Direkt zum Inhalt
Unternehmen 8. September 2020

Coronakrise: „Wir haben alle viel dazu gelernt“

Axel Schmidt, Salto Deutschland, über die Veränderungen im Markt durch die Coronakrise, die Zukunft von Messen und die Entwicklung seines Unternehmens.

Vor zehn Jahren gründete Axel Schmidt die deutsche Niederlassung von Salto in Deutschland. Im Interview mit PROTECTOR blickt er auf die Entwicklung des Unternehmens zurück, bewertet die aktuelle Lage der Branche in der Coronakrise und äußert konkrete Vorstellungen für die Zukunft.

Wie beurteilen Sie die Lage der Sicherheitstechnikbranche in der Coronakrise allgemein und speziell in der Zutrittskontrolle?

Was wir aus dem Markt und von den Verbänden, speziell vom BHE momentan hören, ist die Mehrheit der Unternehmen bislang relativ gut durch die Coronakrise gekommen. Vor allem verglichen mit anderen Wirtschaftszweigen, ist die Situation in der Sicherheitsbranche noch vergleichsweise gut, und in der Zutrittskontrolle sogar noch eine Spur besser, würde ich sagen. Wir als Salto stehen aktuell jedenfalls sehr gut da, sogar noch besser als im Vorjahr, womit zu Beginn der Krise nicht unbedingt zu rechnen war. Denn bereits 2019 war für uns ein sehr gutes Jahr, als wir mehrere große Objekte hatten, unter anderem das Universitätsklinikum Düsseldorf, unser inzwischen weltweit größtes Projekt mit über 16.000 Türen. Wir lagen also letztes Jahr schon deutlich über dem Niveau von 2018, und haben das erste Halbjahr 2020 noch einmal mit circa vier Prozent Plus abgeschlossen, was in der momentanen Situation eher unüblich sein dürfte.

Sind Sie auch für das zweite Halbjahr 2020 optimistisch?

Das zweite Halbjahr ist für Salto meistens sogar das stärkere, und ich kann keine Anzeichen erkennen, dass sich das dieses Jahr ändern könnte. Im Gegenteil gehe ich eher davon aus, dass wir noch Marktanteile gewinnen. Denn wenn der Markt insgesamt stagniert, wir aber wachsen, werden wir noch größere Marktanteteile abbekommen, als wir ohnehin schon hatten.

Anzeige

Positive Entwicklungen im Markt für Sicherheitstechnik durch die Coronakrise

Sehen Sie auch für den Zutrittskontrollmarkt allgemein positive Veränderungen und eventuell Chancen, die sich aus der Krise ergeben haben?

Ja, auf jeden Fall. Gerade, als sich zu Beginn der Krise fast alle Unternehmen mit der Frage beschäftigen mussten, wer erhält wann in welche Bereiche Einlass, hat sich deutlich gezeigt, dass Zutrittskontrolle für diejenigen Unternehmen ein absoluter Gewinn ist, die sie haben. Wir haben in dieser Phase zum Beispiel mit dem Sicherheitsverantwortlichen des Universitätsklinikums Düsseldorf gesprochen, und dieser sagte, er sei froh, dass sie alle Zugänge kontrollieren können und nur berechtigte Personen Zutritt erhalten, weil gerade in einer solchen Krise natürlich viele Menschen ihre Angehörigen oder Freunde besuchen wollen. In dieser Situation war es für die Klinikbetreiber ein Segen, dass sie lückenlos nachvollziehen und kontrollieren konnten, wer das Krankenhaus betritt und verlässt. Dies ist nur ein Beispiel unter vielen. Wir haben in letzter Zeit viele Projekte dieser Art gemacht, unter anderem für Schulen, Veranstaltungsgebäude oder Büros, und auch Skeptiker, die Zutrittskontrolltechnik bisher kritisch gesehen haben, sind inzwischen von deren Nutzen überzeugt. Was wir zudem immer häufiger beobachten ist, dass das Interesse an einer Kombination aus Video- und Zutrittskontrolltechnik zugenommen hat, etwa Maskenerkennung und die vorgelagerte Messung der Körpertemperatur als zusätzliche Zutrittskriterien. In Luxemburg haben wir kürzlich gemeinsam mit einem Partner ein solches Projekt umgesetzt. Durch die Coronakrise hat sich einiges in der Branche bewegt.

Wie sieht die technische Umsetzung der Implementierung zusätzlicher Zutrittskriterien wie etwa die Körpertemperaturmessung aus? Ist das kompliziert?

Für andere kann ich nicht sprechen, aber bei uns ist das kein Problem. Wir haben an unseren Controllern zusätzliche Eingänge für Fremdgeräte. Wenn ein solches Gerät einen Zutritt verweigert, und uns die Information gibt, aus welchem Grund, dann können wir das in der Kontrolle weiter verarbeiten.

Salto plädiert für die Veranstaltung der Security Essen bereits 2021

Positiv formuliert, könnte man also sagen, dass die Coronakrise Unternehmen der Zutrittskontrolle durchaus Chancen bietet. Andererseits brechen mit Messen wichtige Präsentationsplattformen weg, mit der Security Essen auch die größte Sicherheitsfachmesse. Was bedeutet dies für die Branche?

Wir waren immer Verfechter von Messen, vor allem von der Security. Salto insgesamt liebt Messen. Deshalb finden wir die Absagewelle in diesem Jahr natürlich sehr schade. Die einzige Messe, die in diesem Jahr vielleicht noch stattfinden wird, ist die Sicherheitsexpo in München (21. und 22. Oktober), und die könnte wirklich ein Erfolg werden. Wir haben mit unseren Fachpartnern vor allem aus dem südlichen Raum gesprochen, und von diesen hat die überwiegende Mehrheit gesagt, sie werden auf die Sicherheitsexpo kommen, wenn sie denn stattfindet. Ich möchte natürlich auch keine positiven Coronakontakte haben, und wir werden an unseren Messestand auch die entsprechenden Vorkehrungen treffen, aber positive Messekontakte hätte ich schon gerne wieder einmal. Wir hoffen sehr, dass die Sicherheitsexpo stattfinden kann, das wäre in diesem Jahr für uns noch einmal ein richtiges Highlight.

Die Chancen der Sicherheitsexpo stehen wohl relativ gut, weil sie immer noch einen regionalen Charakter hat. Doch wie beurteilen Sie die Zukunft der Security Essen als große, international geprägte Fachmesse?

Bei insgesamt 40.000 Besuchern, verteilt auf vier Tage und acht Hallen, hätte ich es prinzipiell noch für denkbar gehalten, die Messe durchzuführen. Aber natürlich ist die Messe sehr international, und dass die Engländer, Franzosen, Italiener und Skandinavier gekommen wären, ist eher unwahrscheinlich. Deshalb war es letztlich auch eine richtige Entscheidung, die Messe abzusagen. Was wir aber zukünftig sehr befürworten würden, und worauf wir auch drängen: die nächste Security sollte nicht erst 2022 stattfindet, sondern bereits nächstes Jahr. Dies wäre auch im Interesse der Messe Essen ein guter Schachzug, weil sie damit den Konflikt mit anderen Veranstaltungen, die im Zweijahresrhythmus in den geraden Jahren stattfinden, dauerhaft vermeiden würde.

Sie meinen damit die Light + Buildling?

Ja, die Light + Building ist sicherlich auch eine wichtige internationale Messe für die Sicherheitstechnik-Branche, weil sie viel mit Gebäudetechnik zu tun hat. Aber kein Unternehmen macht gerne in einem Jahr zwei große Messen, und im darauffolgenden Jahr keine. Wenn die Messe Essen das hinbekommt, die Security nächstes Jahr auszutragen, wäre das für alle Beteiligten sehr positiv. Zunächst hoffen wir jetzt aber, dass die Sicherheitsexpo im Oktober stattfinden wird. Wir sind jedenfalls gut vorbereitet, und würden uns sehr freuen.

Glauben Sie an eine Rückkehr zur „Normalität“, oder werden wir uns auf dauerhafte Veränderungen einstellen und langfristig Alternativen zur klassischen Messepräsentation finden müssen?

Diese Frage würde ich mit einem ganz klaren „Jein“ beantworten. Einerseits würde ich mich sehr freuen, soweit als möglich in die „Normalität“ zurück zu kommen, vor allem was den Austausch, die Gemeinschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl angeht. Sich physisch zu treffen, natürlich mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen und dem gebührenden Abstand, ist ja prinzipiell auch möglich, und wir fahren seit Mai auch wieder raus zum Kunden, wenn dieser das möchte. Aber – und deswegen auch das „Jein“ – diesen Termindruck, wie wir ihn vor der Krise kannten, den gibt es jetzt viel seltener. Denn man hat gemerkt, dass sich viele fachliche Fragen und Probleme sehr gut über Online-Konferenzen beantworten beziehungsweise lösen lassen, und es nicht immer notwendig ist, dafür stundelang über die Autobahn zu fahren. Erstpräsentationen funktionieren beispielsweise online sehr gut, und die letzten Monate haben gezeigt, dass das auch akzeptiert wird. Es muss nicht immer zwingend der direkte Kontakt vor Ort sein, und wir sehen jetzt, dass arbeiten auch anders funktionieren kann. Ich denke, wir haben alle viel dazu gelernt in letzter Zeit.

Elektronischer Zylinder überzeugt mit hoher Batterielaufzeit

Welche Neuheiten hat Salto in der Coronakrise entwickelt?

Wir haben aktuell mit dem „Salto Neo“ einen neuen, funkvernetzten elektronischen Zylinder auf den Markt gebracht, der sehr positiv aufgenommen wird, weil er alle modernen Technologien bietet, die man sich wünschen kann. Der Zylinder funktioniert mit Bluetooth, kann mit mobilen Schlüsseln bedient werden und ist in der Lage Karten-Updates zu machen, was bisher nur an Online-Türen möglich war. Da ist uns ein großer Wurf gelungen. Dazu kommt eine Batterielaufzeit von etwa vier Jahren beziehungsweise von über 100.000 Betätigungen. Normalerweise hält eine Batterie etwa ein bis maximal zwei Jahre, deshalb kann man den Neo guten Gewissens als nachhaltig bezeichnen – trotz Batteriebetrieb.

Salto feiert dieses Jahr sein 20-jähriges, Salto Deutschland sein zehnjähriges Bestehen. Wie sehen Sie im Rückblick die Entwicklung?

Corona lässt das leider nicht zu, aber wir hätten mit Salto Deutschland im September an unserem Standort Wuppertal die Einweihung unseres Anbaus gefeiert, in dem unser „Salto Experience Center“ und weitere Büros für Mitarbeiter entstehen. Denn obwohl wir erst seit fünf Jahren hier sind, wird der Platz schon wieder eng, das heißt, wir wachsen ziemlich schnell und sind inzwischen 42 Mitarbeiter, vor zehn Jahren war ich noch der einzige. Inzwischen haben wir im Markt ein gewisses Renommee und werden sehr ernst genommen.

Ein großer Wettbewerber hat mir kürzlich zum zehnjährigen Jubiläum gratuliert und gesagt: „Wir schaffen es einfach nicht, so erfolgreich zu sein wie ihr, und immer wenn wir bei einer Ausschreibung auf euch treffen, weiß ich, dass wir keine guten Karten haben, zu gewinnen.“ Wir scheinen in den letzten Jahren also einiges richtig gemacht zu haben.

Passend zu diesem Artikel