denn Fakt ist: Die bekannte Welt der gewerkespezifischen Pläne auf Papier ist passé.

Dr. Peter Fey, Branchenexperte bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH,

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