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WDR Forensic Capture 5. Dezember 2014

Im Zwiespalt von hell und dunkel

Mittels Wide Dynamic Range (WDR) – Forensic Capture – können selbst in schwierigen Lichtsituationen Details erkannt werden. Ein großer Vorteil, wenn das Videomaterial für forensische Zwecke verwendet wird. Der erste Teil des Artikels beschäftigt sich mit dem technischen Hintergrund zu WDR und erläutert den forensischen Nutzen.

WDR fügt mehrere Bilder mit unterschiedlicher Belichtung zusammen.
WDR fügt mehrere Bilder mit unterschiedlicher Belichtung zusammen.

Sicherheitskameras lassen sich generell kaum aus der Ruhe bringen – verlässlich liefern sie ihre Bilder und sind dank Gehäuse beispielsweise auch im Außenbereich bei Sturm und Regen im Einsatz. Nichts-destotrotz gibt es Situationen, wo Kameras an ihre Grenzen stoßen, wie bei komplexen Lichtszenarien. Diese gibt es häufiger, als man denkt: Zum Beispiel bei einer Tiefgarage, wo das Sonnenlicht am Eingang im Gegensatz zu schlecht beleuchteten Parkplätzen oder Ecken steht.

WDR in der Fotografie

In der Fotografie bezeichnet WDR (auch HDR, High Dynamic Range genannt) die Kombination mehrere Bilder mit unterschiedlicher Belichtung. Ein Bild mit kurzer Belichtungszeit und eines mit längerer werden zusammengefügt. Das Ergebnis weist einen deutlich größeren Dynamikumfang auf als die beiden Einzelbilder, Einzelheiten sind besser erkennbar. In der Sicherheitstechnik steht vor allem die Bildqualität im Fokus. Aus forensischen Gründen müssen hier Details verlässlich erkennbar sein.

WDR in der Sicherheitstechnik

Die Anforderungen der Videoüberwachungstechnik sind komplexer. Die Bildverarbeitung muss direkt nach dem „Einfangen“ (Capture) der Bilder in der Kamera erfolgen und nicht auf nur einem Bild, sondern auf einer Bildfolge von 25 beziehungsweise 30 Bildern pro Sekunde. Aus einem Datenblatt heraus die Leistungsfähigkeit einer WDR-Kamera abzulesen, ist leider schlicht unmöglich. Keine der wirklich relevanten Kenngrößen findet sich in der Auflistung der Kameraeigenschaften.

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Die meisten Hersteller bewerben heutzutage das Thema WDR mit einer Dezibel- Angabe, wobei höhere Werte für vermeintlich höhere Leistung stehen. Diese Betrachtung ist jedoch einseitig und zumeist stark irreführend. Die Berechnung des Dezibel-Wertes folgt einer simplen Logik: Je mehr Einzelbilder zur Dynamikberechnung herangezogen werden, desto höher wird der Dezibel-Wert angesetzt.

Darüber hinaus geht es beim Thema Überwachungstechnik um die Darstellung von flüssigen Bildinhalten. Langzeitbelichtungen scheiden somit aus, die Untergrenze in puncto Belichtungszeit liegt bei 1/25 Sekunde oder kürzer, wenn man Streams mit 25 Bildern pro Sekunde erreichen möchte.

Wie beim Thema Lichtempfindlichkeit gibt es beim Thema WDR keine allgemeingültigen Normen und Richtlinien, die aussagekräftige Bewertungen der Qualität eines Produktes ermöglichen. So bleibt dem Anwender schlicht nur die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit in einem Praxistest zu überprüfen.

Während die meisten Hersteller mit immer mehr unterschiedlichen Belichtungszeiten versuchen, die Bildergebnisse zu verbessern, versucht Axis Communications, mit optimierten Tone-Mapping-Algorithmen den lokalen Kontrast zu maximieren.

Mehr Details

Doch was bedeutet Forensik bei der Videoüberwachung? Laut Wikipedia werden unter dem Begriff Forensik die wissenschaftlichen Arbeitsgebiete zusammen-gefasst, in denen kriminelle Handlungen systematisch analysiert und rekonstruiert werden. Für Forensiker ist das Videomaterial eines Tathergangs naturgemäß ein entscheidendes (wenn nicht gar das entscheidende) Mittel zur Klärung der Tat beziehungsweise zur Identifizierung eines Täters. Die pauschale Forderung ist in diesem Zusammenhang „gebt uns mehr Details“.

Es hat sich leider in der praktischen Anwendung der Videotechnik gezeigt, dass die meisten Videobilder – egal ob traditioneller analoger oder moderner HDTV-IP-Videosysteme – für die polizeiliche Ermittlung nicht immer die nötige Detailtiefe liefern. Die WDR-Technologie ist hier eine Möglichkeit, den Nutzen der Bilder deutlich zu erhöhen.

WDR Forensic Capture

Die Kombination aus intelligenter und vor allem dynamischer Belichtungssteuerung, in Abhängigkeit des Kontrastes in der Szene und die Nutzung von Local-Tone-Mapping-Verfahren, ermöglicht es, die Sichtbarkeit von Details im Bild deutlich zu erhöhen. Indem der Anwender das Local-Tone-Mapping in seiner Wirkung reduziert oder verstärkt, kann er die IP-Kameras an jede Szene optimal anpassen.

Neben den Fähigkeiten im Tagesbetrieb ist auch der Übergang in den Low-Light-Bereich von besonderer Bedeutung in 24/7-Security-Anwendungen. Durch die vollständige Kontrolle über die Belichtungssteuerung ist es gelungen, einen nahtlosen Übergang von WDR hin zu Lightfinder und umgekehrt zu schaffen. Die neuen Axis-Kameramodelle mit WDR Forensic Capture liefern sowohl tagsüber wie auch nachts exzellente Bildqualität.

Klassische Anwendungsfälle

Allgemein formuliert ist der klassische Anwendungsfall eine Situation mit starkem Gegenlicht. Dies kann ein Lagertor sein, der Zugang zu einem Ladengeschäft, direkte Sonneneinstrahlung oder Reflexionen in einer sich spiegelnden Fläche. Auch die Schlagschatten eines höheren Gebäudes oder Autoscheinwerfer sind gute Beispiele für herausfordernde Situationen. Im Außenbereich empfiehlt sich generell der Einsatz von WDR Technologie, denn im Tages und Jahresverlauf wird nahe zu jede Kamera herausfordernden Lichtsituationen ausgesetzt. Je höher der Sicherheitsanspruch und je größer die Notwendigkeit, Details zu sehen, ist, desto mehr sollte der Kunde auf professionelle WDR-Kameras bestehen beziehungsweise der Errichter diese Technologie empfehlen.

Das Thema Forensik ist und bleibt der wichtigste Aspekt für Videoüberwachung in der Sicherheitstechnik. Axis hat mit der Entwicklung der WDR Forensic-Capture-Technologie den nächsten Schritt in Richtung besserer Erkennbarkeit von Details in komplexen Lichtszenarien gemacht.

In der nächsten Ausgabe beschäftigt sich der zweite Teil des Artikels mit den Herausforderungen für WDR: Welche Bedeutung haben Artefakte für IP-Video und welche Konsequenzen sind zu erwarten? Wie sollen Anwender und Errichter damit umgehen?

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