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Internet der Dinge 22. März 2018

Hightech durch Low Power

Das Internet of Things (IoT) wird in absehbarer Zeit unser Leben verändern – im professionellen Bereich und im Privaten. Damit sich die Daten, die Sensoren in unterschiedlichsten Anwendungen erfassen, auswerten lassen, müssen sie zunächst an zentraler Stelle zusammengeführt werden. Low-Power-Netzwerke bilden hierfür eine ideale Infrastruktur.

Auf dem Werksgelände der Firma Spier in Steinheim müssen bis zu 1.000 ähnlich aussehende Fahrzeuge schnell auffindbar sein.
Auf dem Werksgelände der Firma Spier in Steinheim müssen bis zu 1.000 ähnlich aussehende Fahrzeuge schnell auffindbar sein.

Bis zu 1.000 Fahrzeuge – meist Transporter noch ohne Aufbau – stehen bei Spier Fahrzeugbau im westfälischen Steinheim auf dem Betriebsgelände. Sie warten darauf, einen Kofferaufbau für den Einsatz bei KEP-Dienstleistern (Kurier Express Paket) zu erhalten, oder zu einem Kühlfahrzeug aufgebaut zu werden. Die fabrikneuen Chassis mit Führerhaus unterschiedlicher Autohersteller gleichen sich oft äußerlich wie ein Ei dem anderen: Da sie keine Nummernschilder haben, war die eindeutige Zuordnung bislang mit aufwändigem, manuellem Abgleichen von Dokumenten verbunden. Seit Telent auf dem Firmengelände ein Low-Power-Netzwerk aufgebaut hat, ist jedes Fahrzeug immer genau ortbar. Der Trick: Kleine Sensoren, die jeweils am Fahrzeug angebracht sind, senden regelmäßig Geoinformationen. Am Monitor sieht der Disponent, wo sich der Transporter gerade befindet: auf dem Gelände, in den Produktionshallen oder in deren Umfeld. Verwechslungen sind ausgeschlossen.

Fahrzeuge auf dem Gelände orten

Für das Internet der Dinge (IoT)-typische Anwendungen wie diese bestehen im Wesentlichen aus drei Teilen. Zunächst sind da die Sensoren, die kontinuierlich Zustandsinformationen sammeln und über eine Funkschnittstelle bereitstellen. Für die Übertragung der Signale sorgt ein Funknetz, das darauf ausgelegt ist, große Mengen von kleinen Datenpaketen zu transportieren. Und schließlich bedarf es in der Zentrale einer Plattform, die die eingehenden Daten verarbeitet und visualisiert und gegebenenfalls notwendige Prozesse auslöst.

1. Die Sensoren

Sensoren erfassen Umweltzustände oder Geoinformationen. Für das intelligente Parkraum-Management melden sie beispielsweise, ob eine Parkfläche besetzt oder frei ist. Beim intelligentem Liegenschaftsmanagement („Smart Building“) überwachen Sensoren in Gebäuden das Raumklima (Temperatur und Feuchtigkeit), Öffnung/Verschluss von einzelnen oder mehreren Türen oder Fenstern. Als Teil messtechnischer Konzepte für die Bauwerksüberwachung erkennen sie schädigende Faktoren in Betonbauwerken, erfassen Korrosion, Feuchtigkeit, Temperaturen und Statik von Dächern, überwachen Risse innerhalb und außerhalb von Gebäuden. In der „Smart City“ erfassen Sensoren Klimawerte, Lärm, Schadstoffbelastungen, das Verkehrsaufkommen oder die Füllstände von Müllbehältern. Für die Schädlingsbekämpfung, zum Beispiel in Kläranlagen, melden IoT-fähige Tierfallen, dass sie gerade eine Maus oder eine Ratte gefangen haben. Die Einsatzszenarien scheinen grenzenlos zu sein.

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2. Das Funknetz

Für die Übertragung ganz kleiner Datenmengen bieten sich sogenannte Low-Po wer-Netzwerke (LPWAN) an, zum Beispiel das international standardisierte, auf der „LoRaWAN“-Technologie (Long Range Wide Area Network) basierende Funknetz der Telent-Tochter Netzikon. Ihr Energieverbrauch ist extrem niedrig; Batterien für die funkenden Geräte haben daher eine lange Lebensdauer von bis zu 15 Jahren. Das vereinfacht das Handling und ist kostengünstig, weil es auf diese Weise keiner separaten Stromversorgung bedarf. Die Sender und Empfänger haben, je nach Umgebung, eine Reichweite von bis zu 15 Kilometern, ihre Signale durchdringen Gebäudemauern problemlos und erreichen so beispielsweise auch Kellerräume oder andere, so genannte Deep-Indoor- Standorte.

Das Long Range Wide Area Network basiert auf dem offenen Industriestandard „LoRa“ und nutzt freie Frequenzbänder aus den lizenzfreien ISM-Bändern (Industrial, Scientific und Medical Band, Hochfrequenzbereich). Die Kommunikation der Endgeräte erfolgt mit Datenraten zwischen 0,3 bis 50 Kilobit pro Sekunde. Die standardisierten Schnittstellen der „LoRaWAN“-Infrastruktur machen es möglich, Sensoren und Applikationen schnell und flexibel anzubinden. Netzikon plant, sein Netz in den kommenden Monaten flächendeckend in Deutschland bereitzustellen. Der Netzbetreiber übernimmt alle notwendigen technischen Schritte zur Anbindung der „LoRa“-Endgeräte und sichert seinen Kunden Konnektivität zu. Der Netzbetreiber registriert das Endgerät, der Kunde muss es nur noch einschalten – und die Daten werden sicher an den jeweiligen Zielort der Anwendung übertragen.

Das gesamte Netz wird im Network Operation Center kontinuierlich überwacht, was für höchste Verfügbarkeit sorgt. Zudem garantiert Netzikon absolute Vertraulichkeit der gesendeten Daten. 3. Die Plattform Um konkreten Nutzen aus der Fülle der erfassten Daten zu ziehen, stellt Telent die Plattform „evalorIQ“ zur Verfügung. Sie verbindet Sensoren, Applikationen und weitere Plattformen und stellt sicher, dass Ende-zu- Ende-Kommunikation oder Asset-Tracking (wie bei Spier) genau auf die Bedürfnisse des Kunden angepasst werden können. So lassen sich mit „evalorIQ“ auch Daten aus Maschinen oder Turbinen auslesen, um festzustellen, wann und an welchem Bauteil eine Wartung durchzuführen ist, noch bevor das Teil tatsächlich ausfällt (Predictive Maintenance). Melden Mülleimer einen definierten Füllstand, berechnet die Software die optimale Route für die Abholung. Bei Prozessstörungen kann die Plattform in einem mehrstufigen Eskalationsverfahren unterschiedliche Alarme auslösen. Je nach Störungszustand erfolgen Benachrichtigungen per SMS, E-Mail oder Sprachanruf. Die Einrichtung ist einfach und erfolgt anhand von Grenzwerten auf Basis eingestellter Messwerte. Die Plattform bündelt alle wichtigen Messwerte und Daten und visualisiert sie in Dashboards mit Live- Daten und Anlagenprozessbildern. Evaluationswerkzeuge erhöhen die Transparenz aller Abläufe und lassen dadurch wichtige Rückschlüsse zu. Prozesse können auf diese Weise bestmöglich optimiert und neue digitale Services entwickelt werden. „Für die erfolgreiche Umsetzung und Platzierung von IoT-Lösungen spielen solche Plattformen eine zentrale Rolle. Mit ihnen lassen sich lösungsorientierte Konzepte umsetzen, unabhängig von der Größe der Betriebe“, erklärt Viktor Kostic, Business Development Manager bei der Telent GmbH. „Eine zusätzliche IT-Infrastruktur ist nicht notwendig.

Was IoT bringt

Die Mitarbeiter in der Verwaltung von Spier Fahrzeugbau können dank der „LoRaWAN“-Infrastruktur auf Dienste zugreifen, wie Echtzeitlokalisierung, Wegeverfolgung oder Alarmierung, wenn ein Fahrzeug unbefugt das Betriebsgelände verlässt. In der Smart City lassen sich Straßenbeleuchtungen gemäß Verkehrsaufkommen und Witterung effizient schalten und Infrastrukturen wie die Wasserversorgung überwachen. In der Smart Industry ermöglicht das Internet of Things, Maschinen und Anlagen aus der Ferne zu überwachen und zu warten oder die Standorte unterschiedlichster Objekte zu lokalisieren. Damit solche IoT-Lösungen reibungslos funktionieren, müssen ihre drei wesentlichen Komponenten – Sensoren, Funknetz und Auswertungsplattform – nicht nur technisch zusammenpassen; vor allem ist auch Know-how in der Integration der unterschiedlichen Systeme gefragt. Viktor Kostic erläutert: „Wir empfehlen Unternehmen und unseren Kunden aus dem öffentlichen Bereich, jetzt zusammen mit IoT-Experten Pilotprojekte aufzusetzen, um Erfahrungen zu sammeln und um das Projekt später zu skalieren. Wir können ihnen die dafür passende Hard- und Software sowie die Beratungs- und Integrationsdienstleistungen liefern und über unsere Tochter Netzikon auch eine überall verfügbare Funkinfrastruktur.“ Bei Unternehmen wie Spier Fahrzeugbau hat die IoT-Ära bereits begonnen.

Veit Mathauer (Sympra), Telent GmbH

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