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RMA-Jahreskonferenz 5. November 2012

Die Suche nach der Balance

Die siebte Jahreskonferenz der RMA (Risk Management Association e.V.) rückte im Oktober in Würzburg globale Risiken, abgemähten Wiesen und den Gefahren und Chancen auf den Weltmeeren in den Blickpunkt der rund 200 Teilnehmer.

Prof. Franz J. Radermacher bei seinem Vortrag.
Prof. Franz J. Radermacher bei seinem Vortrag.

„Wir betrachten die außerordentliche und vorübergehende Gunst unserer früheren Lage als natürlich, dauernd und verlässlich und richten unsere Pläne danach aus.“ Nein, hierbei handelt es sich nicht um ein Zitat eines aktuellen Politikers oder EZB-Sprechers. Vielmehr haben wir es mit einer Aussage von John Maynard Keynes zu tun. Seines Zeichens britischer Ökonom und Politiker, der die Folgen des Ersten Weltkrieges für Europa in seinem Buch „Krieg und Frieden“ prophezeite.

Wie trefflich sich der Kern dieser Aussage auf unsere moderne Weltordnung übertragen ließe, erfuhren die Teilnehmer der 7. Jahreskonferenz der Risk Management Association im Oktober in Würzburg. 17 namhafte Referenten an zwei Tagen, an einem Ort – die Jahreskonferenz 2012 glänzte mit Inhalten und einem großen Teilnehmerinteresse. Rund 200 Kongressbesucher fanden sich in Würzburg ein.

Für Dr. Roland Franz Erben, Vorsitzender des Vorstands der RMA, ist die Jahreskonferenz der Risikomanager ein Gradmesser für Themen und Entwicklungen in der Szene: „Wir setzen mit unserem Konzept der Jahreskonferenz vor allem auf eine fundierte Wissensvermittlung in Verbindung mit aktuellen Entwicklungen im Risikomanagement.“ Und Erben ergänzt: „Die RMA bietet mit der jährlich stattfindenden Risikomanagementkonferenz außerdem eine zweitägige Plattform, um den Netzwerkgedanken zu fördern und neue Impulse zu setzen.“

Explosive Beschleunigung

Prof. Dr. Franz J. Radermacher von der Universität Ulm und Mitglied des Club of Rome, stellt in seiner Keynote: „Welt mit Zukunft – Überleben im 21. Jahrhundert: Ein Global Marshall Plan als Leitidee“ wegweisende Thesen unserer aktuellen und zukünftigen sozialen sowie wirtschaftlichen Weltordnung auf. Im Klartext: Wir haben eine Chance von rund 35 Prozent, den Globus und ihre Menschen vor dem Kollaps zu bewahren. Somit steht eines fest: Es wird ungemütlich.

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Radermacher sieht die aktuelle Lage des weltökonomischen Systems „in einem Prozess zunehmender Entfesselung und Entgrenzung im Kontext des Megatrends explosive Beschleunigung“. Die Weltbevölkerung rast auf die Zehn-Milliarden-Grenze zu, mit einem immensen Ressourcenzugriff für Produktion und Ernährung. Die Schlüsselfrage ist: Wie lassen sich mit einer begrenzten Menge an Ressourcen genügend Güter produzieren, um die Erwartungen der alten Welt und aufstrebender Nationen zu befriedigen? Und das ohne eine „abgemähte Wiese“ im globalen Maßstab zu hinterlassen.

Damit einhergehend sei der „Verlust des Primats der Politik“ festzustellen, die in ihren Strukturen national, bestenfalls kontinental aufgestellt sei, der aber eine globale Ausrichtung fehle. Dies behindere aufgrund fehlender globaler Standards und mangelnden Regulierungsmöglichkeiten im internationalen Maßstab eine nachhaltige Entwicklung. Die Gefahr: der soziale Ausgleich fehlt und die Balance zwischen den Kulturen und einer globalen wirtschaftlichen Stabilität geht verloren.

Lösung: Global Marshall Plan

Wie benötigen eine bessere Global Governance, so die Forderung von Radermacher. Das wird nur funktionieren, wenn die reichen Länder die armen Länder unterstützen. Wie können erste Schritte in Richtung auf eine faire und globale Governance-Struktur aussehen?

Der frühere US-Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore skizzierte den Plan wie folgt: „Wir brauchen heute einen Global Marshall Plan, um die Welt zu retten und Milliarden besitzlosen Menschen die Möglichkeit zu geben, wirklich an der Wirtschaft teilzuhaben. Bedenken Sie, dass das Richtige richtig bleibt, auch wenn niemand das Richtige tut. Und das Falsche falsch bleibt, auch wenn alle es tun.“

Innovationen als Chance

Ein Schlüssel steckt nach den Worten Radermachers in der Innovationen, dem Erfinden des Neuen. Nur mithilfe eines nachhaltigen Wachstums können neue Chancen und Perspektiven für die Welt im 21. Jahrhundert entstehen. Oder anders ausgedrückt: kein technischer Fortschritt, keine friedliche Lösung. Das knüpft an die Idee des Global Marshall Plans an, nachdem die Menschheit nur eine Chance hat, wenn sie ein zukünftiges Konzept für „eine Welt in Balance“ schafft. Diesem Konzept folgend, gründet die Idee auf „ethischen und moralischen Grundprinzipien“: Weltethos, Menschenpflichtenerklärung und einer Erdcharta.

Schlaraffenland ist abgebrannt

Die Suche nach sozialer Geborgenheit und Sicherheit ist wichtiger geworden als Freiheit. „Die Deutschen wollen auf Nummer sicher gehen“, bestätigt der Zukunftswissenschaftler Prof. Dr. Horst W. Opaschowski auf der Jahreskonferenz 2012. Zukunftsforschung als Risikomanagement heißt: das Undenkbare denken. Viele Szenarien, die in den vergangenen Jahren eingetreten sind, waren für die Mehrzahl der Experten undenkbar. Der Zukunftswissenschaftler spricht hierbei von „Wild Cards". Hierbei handelt es sich um plötzliche, zufällige und unerwartete Ereignisse in der Geschichte und Natur, die eine geringe Wahrscheinlichkeit haben. Die aber gleichwohl wesentliche Änderungen bewirken.

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