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ZVEI 10. Juli 2013

Der Sicherheitsmarkt in Deutschland

Einen Einblick in die aktuelle Lage des Sicherheitsmarktes gab die ZVEI-Arbeitsgemeinschaft Errichter und Planer beim sechsten Fachpressegespräch am 14. Juni 2013 in Frankfurt am Main.

Sprecher der ZVEI-Jahrespressekonferenz 2013 (von links): Kurt Seifert, Christoph Kern, Christian Kühn und Gert van Iperen.
Sprecher der ZVEI-Jahrespressekonferenz 2013 (von links): Kurt Seifert, Christoph Kern, Christian Kühn und Gert van Iperen.

Gert van Iperen (Bosch Sicherheitssysteme GmbH), stellvertretender Vorsitzender des Vorstands des Fachverbandes Sicherheit im ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. und Sprecher des Leitmarktes Security, präsentiert die aktuellen Marktentwicklungen, Aktivitäten und Ziele in Deutschland. Nachdem er Uwe Bartmann (Siemens Building Technologies Deutschland) als neuen Vorsitzenden des Vorstandes des Fachverbandes Sicherheit vorgestellt hatte, ging er auf aktuelle Sicherheitstrends ein. Dazu gehörte auch hochauflösende Videotechnik und automatisierter Videobildanalyse bei Fußballspielen und im öffentlichen Raum. Van Iperen mahnte, den Ausgleich zwischen Sicherheit und Freiheit zu reflektieren und den Konsens mit Datenschützern zu suchen, „denn vor jeder Installation einer technischen Lösung muss ihre gesellschaftliche Akzeptanz liegen.“

Weiteres Thema war die Rauchmelderpflicht und der Gesetzesentwurf in Baden-Württemberg, der nach Meinung von van Iperen der fachlichen Korrektur von Brandschutzexperten bedarf: „Insbesondere stören wir uns daran, dass eine Rauchmelderpflicht nur für Schlafzimmer und Rettungswege vorgesehen ist. Kinderzimmer sind nicht immer auch Schlafzimmer. Zudem sollte unbedingt festgeschrieben werden, wer für die Betriebsbereitschaft zuständig ist. Wir finden, hier sollte der Eigentümer genannt werden.“

Der Sprecher des Leitmarktes Security sprach darüber hinaus auch das Thema Wohnungseinbrüche – hier gab es 2012 ein Plus von 8,7 Prozent auf 145.000 Einbrüche zu verzeichnen – und das Thema IT-Sicherheit und kritische Infrastrukturen an.

Umsatzerwartungen deutlich übertroffen

Gerhard Kastl (Siemens AG), Vorsitzender des Arbeitskreises Marketing im Fachverband Sicherheit, bezifferte den Markt für elektronische Sicherheitssysteme auf rund 2,95 Milliarden Euro im Jahr 2012. Das Umsatzvolumen stiegt damit nach Angaben des ZVEI-Fachverbands Sicherheit im vergangenen Jahr um 6,3 Prozent an. „Unserer Erwartungen von etwas 2,5 Prozent wurden deutlich übertroffen“, erklärte Gerhard Kastl. Als Gründe sieht der ZVEI vor allem die gute Baukonjunktur sowie das wachsende Sicherheitsbewusstsein in der Gesellschaft.

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Den größten Anteil an der Sicherheitstechnik (44 Prozent) machten 2012 die Brandmeldeanlagen aus, Überfall- und Einbruchmeldetechnik umfassten 22 Prozent und Videoüberwachung rund 14 Prozent. Dabei sei ein Umsatzplus in allen Teilmärkten der Sicherheitstechnik zu verzeichnen: So erzielten Brandmeldesysteme im vergangenen Jahr einen Zuwachs von 8,6 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro, Zutrittskontrollsysteme ein Umsatzplus von 5,3 Prozent (260 Millionen Euro) und Videotechnik plus 4,6 Prozent auf 413 Millionen Euro. Auch das Segment, in das Rauch- und Wärmeabzugsanlagen fallen, legte um 8,6 Prozent zu und erreichte 239 Millionen Euro Umsatz. Sprachalarmanlagen konnten ebenfalls einen Umsatzzuwachs von rund 8,6 Prozent auf 76 Millionen Euro erzielen.

Verhalten sei die Entwicklung dagegen im Bereich Einbruch- und Überfallmeldetechnik mit einem Plus von nur zwei Prozent (654 Millionen Euro). „Die Motivation zur Selbstvorsorge insbesondere im privaten Bereich ist in Deutschland nach wie vor niedrig. Das persönliche Risiko sowie die Folgen eines Einbruchs und Überfalls werden unterschätzt“, so Kastl.

Für das laufende Jahr 2013 gehen die Experten vom Fachverband Sicherheit insgesamt von einem Plus von drei Prozent aus. Dabei dürfe man den Fachkräftemangel in der Elektro- und Sicherheitstechnik nicht aus den Augen verlieren, fordert Kastl: „Wir sind uns sicher, dass dies eine spürbare Wachstumsbremse sein wird.“

Vernetzte Systeme locken Hacker

Im Rahmen des Fachpressegesprächs stellte Christian Kühn (Schlentzek & Kühn OHG) als Vorsitzender der 140 Mitglieder umfassenden Arbeitsgemeinschaft Errichter und Planer den Weg zur Sicherheitstechnik 5.0 vor. Die Zukunft der Sicherheitstechnik sah er vor allem im Wechsel von statischen zu dynamischen Lösungen und vom geschlossenen zum offenen System: „Einzelkomponenten müssen heute miteinander kommunizieren können.“ Denn statische Rettungswegsymbole können beispielsweise je nach Brandort durchaus auch in die falsche Richtung weisen.

Die Vernetzung und Interdependenz der Systeme mache diese allerdings auch für Hacker interessant, gab er zu bedenken. Deshalb und auch aus Datenschutzgründen sei eine physikalische Abschottung der IP-Netze immer noch effektiv und notwendig.

Verständlichkeit von Sprachdurchsagen

Den neuen Arbeitskreis Störschall im ZVEI stellte Andreas Simon (Graner + Partner Ingenieure) vor. Dieser beschäftigt sich mit elektroakustischen Alarmierungseinrichtungen, Sprachalarmanlagen und Beschallungssystemen sowie Raumakustik, Störschallpegeln und Nachhallzeiten, die die Verständlichkeit von Sprachdurchsagen beeinflussen.

Auf die europäischen Anforderungen an die Instandhaltung von Sicherheitsanlagen und den EU-weiten Austausch von Dienstleistungen machte Christoph Kern (D+H Rauchabzug-Lüftung GmbH) aufmerksam. Da die national gültigen Richtlinien durch das Deutsche Institut für Normung (DIN) neu geregelt werden müssen, reaktiviert der ZVEI den Arbeitskreis „NRA-Instandhaltung“ für natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen.

Entrauchung vs. Energieeinsparverordnung

Das Thema Aufzugschachtentrauchung brachte der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Errichter und Planer, Kurt Seifert (BTR Brandschutz-Technik und Rauchabzug GmbH), auf die Agenda. „95 Prozent aller Brandtoten sind Rauchtote“, rief er die bekannte Zahl zurück ins Gedächtnis. Laut Musterbauordnung §39, Absatz 3 müssen Fahrschächte zu lüften sein und eine Öffnung zur Rauchableitung besitzen. Zuluft wird heute über Schlitze in den Aufzugtüren und dauerhaft angebrachte Öffnungen (meist am oberen Ende des Fahrschachtes) ermöglicht.

„Mit Einführung der Energieeinsparverordnung EnEV ist die dauerhaft angebrachte Öffnung nicht mehr statthaft“, erklärte Seifert. Denn diese fordere, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche von Gebäuden luftundurchlässig abgedichtet sein müsse. „Für die Aufzugschachtentrauchung und -entlüftung bedeutet dies, dass die angebrachten Öffnungen verschlossen werden müssten“, sagte Seifert. Da auf der anderen Seite die Forderungen nach Rauchabzug und Entlüftung ebenfalls weiterhin bestehen blieben, sei ein automatisches Branderkennungs-, Rauchabzug- und Lüftungssystem für Aufzugschächte notwendig. Als Lösungen schlug er die Installation punktförmiger Rauchmelder (nach EN 54 Teil 7) oder Rauchansaugsysteme (nach EN54 Teil 20) vor. Der Rauchabzug könne über motorbetriebene Jalousiefenster oder über Entrauchungshauben erfolgen. Betroffen seien immerhin rund 500.000 Aufzugsanlagen in Deutschland, die umgerüstet werden müssten.

Hans-Jürgen Schneider (Elektroplan-Schneider Ingenieurbüro GmbH), Vorsitzender des Fachkreises Elektroplaner, stellte abschließend die neuen Ausbildungsgänge zum technischen Systemplaner und technischen Produktdesigner vor, die mit einer dreieinhalb-jährigen Ausbildungszeit den bisherigen Ausbildungsgang des technischen Zeichners in den Metall- und Elektroberufen ersetzen.

Britta Kalscheuer

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