Direkt zum Inhalt
Recht 1. September 2014

Haftungsfrage bei Großveranstaltungen

Die Erscheinungsform der Großveranstaltung – gerade unter freiem Himmel – hat in den letzten Jahren, sowohl was deren Häufigkeit als auch den jeweiligen Umfang angeht, enorm an Bedeutung gewonnen.
Besonders Großveranstaltungen unter freiem Himmel stellen hohe Anforderungen an die Veranstalter.
Besonders Großveranstaltungen unter freiem Himmel stellen hohe Anforderungen an die Veranstalter.

Auch wenn es sich bei Großveranstaltungen vor allem um einmalige oder zumindest punktuelle Ereignisse handelt, sind doch eine Fülle von Rechtsquellen und Rechtsbereichen tangiert.

Primär ist dies zunächst das Bauordnungsrecht, dessen Gegenstand, vereinfacht ausgedrückt, die Gefahrenabwehr im Rahmen von baulichen Nutzungen darstellt. Gerade hier zeigt sich, dass etwa bei Freiluftveranstaltungen bereits rechtliche Unklarheiten und Regelungsbedarf bestehen. Die katastrophalen Auswirkungen der Duisburger Love-Parade können auch darauf zurückgeführt werden, dass für derartige noch relativ neue Veranstaltungen noch keine unmissverständlich konkreten Rechtsgrundsätze sowohl hinsichtlich der materiellen Anforderungen als auch formellen Verantwortlichkeiten bestehen.

Die primäre Verantwortung für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen trägt der Veranstalter. Hier zeigt sich oftmals bereits das Problem, wer als Veranstalter anzusehen ist und in persona die rechtliche Verantwortung trägt – etwa bei Vereinen der Vorstand, bei GmbHs die Verantwortlichen der Geschäftsführung.

Moderne Techniken der sozialen Kommunikation bergen die Gefahr, für einzelne Personen plötzlich unbewusst als Veranstalter zu gelten. Angesprochen ist damit das Phänomen der „Facebook-Partys“, bei denen eine einzelne Person über ein soziales Netzwerk eine Veranstaltung (sei es nun ein Treffen, ein Flashmob-Happening oder sonst eine Ansammlung von Personen) initiiert. Die Verbreitungswege derartiger Kommunikationen bedingen es, dass sich die potenzielle Teilnehmerzahl hierbei nicht vorhersehen lässt und damit quasi „aus dem Stand“ eine Großveranstaltung mit sämtlichen hierbei typischen Gefahrenlagen entsteht.

Bei geplanten Großveranstaltungen delegiert der Veranstalter in der Regel seine Verantwortlichkeit im Rahmen vertraglicher Gestaltung auf die von ihm beauftragten Planer, Sachverständige und Unternehmer. Hier bedarf es jedoch häufig eines übergeordneten koordinierenden Ansprechpartners, der überhaupt in der Lage ist, aufgrund der Komplexität der Anforderungen die jeweiligen Fachplaner, genehmigungsfähige und einzubeziehenden Behörden und Organisationen zu eruieren und festzulegen.

Anzeige

Angesprochen sind damit vor allem eine Fülle von Genehmigungsfragen, beispielsweise Bauordnungsrecht, Gewerberecht sowie je nach Art und Weise der Veranstaltung einzelne Rechtsverordnungen. Im Hinblick auf das Personal bei einer derartigen Großveranstaltung sind darüber hinaus auch arbeitsrechtliche Anforderungen, zum Beispiel nach der Arbeitsstättenverordnung und den Arbeitsstättenrichtlinien, zu beachten.

Rechtsanwalt Dr. Till Fischer ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht:
- Studium an der Justus-Liebig-Universität in Gießen
- 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Deutsches und Internationales, öffentliches und privates Baurecht an der Technischen Universität Darmstadt
- 2004 Promotion im Baurecht
- Seit 2005 bis dato Lehrbeauftragter für Baurecht an der Hochschule Darmstadt, FB Bauingenieurwesen
- Seit November 2011 Rechtsanwalt bei Henkel Rechtsanwälte in Mannheim

Schließlich sind auch die versicherungs-rechtlichen Anforderungen abzuklären und umzusetzen. Denjenigen, der einen potentiellen Veranstalter im Hinblick auf die Machbarkeit und damit Genehmigungsfähigkeit berät, treffen hier hohe Sorgfaltsund Beratungspflichten.

Als Fazit lässt sich feststellen, dass eine Großveranstaltung eine höchst komplexe und spezielle Angelegenheit ist, die spezialisierten Sachverstand erfordert. Die Gefahr liegt vor allem in der Praxis häufig darin, dass Veranstalter, denen diese Anforderungen nicht bewusst sind (Standardfall: Sport-Verein veranstaltet Rock-Konzert in der örtlichen Mehrzweckhalle) hierdurch erhebliche Gefahren und damit auch Haftungsrisiken für sich selbst verursachen.

Passend zu diesem Artikel