Chancen der Polykrise
Wirtschaft und Gesellschaft müssen aktuell also gleich mit mehreren, simultan auftretenden Krisen zurechtkommen, die sich gegenseitig bedingen und verstärken.
Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu, ein Jahr, das wahrscheinlich für immer mit dem Begriff der „Krise“ assoziiert werden wird. Und 2021 hätte sich zu diesem Zeitpunkt wohl niemand vorstellen können, dass damit nicht hauptsächlich die Coronakrise gemeint gewesen sein wird. Diese ist zwar immer noch nicht vorbei, wird aber längst von deren wirtschaftlichen Folgen wie den Lieferkettenproblemen und dem Chipmangel sowie von den explodierenden Energiekosten und der Inflation infolge des Ukraine-Kriegs überlagert.
Wirtschaft und Gesellschaft müssen aktuell also gleich mit mehreren, simultan auftretenden Krisen zurechtkommen, die sich gegenseitig bedingen und verstärken, was unter anderem die Unternehmens-sicherheit vor große Herausforderungen stellt, wie der BVSW-Vorstandsvorsitzende Johannes Strümpfel im Top-Interview der Ausgabe 12/2022 betont.
Umdenken in allen Bereichen erforderlich
Wie jede Krise, so bietet aber auch die aktuelle „Polykrise“ der Sicherheitsbranche zahlreiche Chancen. So sieht Johannes Strümpfel beispielsweise Anzeichen dafür, dass in Unternehmen und vor allem in den großen Konzernen ein Umdenken stattfindet und das Thema Unternehmenssicherheit inzwischen auch in den obersten Geschäftsführungs-ebenen die erforderliche Aufmerksamkeit bekommt und Grundlage von Entscheidungsprozessen wird. Wie dringend notwendig das ist, verdeutlichen vor allem die in diesem Jahr deutlich zugenommenen Cyberangriffe auf Unternehmen und Institutionen. So bewertete jüngst das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) „die Bedrohung im Cyberraum so hoch wie nie“ und warnte eindringlich vor einer sich dramatisch zuspitzenden Lage.
Einen wesentlichen Zusammenhang erkennt das BSI hier mit dem Krieg in der Ukraine. In Deutschland seien dabei bislang zwar nur kleinere Angriffe und Hacker-Attacken beispielsweise auf ein Unternehmen der Satellitenkommunikation, auf einen deutschen Mineralölhändler mit russischem Mutterkonzern sowie der Ausfall der Fernwartung in deutschen Windkraftanlagen beobachtet worden. Welche immensen Schäden aber möglich sind und auch hierzulande schnell Realität werden könnten, verdeutlichen die massiven digitalen und auch physischen Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine.
Verstärkte Ransomware-Angriffe auf Kritis
Noch geht die weitaus größte Gefahr für die deutsche Wirtschaft laut BSI aber weiter von Attacken mit Ransomware aus. So beobachtete etwa das IT-Sicherheitsunternehmen Zscaler eine Zunahme von Ransomware-Angriffen um 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein weiterer zu beobachtender Trend ist dabei, dass vor allem Unternehmen der Kritischen Infrastruktur zum Angriffsziel werden, wobei Krankenhäuser und andere medizinisch-soziale Einrichtungen in letzter Zeit überproportional stark vertreten waren, wie das Fokusthema der Ausgabe 12/2022 zeigt.
Das perfide Kalkül der Angreifenden, verstärkt soziale Branchen mit Ransomware zu erpressen, die es sich niemals leisten können, den laufenden Betrieb über längere Zeit zu unterbrechen, damit Menschenleben zu gefährden und im Vergleich zu industriellen Betrieben deshalb schneller bereit sind, zu bezahlen, passt so gar nicht in die doch eigentlich so besinnliche Vorweihnachtszeit, die jetzt begonnen hat. Das PROTECTOR-Team wünscht Ihnen trotz allem schöne Weihnachten und einen gelungenen Start ins Jahr 2023. Die erste Ausgabe 2023 wird dann am 15. Februar erscheinen.
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