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Effizienz und Konnektivität

Teil 2

Christian Schmitz von Clay Solution glaubt, dass die grundsätzliche Zielsetzung eine andere ist: „Im Geschäftsumfeld werden smarte Lösungen anders definiert als im privaten Bereich. Im Frühstadium wird der größte Umsatz mit dem Verkauf von Geräten erzeugt. Das allein wird aber nicht zum Erfolg führen, denn langfristig werden Dienstleistungen das Geschäft dominieren. Es geht um Effizienz und Sicherheit und übergreifende Anwendungen, welche keine kostenintensiven Hardware-Schnittstellen voraussetzen. Das Stichwort ist IOT, Cloud-to-Cloud-Schnittstellen, eine Win-win-Situation für verschiedenste Anwendungen. Mit zunehmender Komplexität werden Errichter gefragt sein, die Ihr Handwerk verstehen. Jedoch setzen viele Produkte für kleine und mittlere Anwendungen nicht mehr zwingend den klassischen Fachhandwerker voraus. Dies trifft für andere Bereiche genauso zu.“

Ulf Hüther stimmt zu und ergänzt: „Man wird sicher den Kunden die Möglichkeit geben, bis zu einem gewissen Grad Systeme selbst umzusetzen, sofern sie denn technisch einigermaßen versiert sind. Aber dann kommt irgendwann einmal der Punkt, an dem er seine mit der Zeit steigenden Ansprüche nicht mehr selbst verwirklichen kann. Hier kommen die Synergie- Effekte zum Tragen. Denn wenn die Anwender schon einmal eine kleine Lösung im Privaten umgesetzt haben, strahlt das in die größeren Anwendungen aus, die auch gewerblich genutzt werden. Zu deren Umsetzung wird aber letztlich doch ein professioneller Partner benötigt.“

Ein ganz ähnliches Konzept skizziert Christian Sittner von Bosch Sicherheitssysteme: „ Wir bei Bosch werden in Sachen Smart Home künftig zweigleisig fahren. Wir kommen klassisch aus der Einbruchmeldetechnik und vertreiben dort über die spezialisierten Installateure. Diesen Ansatz werden wir im Smart-Home-Markt auch weiterhin verfolgen, aber für Privatkunden anpassen. Denn nicht nur im professionellen Bereich gibt es ein Bedarf an langfristigem Support. Parallel dazu widmen wir uns auch dem Thema Selbstinstallation und bieten einen Einstieg über einfache Einzelanwendungen.“

Gutes Gelingen

Die bereits erwähnte Komplexität der Unternehmensanwendung, die einen wie auch immer gearteten Integrationspartner erfordert und die heute auch bei separaten Sicherheitssystemen schon vorherrscht, wird durch das Verschmelzen der Gewerke in einem übergeordneten System nur scheinbar reduziert, wie Ersin Akar von D-Link ausführt: „In einer idealen Welt wäre natürlich wünschenswert, dass tatsächlich alle Subsysteme miteinander kommunizieren und vernetzt agieren – und teilweise tun sie es ja auch in unserer realen Welt – nur braucht es dafür eine geeignete Basis, einen Standard wie etwa in Form von Onvif. Nur muss man bedenken, dass man damit nur Grundfunktionen abdeckt. Wenn der Kunde den Anspruch hat, seine Wünsche umfassend umzusetzen, dann muss man eine Tiefenintegration machen, die alles andere als Plug-and-Play läuft. Ich glaube daher nicht, dass es sehr bald dazu kommen wird, dass alle Systeme zusammen in einer App oder in einem übergeordneten System bedient werden können.“

Dass ein Standard jedoch eine gute Basis bildet, findet Uli Schunk von der Euromicron AG: „Auch im Business-Bereich wird es auf absehbare Zeit nicht den einen führenden Standard in der Gebäudeautomation geben. Hier sind die Anbieter gefordert herstellerneutrale und sichere Systeme zur Vernetzung für sämtliche Bereiche der Gebäudeautomation zu definieren, zu entwickeln und bereitzustellen. Die Herausforderung wird sein, die Kräfte der Anbieter so zu bündeln, dass am Ende daraus mehr als ein kleinster gemeinsamer Nenner resultiert.“

Ebenfalls entscheidend ist im Segment der Unternehmens-anwendung auch die Größe. Die allumfassende Gebäudeautomation hat ihre Berechtigung, ist aber für den Mittelständler oder Kleinbetrieb maßlos überdimensioniert. Deshalb rät Volker Brink von Winkhaus zur differenzierten Analyse, was smarte und vernetzte Systeme angeht: „Aus unserem B2B-Geschäft kennen wir die Kundenanforderung, dass die Verwaltungssoftware für die Produkte der elektronischen Zutrittsorganisation auf einem Server innerhalb des geschützten Bereichs installiert wird und keine Cloud-Lösung gewünscht ist. Unsere Kunden möchten die Systemhoheit gerade im Bereich Zutrittskontrolle, aber auch bei der Zutrittsorganisation, behalten. Diese Lösung haben wir auf den kleingewerblichen und privaten Bereich übertragen, wo wir bei Projekten mit bis zu 25 Türen eine App-gesteuerte Konfiguration per Smartphone ermöglichen. Dieses dient dabei als Bediengerät und Display eines Masterkeys, der mit 128 Bit verschlüsselt über Bluetooth mit dem Smartphone verbunden ist und zur Programmierung von Schlüsseln und Zylindern genutzt wird. Was bleibt, ist der Verzicht auf die Ablage von Berechtigungen in der Cloud. Wir stellen fest, dass unsere Kunden diesen Ansatz gegenüber einer Cloud-Lösung sehr schätzen.“

Beherrschbar machen

Dass die Bedienung von smarten Systemen auch immer etwas mit dem Smartphone als alltägliche Wunderwaffe zu tun hat, kann unabhängig davon gelten, ob nun ein System für den Heimgebrauch oder die geschäftliche Anwendung gedacht ist. Aber auch hier gilt es einiges zu beachten, wie Tobias Schmid von SchmidAlarm betont: „Bedienung sollte heute immer möglichst einfach sein – egal, um welches System es geht. Will man diese Einfachheit für den Benutzer herstellen, muss man es sich vorher entsprechend schwer machen. Denn um eine einfache Bedieneroberfläche zu erhalten, muss man ein sehr variables und komplexes System dahinter haben. Und wenn man gleichzeitig möchte, dass die Bedienoberfläche flexibel an die eigenen Wünsche angepasst wird, so benötigt man jemanden, der dies umsetzt und konfiguriert. Und das kann aus meiner Sicht nur der Errichter oder der Systemintegrator sein.“

Das Zusammenwachsen der verschiedenen Systeme und Komponenten auf Ebene der Bedienung sieht auch Erik Mosler von Ingram Micro, der jedoch zu bedenken gibt: „Die Zukunft heißt Multi-Use-Case und dabei werden auch Partnerkonzepte stark an Bedeutung gewinnen. Denn für ein Gesamtsystem, das so unterschiedliche Komponenten wie Bewegungsmelder, Thermostate, Heizungen, Videokameras oder Zutrittsleser bedient, muss man Schnittstellen definieren und Konnektivität herstellen. Am besten kann dies gelingen, wenn Hersteller grundsätzlich zusammenarbeiten und ein Integrator die individuelle Planung für den Kunden macht.“

Die Aussichten für Errichter stehen also im Markt der gehobenen Smart-Home-Anwendung und dem der smarten Gebäudetechnik für kleine und mittlere Unternehmen durchaus nicht schlecht. Sie müssen aber ihren eigenen Mehrwert erkennen und dem Kunden den Service und Support anbieten, den er nicht selbst leisten kann oder will. Denn mit den DIY-Lösungen aus dem Baumarkt oder großen Konzernen der Kommunikationstechnik sollten Errichter und Integratoren besser nicht konkurrieren.

Michael Gückel
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