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Eine zündende Idee

Besonders hoch, besonders verwinkelt, besonders genutzt – sehr viele Gebäude stellen außergewöhnliche Anforderungen an den technischen Brandschutz. Um die Wirksamkeit von Brandmeldeanlagen in diesen Gebäuden nachzuweisen, fordern Sachverständige häufig einen Nachweis. Dieser kann mit Hilfe von Rauchversuchen mit einem Aerosolgenerator und einem Echtzeit-Analysetool zuverlässig erbracht werden.

Wirksamkeitsnachweis eines Brandmelders auf zehn Metern Höhe mit Hilfe eines Aerosolgenerators.
Wirksamkeitsnachweis eines Brandmelders auf zehn Metern Höhe mit Hilfe eines Aerosolgenerators.

Die Leistungs-fähigkeit von Brandmeldeanlagen ist heute so hoch wie nie zuvor, gerade auch in Hinblick auf die Detektions-sicherheit bei Störgrößen und in schwierigen Umgebungs-bedingungen. Gleichzeitig werden die brandschutz-technischen Anforderungen von Unternehmen immer komplexer: So steht nach dem zentralen Schutz von Menschenleben die Aufrechterhaltung von Prozessen oft noch stärker im Fokus als die Unversehrtheit von Gebäuden und anderen Sachwerten. Für die Planung und Umsetzung geeigneter Brandschutzkonzepte bedeutet das: Es geht keineswegs nur darum, Regelwerke wie DIN 14675 oder DIN VDE 0833 Teil 2 buchstabengetreu in ihren Mindestanforderungen zu erfüllen. Vielmehr sind individuelle Schutzziele zu definieren und ihre Einhaltung durch den intelligenten Einsatz geeigneter Brandmeldelösungen zu gewährleisten – gerade bei hohen, verwinkelten und besonders genutzten Gebäuden.

Wirkprinzipprüfung

Dieser lösungsorientierte Ansatz bringt auch neue Herausforderungen beim Nachweis der Wirksamkeit der entsprechenden Brandmeldeanlagen mit sich. Baurechtlich geht es dabei um die Durchführung der Wirkprinzipprüfung. Diese wird von den jeweiligen Länderbauordnungen bei jeder Erstabnahme sowie bei wiederkehrenden Prüfungen für die gesamte Ablaufkette gefordert.

Ein umfassender Wirksamkeitsnachweis geht über die baurechtlich geforderte Wirkprinzipprüfung noch hinaus und unterstützt auch schon bei der Erstellung des Brandmeldekonzepts. Im Brandmeldekonzept wird das Schutzziel definiert, und wie es erreicht werden soll. Durch Testaufbauten und einen Wirksamkeitsnachweis kann die Planung und Projektierung optimiert und die Investitionssicherheit garantiert werden. Damit gibt der Wirksamkeitsnachweis Fachplanern eine zuverlässige Planungssicherheit. Die Dokumentation unterstützt sie außerdem in der Phase „Planung und Projektierung“ gemäß DIN 14675.

Die DIN VDE 0833-2 erlaubt den Einsatz von punktförmigen Rauchmeldern für Räume bis zwölf Meter Höhe. Wird der Wirksamkeitsnachweis durchgeführt, können diese auch für 16 Meter hohe Räume eingesetzt werden. Ähnlich verhält es sich auch bei der DIN VDE 0833 Teil 2 bei hohen Luftwechselraten (über fünf Meter pro Sekunde) im Raum. Hier muss mit einer Prüfung sichergestellt werden, dass Brandkenngrößen wie Rauch und Temperatur nachweisbar in ausreichender Menge zum Melder gelangen.

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Testfeuer nicht immer realitätsnah

Die Grundlage für einen Wirksamkeitsnachweis ist die Simulation einer Brandentwicklung unter realen Bedingungen, die von der überprüften Anlage detektiert werden muss. Um eine objektive Vergleichbarkeit sicherzustellen, definiert die europäische Norm DIN EN 54 in Teil 9 sechs Typen von standardisierten Testfeuern (TF1 bis TF6).

„Vorgaben der DIN EN 54 entsprechen dem technischen Stand der 1980er-Jahre: Ein Melder soll bei Null bis zwei Dezibel Lichttrübung – also bei maximal 37 Prozent Lichttrübung – einen Alarm auslösen. Im nach DIN EN 54 genormten Raum mit 4,2 Metern Deckenhöhe hat ein punktförmiger Rauchmelder dafür 840 Sekunden Zeit“, sagt Ralf Jock, Senior Consultant strategisches Marketing bei der Siemens-Division Building Technologies. „Moderne Melder detektieren aber viel feiner. Sie bewerten dank algorithmenbasierter Rechenverfahren schon bei einer beginnenden Lichttrübung, ob es sich um einen zunehmenden Schwelbrand oder um eine Täuschungsgröße wie beispielsweise einem Schweißvorgang handelt. Dadurch reagieren moderne Brandmelder deutlich sensibler und sind bei einer echten Gefahr auch schneller“, so Jock. Hinzu kommt: Die Testfeuer gemäß DIN EN 54-9 gehen von Laborversuchen aus und entsprechen deshalb häufig nicht der Realität. Ein Beispiel zeigt: Das TF2 (Schwelen von Buchenholzklötzchen auf einer Heizplatte von zwei Kilowatt), das zur vorgeschriebenen Prüfung bei Deckenhöhen zwischen zwölf und 16 Metern eingesetzt werden soll, erzeugt viel zu wenig Thermik, damit Rauchpartikel bis in diese Höhe gelangen.

Vielfach weicht man deshalb in der Praxis auf ein Testfeuer aus, bei dem die Verbrennung von Schaumstoffmatten zum Einsatz kommt. „Die eher dunkle Rauchentwicklung entspricht keinem Schwelbrand, allerdings ist die Thermik in diesem Fall so stark, dass die Melder auch in 16 Metern auf jeden Fall auslösen“, sagt Jock. Wenn Personen, Güter oder für den Fertigungsprozess relevante Einrichtungen geschützt werden sollen, muss der Brandmelder bei einem Schwelbrand ansprechen, bevor ein offenes Feuer entsteht. Gleiches gilt für den Einsatz einer Nebelmaschine. Sie führt zwar zu einer schnellen Lichttrübung, hat aber mit der Verlaufskurve eines entstehenden Schwelbrandes kaum etwas zu tun.

Aerosolgenerator ergänzt Testfeuer

Vor diesem Hintergrund erweist sich ein Rauch- oder Aerosolgenerator, wie ihn unter anderem die VdS Schadenverhütung für Wirksamkeitsnachweise empfiehlt, als die deutlich bessere Alternative zu herkömmlichen Testfeuern und Nebelmaschinen. Mit dem Aerosolgenerator AG2000 setzt Siemens auf ein baugleiches Modell. Der Generator kann das Testfeuer TF2 – schwelende Buchenholzklötzchen auf einer Heizplatte – nachbilden. Im Unterschied zum Testfeuer im Labor kann der Generator die notwendige thermische Energie für hohe Räume und Hallen erzeugen. Es entsteht dabei eine Brandverlaufskurve, wie sie das für kleine Räume konzipierte Testfeuer TF2 auch vorsieht.

Testfeuer mit schwelenden Buchenholzklötzchen erzeugen stark riechende und qualmende Brandaerosole. Somit sind diese Testfeuer für Reinräume oder die Lebensmittelindustrie nicht geeignet. Um Testfeuer mit einer geringeren Rauchentwicklung durchzuführen, hat Siemens anhand von zahlreichen durchgeführten Wirksamkeitsnachweisen mit unterschiedlichen Anforderungen und Bedingungen ein weiterführendes Verfahren entwickelt. Dieses basiert auf einer softwaregesteuerten Nachbildung der Aerosolentwicklung des Testfeuers TF2 einschließlich der notwendigen thermischen Energie. Dieses Verfahren belastet weder Personen noch die Umwelt und wird bereits von vielen Gutachtern und Versicherungen anerkannt.

Im Melder erfassen Sensoren die Brandkenngrößen wie Rauch, Kohlenmonoxid und Temperatur. Um diese beim Wirks amkei t s n a chweis zu visualisieren, bietet Siemens für seine aktuelle Meldertechnik die Software Sinteso Data Recorder (SDR) an. Das Analysetool stellt in Echtzeit die Daten aller Sensoren dar. Außerdem zeigt es anhand von parallel installierten Referenzmeldern, wie der Versuch verläuft, und wann der Vorbeziehungsweise Hauptalarm erreicht wird.

Darüber hinaus werden für spätere Analysen die Messergebnisse derBrandkenngrößen aufgezeichnet und dienen damit auch gleichzeitig als Dokumentation für die Planung. Die Darstellung erfolgt grafisch als Verlaufskurven. So kann das Verhalten von Brandmeldern und ihre entsprechenden Parametersätze im Zusammenspiel mit Brandkenngrößen und Täuschungen ausgewiesen werden. Das unterstützt dabei, Täuschungsgrößen zuverlässig zu betrachten und ins Brandschutzkonzept einzubeziehen. Und nicht zuletzt können alle Daten aus dem Tool in eine Dokumentation gemäß DIN 14675 übernommen werden. Die Dokumentation unterstützt auch dabei, zulässige Abweichungen der Norm DIN VDE 0833-Teil 2 festzuhalten.

Dieter Hennig, Wilfried Schmidt

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