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Plagiarius 2012 21. März 2012

Innovation gegen Imitation

Produkt- und Markenpiraterie nimmt zu, die Schäden für alle Beteiligten sind immens. Trotzdem werden Plagiate und Fälschungen häufig als Kavaliersdelikt abgetan. Dabei handelt es sich um ein lukratives Milliardengeschäft für die Fälscher und eine ernsthafte Bedrohung für Unternehmen sowie Verbraucher.

Einer der Preisträger: Das Druckmessgerät „Tecsis Manometer 1453/1454 shock proof“ der Offenbacher Firma Tecsis GmbH (links) und das chinesische Plagiat der Firma Suzhou Link Automatic Instrumentation (rechts).
Einer der Preisträger: Das Druckmessgerät „Tecsis Manometer 1453/1454 shock proof“ der Offenbacher Firma Tecsis GmbH (links) und das chinesische Plagiat der Firma Suzhou Link Automatic Instrumentation (rechts).

Der Negativpreis „Plagiarius“ wurde im Februar 2012 auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ im Rahmen einer internationalen Pressekonferenz zum 36. Mal verliehen. Bereits seit 1977 vergibt die Aktion Plagiarius e.V. die gefürchtete Negativ-Auszeichnung an Hersteller und Händler besonders dreister Nachahmungen.

Ziel ist es, die skrupellosen Geschäftspraktiken von Plagiatoren, die geistiges Eigentum klauen und als eigene kreative Leistung ausgeben, zu brandmarken und die Öffentlichkeit für die Problematik zu sensibilisieren. Trophäe ist der schwarze Zwerg mit der goldenen Nase – als Symbol für die goldene Nase, die sich die Trittbrettfahrer unlauter auf Kosten innovativer Unternehmen verdienen. Die Jury wird jedes Jahr neu zusammengestellt aus Vertretern der unterschiedlichsten Bereiche (Design, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaft, Fachverbände, Medien).

„Die Auszeichnung mit dem ‚Plagiarius‘ sagt dabei nichts darüber aus, ob die jeweilige Nachahmung im juristischen Sinne erlaubt ist oder nicht. Die Aktion Plagiarius kann und darf kein Recht sprechen. Wir können aber auf Unrecht aufmerksam machen und als ‚Sprachrohr‘ der vielen von Nachahmungen betroffenen Unternehmen agieren“, so Prof. Rido Busse, Initiator des Plagiarius.

Die Preisträger 2012 waren:

1. Preis: Leichtbau-Schmiedefelge „AC Schnitzer Typ V“ (Original: AC Schnitzer automobile Technik, Aachen, Fälschung: Vertrieb: Rimlux GmbH, Essen),

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2. Preis: Salatschneider „Salad Chef“ (Original: Genius GmbH, Limburg, Fälschung: Ninghai Xidian Jianfeng Plastics Mould Factory, Zhejiang, VR China),

3. Preis: Nebelgerät zur Moskito- und Schädlingsbekämpfung „Swingfog SN 50“ (Original: Swingtec GmbH, Isny, Plagiat: Shenzhen Send-Tech Co., Ltd., Shenzhen, VR China),

sowie sieben weitere Preise für Produkte vom Tischventilator über Kinderspielzeug bis hin zu Faltgelenken für LKW-Schiebeverdecke.

Für die führenden Industrienationen sind der Auf- und Ausbau ihrer Technologieführerschaft existentiell. Mitarbeiter innovativer Unternehmen investieren daher viel Know-how, Erfahrung und auch Herzblut in die Entwicklung neuer Produkte. Sie kreieren trendige Designs und erarbeiten technische Lösungen, die die Welt bereichern, vereinfachen oder sicherer machen. Diese Forschungs- und Entwicklungsprozesse sind jedoch sehr zeit- und kostenintensiv und müssen sich wirtschaftlich lohnen. Die Unternehmen sorgen schließlich nicht nur für Fortschritt und Wachstum, sie tragen auch die unternehmerische Verantwortung für sichere Arbeitsplätze. Das Know-how der Mitarbeiter ist das wichtigste Kapital dieser wissensbasierten Unternehmen.

Plagiate sind rücksichtslos

Eine Vielzahl von Billigimitaten zeichnet sich allerdings nach wie vor durch minderwertige Materialien, schlechte Verarbeitung sowie fehlende Qualitäts- und Sicherheitskontrollen aus. Hinzu kommt, dass Billigkopien vielfach unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt werden, wie z.B. Kinderarbeit, massive Überstunden, schlechte Bezahlung, kein Schutz vor unsicheren Maschinen oder gesundheitsschädigenden Farben und Substanzen.

Ein Lizenzvertrag mit dem Originalhersteller sowie faire Herstellungsbedingungen wären eine legale, auch für die Sicherheit der Verbraucher gewinnbringende Alternative zu unlauteren Kopien.

Verbraucher sind leichtgläubig

In Zeiten von Internet und Globalisierung verfügen Fälscherbanden über weltweite Netzwerke und agieren immer professioneller. Verbraucher dürfen sich nicht der Illusion hingeben, Ziel der Fälscher sei es, ihnen mehr Vielfalt oder günstige Alternativen zu bieten. Die Fälscher handeln rein profitorientiert und setzen billigend die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und der Verbraucher aufs Spiel.

Gefälschte Medikamente sind falsch dosiert, verunreinigt oder enthalten gar keine Wirkstoffe. Nebenwirkungen wie Herzrasen, allergische Schocks oder gar Herzstillstand gibt es „gratis“ dazu. Nicht minder gefährlich können Fälschungen von Kinderspielzeug (zu viel Weichmacher, verschluckbare Kleinteile), von elektronischen Geräten (Kurzschluss) oder von Automobilzubehör sein. Standard-Belastungs-Tests durch den TÜV Nord haben gezeigt, dass die gefälschten Felgen (siehe 1. Preis Plagiarius 2012) bereits nach kurzer Zeit Risse aufwiesen, auseinander brachen und somit ein nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko darstellen.

Der aktuelle Erfolg von Plagiaten und Fälschungen ist auch darauf zurückzuführen, dass viele Verbraucher Marken- und Schnäppchenjäger sind. Sie wollen Original-Label, technische Highlights und schönes Design, sind aber nicht bereit, den Preis dafür zu zahlen. Dies geht einher mit einer offensichtlich mangelnden Wertschätzung des Originals und der dahinter stehenden schöpferischen Leistung. Seit Februar werden die aktuellen Preisträger im Museum Plagiarius in Solingen präsentiert.

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