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BdSI 4. Juni 2012

Flughafen Berlin als vorhersehbares Drama

Nach Ansicht des Bundesverband deutscher Sicherheitsberater und -Ingenieure e.V. (BdSI) ist das Drama um den Großflughafen Berlin-Brandenburg in keiner Weise verwunderlich. Wie so oft in politisch brisanten Projekten sei der Wunsch Vater des Gedankens gewesen.

Blick in eines der Gates am Flughafen Berlin Brandenburg während der Bauphase.
Blick in eines der Gates am Flughafen Berlin Brandenburg während der Bauphase.

Der BdSI erkennt eine Reihe von Grundsatzfehlern:

1. Ein Projekt dieser Größenordnung bedarf einer sogenannten integrierten Planung und nicht, wie hier, der Summe vieler Einzelplanungen.

2. Die Planung eines solchen Projektes erfordert ein Gesamt-Lastenheft, das dann zu den verschiedenen Planungskonzepten durch Einzel-Lastenhefte heruntergebrochen wird. Diese basieren alle auf den Grundlagen des Gesamt-Lastenhefts. Dadurch wird konzeptionelle Durchgängigkeit erreicht.

3. Die technischen Problemlösungen dürfen nicht errichtenden Firmen übertragen werden, die sich dann selbst ihren Part beplanen. Planung muss unabhängig von Produkten sein.

4. Die Fachleute, die die Lastenhefte als Basis der Planungen erarbeitet haben, müssen Planer und Errichter in allen Phasen des Projekts qualitätssichernd begleiten.

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5. Bei einem Flughafen stehen Sicherheitsprobleme ganz oben auf der Agenda. Das Lastenheft muss durch ein Sicherheitslastenheft, das alle Gewerke berücksichtigt, ergänzt werden.

6. Die Umsetzung muss durch einen Sicherheitskoordinator durchgehend konzept- und qualitätssichernd überwacht werden.

7. Qualitätssicherung heißt:

  • Permanente Überprüfung der Konzepttreue gegenüber den Lastenheften und Grundsatzentscheidungen.
  • Prüfung der Plantreue und Planungstiefe.
  • Prüfung der Ausschreibungen auf Herstellerneutralität (die technisch beste Lösung zum besten Preis) und Vermeidung von Vetternwirtschaft bei Vergaben.
  • Neutrale, qualitätssichernde Abnahmeprozesse mit sogenannten Härtetests. Härtetests testen abnahmefähige Komponenten und Systeme im technischen Funktionszusammenhang. Eine Entrauchungsanlage kann nur im Zusammenhang mit der gesamten Steuerung und den verschiedenen Abhängigkeiten anderer funktionierender Systeme betrachtet werden.

8. Es ist töricht, „ein Stück Lüftungsanlage“ zu beauftragen und dann vier Monate vor Inbetriebnahme die Steuerung zu bestellen.

9. Ein Flughafen dieser Größenordnung darf nur an ein Konsortium vergeben werden, das schon solche Projekte nachweislich und erfolgreich gestemmt hat. Es gibt auch in Deutschland welche, die weltweit schon Flughäfen schlüsselfertig errichtet haben.

10. Es darf kein Wunschbudget fixiert werden, wenn schon die ersten Kostenschätzungen zeigten, dass es nicht haltbar ist. Die Zahlen vergleichbarer Flughäfen wie Bangkok, Shanghai, Singapur und sogar Antalya liegen vor und hätten als Korrekturgröße herangezogen werden können.

11. Es darf auf keinen Fall auf Kosten des Planungsbudgets gespart werden, indem man sagt, der Errichter macht die Gewerkeplanung mit. Das ist bei diesen Dimensionen noch nie gut gegangen.

12. Solch ein Projekt muss von einem ehrlichen Berichtswesen mit schonungsloser Darstellung von Risiken begleitet werden.

13. Es darf kein Wunschtermin jenseits der Realität festgelegt werden. Mit einem lastenheftbasierten Planungskonzept und einem Generalunternehmer hätten sich die Termine in Berlin halten lassen – anders als mit einer Stückwerksplanung und -vergabe wie geschehen.

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