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Zutrittskontrolle 12. März 2019

„Digitaler kann Zutrittskontrolle kaum mehr werden“

In der Sicherheitstechnik denken viele an Videoüberwachung, wenn von Digitalisierung gesprochen wird. Warum eigentlich? PROTECTOR im Gespräch mit Axel Schmidt, Geschäftsführer von Salto Systems Deutschland.

PROTECTOR & WIK: Herr Schmidt, kurz nach der Security 2018 in Essen zog Salto Systems im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern ein sehr positives Fazit. Wie beurteilen Sie die Messe knapp ein halbes Jahr später?

Axel Schmidt: An unserer positiven Beurteilung der Security hat sich nichts geändert. Wir zehren ja auch noch davon – und das über mehrere Niederlassung hinweg. Denn abgesehen davon, dass wir mehr Besucher an unserem Stand hatten als 2016, kamen diese überdies aus aller Welt. Das hat sicher damit zu tun, dass wir bereits vor der Messe andere Niederlassungen mit eingebunden haben und diese dann unseren Stand ebenso als Plattform genutzt haben wie die deutsche Niederlassung. Ausschlag gebend für unseren Erfolg war aber zudem, dass wir mit SVN-Flex eine echte Neuheit präsentieren konnten und das im Vorfeld weit verbreitet haben.

Unter anderem zeigte die Security 2018 deutlich, dass die Digitalisierung inzwischen auch in der Sicherheitstechnik-Branche in aller Munde ist. Was halten Sie von diesem Begriff allgemein und speziell in Bezug auf die Zutrittskontrolle?

Wenn man von Zutrittskontrolle – richtigerweise Zutrittssteuerung – spricht, handelt es sich um eine originär digitale Weise, einer Person Zutritt zu gewähren oder nicht. Denn eine Zutrittssteuerung basiert immer auf elektronischen Komponenten und somit digitalen Daten, die automatisiert nach bestimmten Regeln bzw. Einstellungen Entscheidungen treffen. In unserem Segment handelt es sich daher eher um den Widerstreit zwischen Mechanik und Elektronik, wobei die Elektronik immer mehr Domänen der Mechanik einnimmt, seit jüngster Zeit auch private Wohnungen und Häuser. Dabei tun wir uns als Anbieter rein elektronischer Lösungen naturgemäß leichter, die immensen Vorteile elektronischer Zutrittslösungen zu kommunizieren. Anbieter, die parallel mechanische Schließanlagen verkaufen, agieren hier typischerweise zurückhaltender, weil sie ihr sehr einträgliches Geschäft mit überteuerten Schlüssel- und Zylindernachbestellungen nicht verlieren möchten.

IP-basierte Zutrittssteuerung

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Teilen Sie die Meinung, dass die Digitalisierung die Zutrittskontrolle noch nicht in dem Maße erfasst hat wie die Videoüberwachung, wo sich neben den technologischen Weiterentwicklungen auch Anwendungsgebiete, Vertriebswege und Zielgruppen massiv verändern?

IP-basierte Zutrittssteuerung gibt es seit mehr als 15 Jahren, digitaler kann es kaum werden. Wir sehen aber auch bei uns, dass Technologien aus Märkten, die bislang nichts mit uns zu tun hatten, einen immer größeren Einfluss auf unsere Branche nehmen. Ich meine damit zum Beispiel Smartphones oder diverse Funkstandards: Smartphones und Bluetooth haben beispielsweise die Entwicklung von Mobile Access maßgeblich vorangetrieben. Bluetooth, Z-Wave und Zigbee sind ihrerseits mittlerweile die üblichen Kommunikationsstandards innerhalb von Smart-Home-Systemen.

Außerdem sind in unserem Markt die Anwender ein wesentlicher Treiber von Entwicklungen. Ein Coworking-Anbieter stellt ganz neue Anforderungen an das Zutrittssystem. Für den spielt die Sicherheit zwar immer noch eine wichtige Rolle, die Zutrittssteuerung muss aber gleichzeitig nahtlos digitale Prozesse unterstützen und zu spürbarer Effizienzsteigerung beitragen. Daher stoßen wir mit unserer Cloud-Zutrittslösung ‚SALTO KS‘ in diesem Segment immer auf offene Ohren. Denn die Verknüpfung der unterschiedlichen Systeme erfolgt da nicht Hardware- oder Software-seitig, sondern in der Cloud.

Der Zutrittsmarkt mag zwar vielleicht nicht ganz so laut und temperamentvoll sein wie der Videomarkt, aber von gestern ist er nicht. Zumindest einige Hersteller sind es nicht.

Das Salto Virtual Network (SVN) gibt es bereits seit über 15 Jahren. Kann man diese Technik also als Pionier der Digitalisierung in der Zutrittskontrolle bezeichnen?

Ich denke schon. Sonst würde es nicht so viele Nachahmer geben, die versuchen, an die Performance, Sicherheit und Zuverlässigkeit des SVN heranzukommen…

Der erste Schritt zur Digitalisierung aber waren die verkabelten Online-Zutrittssysteme, der zweite Schritt dann elektronische Offline-Schließsysteme. Beide Ansätze für sich genommen haben allerdings gravierende Nachteile: einerseits die hohen Kosten der Verkabelung, wodurch bspw. Türen im Gebäudeinnern nicht effizient eingebunden werden können, andererseits die Übernahme des von mechanischen Schließsystemen bekannten Prinzips „an der Tür berechtigt oder unberechtigt“. Dieses vergleichsweise unsichere Verfahren kopiert letztlich nur den eingeschränkten Funktionsumfang eines mechanischen Schließsystems.

Unser SALTO Virtual Network verbindet diese beiden Ansätze, ohne ihre Nachteile zu übernehmen. Das heißt, man kann an Türen mit hohem Sicherheitsbedarf verkabeln oder funkvernetzen, alle anderen Türen werden über die auf den Identmedien gespeicherten Zutrittsrechte, Blacklists und Managementinformationen virtuell vernetzt. Somit erreichen Anwender ein ausgewogenes Verhältnis aus Sicherheit und Effizienz. Was ja letztlich das Kernthema der Digitalisierung ist: mehr Funktionen bei niedrigeren Kosten.

Weltneuheit SVN-Flex auf der Security 2018 vorgestellt

Auf der Security in Essen hat Salto mit SVN-Flex eine Weltneuheit präsentiert. Wie funktioniert das System genau und welche Vorteile bringt es dem Nutzer?

Das Neue und Einzigartige am SVN-Flex ist, dass man keinen verkabelten Wandleser mehr benötigt, um die Zutrittsrechte auf der Karte zu aktualisieren und mit dem Server Daten auszutauschen. Das geht jetzt an jedem dafür aktivierten elektronischen Beschlag oder Zylinder direkt an der Tür. Wir nutzen für SVN-Flex eine Kombination aus unserem SVN und unserer auf Bluetooth basierenden Funkvernetzung. Wobei wir eben nur ausgewählte Türen funkvernetzen müssen und nicht die gesamte Anlage.

Das bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich: Man benötigt nicht mehr zwingend verkabelte Update-Punkte im Gebäudeinnern, wo bislang Wandleser häufig eigens für die Aktualisierung installiert wurden, besonders in größeren Anlagen. Das reduziert den Installationsaufwand. Darüber hinaus erhöht sich die Sicherheit, denn Anwender haben an den Türen mit Funkvernetzung praktisch eine Echtzeit-Zutrittskontrolle. Und da man nun viel mehr Update-Punkte viel günstiger einrichten kann, erfolgt naturgemäß viel öfter ein Datenaustausch mit allen anderen, klassisch virtuell vernetzten Türen. Überdies werden Anwender flexibler: Bei Nutzungsänderungen lassen sich jetzt auch die Aktualisierungspunkte leicht an die neuen Gegebenheiten anpassen.

An welche Zielgruppen und Märkte richten Sie sich mit SVN-Flex?

Wir schränken uns da nicht ein. Grundsätzlich eignet sich SVN-Flex für alle Märkte, in denen wir aktiv sind. Aber letztlich entscheiden immer die Anforderungen des Projekts, wie die Systeminfrastruktur geplant wird. Wir verkaufen keine Anlagen von der Stange, sondern unsere Lösungen sind immer maßgeschneidert und können daher verkabelt, virtuell vernetzt, funkvernetzt oder mobil sein – oder eine freie Kombination aus diesen Technologien.

Wird es in der Zutrittskontrolle in den nächsten Jahren weitere vergleichbare Innovationssprünge geben, und welche Rolle wird Salto Systems dabei einnehmen?

Das SVN-Flex ist natürlich schon ein großer Schritt für klassische Zutrittsanwendungen. Wir befinden uns aber bereits mitten in einem technologischen Wandel hin zu Cloud-basierten Systemen sowie der Ausstattung von Smart Homes mit leistungsfähigen und sicheren elektronischen Zutrittslösungen. Das eröffnet Anbietern, die diesen Wandel federführend mitgestalten, wie SALTO, ein enormes Potenzial, das man mit einem klassischen Portfolio niemals erschließen würde.

Die Möglichkeiten des Salto Virtual Network (SVN) zeigt auch dieses Video:

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